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Opposition bringt Regierung in Bedrängnis

Die Opposition in der Knesset will die geschwächte Regierungskoalition zu Fall bringen. Es könnte Neuwahlen geben. Die arabische Ra’am-Partei macht ihre Loyalität auch vom Umgang mit dem Status quo auf dem Tempelberg abhängig.
Von Israelnetz
In einem Sitzungsmarathon stimmten die Knessetabgeordneten unter anderem über zwei Jahreshaushalte ab

JERUSALEM (inn) – Nach einer Pause ist das israelische Parlament am Montag zum ersten Mal wieder zusammengekommen. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Die Regierungskoalition unter der Führung von Premierminister Naftali Bennett (Jamina) hat ihre Mehrheit in der Knesset verloren. Die arabische Ra’am-Partei hat im April ihre Regierungsbeteiligung aus Protest gegen Israels Umgang mit den Unruhen auf dem Tempelberg vorübergehend auf Eis gelegt.

Opposition wittert ihre Chance

Ra’am ist inzwischen zurückgekehrt und die Koalition ist auch ohne die Mehrheit regierungsfähig. Dennoch wird die neue Sitzungsperiode bis Ende Juli keine einfache. Denn die Opposition unter der Führung des ehemaligen Premierministers Benjamin Netanjahu ist entschlossen, die schwächelnde Regierung zu Fall zu bringen.

Bereits am Montag haben zwei Oppositionsparteien, darunter Netanjahus Likud, jeweils ein Misstrauensvotum gestellt. Beide scheiterten. Nun soll am Mittwoch ein Gesetz zur Auflösung des Parlaments eingebracht werden. Erhält es eine absolute Mehrheit, kann das über Kurz oder Lang Neuwahlen bedeuten. Scheitert der Gesetzentwurf, kann die Opposition den Vorgang für den Zeitraum eines halben Jahres nicht wiederholen.

Netanjahu hat die Regierung immer wieder scharf kritisiert. Sie sei schwach und habe weder dem palästinensischen Terror noch der Bedrohung durch den Iran etwas entgegenzusetzen. Derweil wäre der Ex-Premier wohl kaum in der Lage, selbst eine neue Regierung zu bilden, da nur wenige der Oppositionsparteien sich seiner Führung unterordnen würden.

Preis der arabischen Loyalität

Jede einzelne Stimme im Parlament ist wichtig. Inzwischen sind alle Regierungsmitglieder in der Knesset dazu angehalten, in den kommenden Wochen keine Abstimmung mehr unangekündigt zu verpassen. Fehlen darf in Ausnahmefällen nur, wer nachweisen kann, dass ein Mitglied der Opposition ebenfalls verhindert sein wird. So empfindlich ist das Gleichgewicht.

Dabei liegt ein besonderer Fokus auf den vier arabischen Abgeordneten der Ra’am-Partei, die zum ersten Mal an einer Regierung beteiligt ist. Sie steht nach den jüngsten Ausschreitungen für mehr jordanischen und weniger israelischen Einfluss auf dem Tempelberg. Bennett hat der Einschränkung israelischer Souveränität auf dem jüdischen Heiligtum in einer Knessetsitzung eine klare Absage erteilt. Ebenso hat Israel ein jordanisches Gesuch verneint, das eine Aufstockung des Personals der Waqf-Behörde auf dem Tempelberg um 50 Personen forderte.

Derweil bekräftigen Sprecher der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Jordaniens sowie der Arabischen Liga das arabische Narrativ. Laut diesem gibt es keinerlei jüdischen Anspruch auf das Tempelareal. Außerdem sei Ostjerusalem nach internationalem Recht die Hauptstadt des „Staates Palästina“. „Die Beendigung der Besatzung und die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates mit Ostjerusalem als Hauptstadt“ sei „der einzige Weg, um Sicherheit, Frieden und Stabilität in der Region und auch in der Welt zu erreichen“. Das sagte der PA-Sprecher Nabil Abu Rudeineh.

Die Übernahme der antisemitischen Behauptung, Israel gefährde den Weltfrieden, sowie die Aufgabe israelischer Souveränität über den Tempelberg sind ein zu hoher Preis für die Loyalität von vier arabischen Abgeordneten.

Nicht nur Opposition und Araber nutzen die Situation aus

Dabei ist es nicht die Ra’am-Partei, die Bennetts Vielparteienkoalition so ins Wanken gebracht hat. Die Krise begann mit dem Rücktritt einer Abgeordneten der Jamina-Partei, der Bennett vorsteht. Darauf folgten hohe Forderungen eines Ministers, ebenfalls von Jamina, der diese zur Bedingung für seinen Verbleib in der Koalition erhob.

Um die vierten Neuwahlen beziehungsweise fünften Wahlen innerhalb von drei Jahren zu verhindern, müssten also vielmehr die jüdischen Parteien und Abgeordneten ihre Grabenkämpfe beilegen. Anlässlich des Gedenktags für Gefallene und Terror-Opfer mahnte Bennett mit dringlichen Worten zur politischen Einheit. Zweimal habe das Land Israel vor der Staatsgründung jüdische Souveränität erlebt, einmal zur Zeit König Davids und einmal zur Zeit der Hasmonäer nach dem Makkabäer-Aufstand. Beide Reiche zerfielen in ihrer 8. Dekade infolge innerjüdischer Zerwürfnisse. Bennett warnte davor, die dritte Chance nicht zu verspielen.

Der Staat Israel steht kurz nach den Feierlichkeiten zu seinem 74. Geburtstag in voller Blüte da. Er hat in der Vergangenheit gewaltige Krisen bewältigt. Gerade stellt es sich so dar, als könnten innenpolitische Rechthabereien für ihn eine größere Bedrohung darstellen als Hamas, Hisbollah und die iranische Bombe zusammen. (cs)

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6 Antworten

  1. „Der Staat Israel steht kurz nach den Feierlichkeiten zu seinem 74. Geburtstag in voller Blüte da.“
    Die Gesundbeterei und Idealisierung des völlig zerissenen und polarisierten Staates Israel durch israelnetz läßt sich kaum überbieten. Wenn man sich als wahrer Freund eines Landes versteht, und das tut israelnetz doch sicher zu 100 %, dann spricht man mit dem Freund doch Tacheles, anstatt jeden selbstverursachten Fehler zu übertünchen. Ich würde mir wünschen, israelnetz würde endlich seine bedingungs- und vorbehaltslose Unterstützung und Beweihräucherung israelischer Politik hinterfragen, anstatt sehenden Auges die Selbstdemontage Israels und seinen Weg in den Untergang ständig zu rechtfertigen und mit Sympathiezuckerguß zu überziehen. Wahre Freundschaft sieht anders aus! Einem Freund sagt man auch mal die Wahrheit, wenn man sieht, dass dieser blind ins Verderben rennt.

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    1. @ Bjoern
      „Einem Freund sagt man auch mal die Wahrheit, wenn man sieht, dass dieser blind ins Verderben rennt.“ – volle Zustimmung.
      Aber grade weil es ein Freund ist, geht man mit seiner Kritik an ihn nicht auf den Markt (Weltöffentlichkeit) und spielt den Marktschreier. Da gibt es ganz sicher andere, bessere Möglichkeiten – nicht zuletzt das Gebet zu unserem gemeinsam Gott, Yahwe.

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    2. Wie wäre es, wenn Sie die Beweihräucherung und vorbehaltslose Verteidigung pal. Mörder aufgeben würden?

      Sie haben den Mord an dem Wachmann in Ariel gerechtfertigt. War wohl Sympathiezuckergus?

      Sie sagen, wer in einer Siedlung wohnt, muss damit rechnen ermordet zu werden. Was ist das für eine Haltung, Herr Luley. Sie sollten das Wort Wahrheit nicht mal in den Mund nehmen.

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  2. Hat es in Israel schon mal eine Zeit ohne innerpolitische „Rechthaberei“ gegeben?
    Sogar die Propheten erzählen uns von den Querelen in diversen Regierungszeiten, als die Araber noch gar kein Thema waren.

    Ich kann mich nicht daran erinnern, wohl aber daran, wenn es hart auf hart kommt, dann stehen die Israelis da wie „ein Mann“. In der Hinsicht mache ich mir um Israel überhaupt keine Sorgen.

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  3. Tatsächlich wird der Status Quo von jeder israelischen Regierung nicht in Frage gestellt. Das heißt der Tempelberg wird nach wie vor von der jordanischen Religionsbehörde kontrolliert. Obwohl diese Behörde leider wenig dafür tut das vom Tempelberg keine Gewalt ausgeht.

    Das überlassen des Tempelberges an die Religionsbehörde war ein Entgegenkommen der im Krieg 1967 erfolgreichen IDF.

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