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Staatlich organisierter Israelhass

Israel sieht im Iran die größte Bedrohung seiner Sicherheit. Angesichts des iranischen Atomprogramms und der Vernichtungsdrohungen gegen Israel könnte ein furchtbarer Krieg ausbrechen – aber es könnte auch ganz anders kommen. Ein Gastbeitrag von Carmen Shamsianpur
Seit der Islamischen Revolution im Iran 1979 gibt es einen Bruch in den Beziehungen mit Israel

Die Aufkündigung aller Verträge mit Israel auf politischer und wirtschaftlicher Ebene gehörte zu den ersten Amtshandlungen von Ruhollah Musawi Chomeini, als er 1979 nach der Revolution den Schah als neues Staatsoberhaupt des Iran ablöste. Im selben Jahr installierte er den „Al-Quds-Tag“, der im Iran gesetzlicher Feiertag ist. Am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan gehen inzwischen in vielen Städten weltweit muslimische, linke, rechte und sonstige Antisemiten gemeinsam auf die Straße, um ihrem Hass auf Israel freien Lauf zu lassen. Dem ersten Demonstrationsaufruf in Teheran im Revolutionsjahr sollen über drei Millionen Menschen gefolgt sein.

Gegen die USA, gegen Israel: Demonstranten während des diesjährigen Al-Quds-Tages in Teheran Foto: Tasnim News Agency/Masoud Shahrestani
Gegen die USA, gegen Israel: Demonstranten während des diesjährigen Al-Quds-Tages in Teheran

Unter den ersten Zivilisten, die noch im selben Jahr hingerichtet wurden, war auch der Vorsitzende der Jüdischen Gesellschaft Teherans, Habib Elghanian. Die Juden verließen den Iran zu Zehntausenden. Zwar wurde ungefähr ein Jahrzehnt lang – sogar auf militärischem Gebiet – eine gewisse Zusammenarbeit aufrechterhalten, aber nach und nach brachen auch die inoffiziellen Kontakte ab. Aus einer geschichtsträchtigen Freundschaft wurde erbitterte Feindschaft.

2015 sagte Ajatollah Ali Chamenei die Zerstörung Israels innerhalb der nächsten 25 Jahre voraus. Daraufhin wurden in Teheran und andernorts große Digitaluhren aufgestellt, die öffentlich den Countdown bis zum Jahr 2040 zählen. „Kulturevents“ wie Kunst- oder Karikaturenwettbewerbe zur Holocaustleugnung oder Vernichtung Israels machen den Hass zur Unterhaltung für das Volk.

Jahrtausendealte jüdische Geschichte

Dabei hat der Iran eine jahrtausendealte Geschichte fruchtbarer Beziehungen zu Juden. Viele Bücher der Bibel wie Daniel, Ester und Esra stehen mit dem Gebiet in direktem Zusammenhang. Sogar der nach der Bibel wichtigste Text des Judentums, der Babylonische Talmud, ist dort entstanden.

Einst lebten Zehntausende Juden im Iran. Viele von ihnen sind heute in Israel. Fast alle Souvenirgeschäfte in der Ben-Jehuda-Straße und fast alle Schuhgeschäfte in der Jaffa-Straße in Jerusalem gehören Juden aus Isfahan, Teheran oder Schiras. Während viele aus der älteren Generation noch gerne an die guten Zeiten vor der Revolution im Iran zurückdenken, spricht aus der jüngeren Generation kaum noch jemand Persisch – obwohl der Mossad dringend persische Muttersprachler gebrauchen könnte. Denn der Iran erhält einen Großteil der Aufmerksamkeit des israelischen Auslandsgeheimdienstes.

Kein Regime auf der Welt leugnet den Holocaust wie das iranische, keines droht so offen mit Vernichtung wie das iranische, und keines investiert mehr in Terror gegen Israel als das iranische. Auf der internationalen Bühne wird dieser Bedrohung – dank des iranischen Ölreichtums – nur wenig Beachtung geschenkt. Dabei ergießt sich das Regime ununterbrochen in genozidaler Kriegsrhetorik und lässt seinen Worten Taten folgen. Radikal-islamische Gruppen wie Hisbollah, Hamas und Islamischer Dschihad werden maßgeblich vom Iran finanziert. Die Bürgerkriege in Syrien und dem Irak wurden geschickt genutzt, um die dortige Machtbasis weiter auszubauen und Israel auch geographisch immer weiter auf die Pelle zu rücken.

Israel hat wiederholt mit Worten und zuletzt auch mit ausgedehnten Luftangriffen auf iranische Stellungen in Syrien deutlich gemacht, dass es die Bedrohung durch den Iran nicht akzeptiert. Im letzten Jahr hat der israelische Geheimdienst einen Coup gelandet, als er unbemerkt eine halbe Tonne geheime Akten über das iranische Atomprogramm aus ihrem Versteck im Iran holte und der Weltöffentlichkeit präsentierte.

Iranische Bevölkerung weniger israelfeindlich

Gleichzeitig ist sich die israelische Regierung bewusst, dass die iranische Bevölkerung Israel längst nicht so feindlich gegenübersteht wie ihre Führung. Laut einer Studie der Anti-Defamation­League verzeichnet der Iran von allen islamischen Ländern die geringsten Zustimmungswerte zu antisemitischen Aussagen. Die meisten Iraner dürften ihrer eigenen Regierung kritischer gegenüberstehen als der israelischen.

Immer wieder hat sich Israels Premier Benjamin Netanjahu in den vergangenen Jahren in Videobotschaften mit persischen Untertiteln an das iranische Volk gerichtet und ihm Freundschaft und Respekt versichert. Eines Tages werde das Mullahregime, unter dem vor allem die Iraner zu leiden hätten, fallen, und dann würden die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederbelebt werden.

Der Iran, der sich zu einer Großmacht entwickelt hat und dessen außenpolitische Einflusssphäre bis nach Lateinamerika reicht, steht innenpolitisch geschwächt dar. Die Sprechchöre auf den Straßen, die seit den letzten größeren Ausschreitungen 2018 bis heute nicht ganz verstummt sind, prangern soziale Missstände an. Die Menschen im Iran wollen nicht länger hinnehmen, dass ihre Regierung jährlich mehrere Milliarden Dollar für Terror gegen Israel ausgibt, während die eigene Bevölkerung vom Reichtum ihres Landes nichts abbekommt. Dabei stellen viele sich nicht nur gegen die iranische Führung, sondern auch zu Israel.

Auf die israelische Social-Media-Initiative „Israel-Loves-Iran“ gab es unter dem Titel „Iran-Loves-Israel“ ein überwältigendes Echo von Iranern, die sich auf der ganzen Welt aus dem Exil, aber auch aus dem Iran selbst als Freunde Israels zu erkennen geben.

Unaufhaltbarer Zusammenbruch

Die letzten 40 Jahre sind im Verhältnis zur jahrtausendealten jüdischen Geschichte im Iran nur eine kurze Zeit. Es sind schon größere und mächtigere Regime als das iranische über Nacht zusammengebrochen. Es könnte sehr schnell gehen. Aber auch wenn es noch eine Weile dauert, ist der Zusammenbruch, der schon begonnen hat, nicht mehr aufzuhalten.

Im Zuge der Unruhen der letzten Jahre haben viele Mullahs bereits Vorsorge getroffen: Sie haben ihre Kinder und mit ihnen große Teile ihres Vermögens ins Ausland, vorzugsweise die USA, geschickt und sind bereit, ihre Koffer zu packen. So zumindest berichten es nicht-staatliche persische Medien.

Der älteste Sohn des einst gestürzten Schahs mit dem bezeichnenden Namen „Kyros“ Reza Pahlavi steht bereit, um auf jede erdenkliche Weise den Wiederaufbau seines Landes zu unterstützen. Der persische König Kyros ermöglichte es den Juden im 5. Jahrhundert vor Christus, zurück in ihr eigenes Land zu ziehen. Der aktuelle Kyros vernetzt die nicht-islamistischen Oppositionsgruppen im In- und Ausland und sagt, dass er bei der Befreiung des Iran alle verfügbare Hilfe annehmen wird – sei es von den USA, Saudi-Arabien oder Israel.

Laut neueren Umfragen im Iran, wen sich die Menschen am besten als neues Staatsoberhaupt vorstellen können, vereint Kyros Reza Pahlavi mit fast 38 Prozent mit Abstand die meisten Stimmen auf sich. Nur sehr wenige glauben, dass das bestehende System reformierbar sei.

Mit dem Vernichtungskurs gegen Israel schaufelt sich die Islamische Republik ihr eigenes Grab. Das ist nicht nur biblisch betrachtet so zu deuten, sondern auch an den wirtschaftlichen und innenpolitischen Entwicklungen zu beobachten.

Carmen Shamsianpur, ehem. Matussek, arbeitet als freie Journalistin, Publizistin und Übersetzerin für Persisch-Deutsch in Tübingen. Sie hat Islamwissenschaft und Geschichte studiert und forscht schwerpunktmäßig zu Antisemitismus. Seit 2017 ist sie mit einem Iraner verheiratet. Foto: privat
Carmen Shamsianpur, ehem. Matussek, arbeitet als freie Journalistin, Publizistin und Übersetzerin für Persisch-Deutsch in Tübingen. Sie hat Islamwissenschaft und Geschichte studiert und forscht schwerpunktmäßig zu Antisemitismus. Seit 2017 ist sie mit einem Iraner verheiratet.

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 2/2019 des Israelnetz Magazins. Diese besondere Themenausgabe befasst sich mit den Beziehungen Israels zu arabischen Staaten und dem Iran. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/915152, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online. Gerne können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.

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