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Niederlande verweigern Teilnahme an Jubiläumskonferenz „Durban IV“

Die Rassismuskonferenz vor 20 Jahren in Durban führte zu einem antisemitischen Fiasko. Dennoch wollen die Vereinten Nationen den Jahrestag begehen. Mehrere Länder boykottieren die Veranstaltung, dazu gehören nun auch die Niederlande.
Befürchtet, dass Israel auch bei der vierten Konferenz einseitig behandelt wird: Sigrid Kaag (Archivbild)

DEN HAAG (inn) – Die Niederlande beteiligen sich nicht an der Jubiläumsveranstaltung der Vereinten Nationen 20 Jahre nach der ersten Rassismuskonferenz im südafrikanischen Durban. Dies gab Außenministerin Sigrid Kaag (D66) am Mittwoch bekannt. Als einen Grund nannte sie eine einseitige Haltung gegenüber Israel.

„Die Niederlande haben nicht die Absicht, an der Durban-IV-Konferenz teilzunehmen, angesichts der historischen Belastung des Durban-Prozesses, des Risikos eines wiederholten Missbrauches dieser Plattform für antisemitische Äußerungen und der unverhältnismäßigen und einseitigen Aufmerksamkeit für Israel, wie sie in der ursprünglichen Durban-Erklärung widergespiegelt ist. Das ist inakzeptabel“, zitiert die Onlinezeitung „The Algemeiner“ die Außenministerin. „Die Niederlande bleiben dem Kampf gegen Antisemitismus verpflichtet.“

Das niederländische „Centrum Informatie en Documentatie Israël“ (Informationszentrum für Dokumentation über Israel, CIDI) hatte zuvor einen offenen Brief an Kaag geschickt. Darin wies es darauf hin, dass 2001 bei der ersten Konferenz Pamphlete mit antisemitischen Karikaturen verbreitet worden seien. Schautafeln hätten Texte wie „Hitler hätte seine Arbeit beenden sollen“ enthalten. Die Konferenz sei gespickt mit Antisemitismus gewesen, hieß es laut der niederländischen Zeitung „Telegraaf“. Dieser sei teils offen zutage getreten, teils sei er als Kritik an Israel verschleiert worden.

Kaag ergänzte, ihr Land werde den Kampf gegen Borniertheit bei den UN und anderswo fortführen: „Diesen Monat, beispielsweise, werden die Niederlande in der Sitzung des Menschenrechtsrates eine nationale Erklärung gegen alle Formen von Rassismus und Diskriminierung abgeben.“ Bei der bevorstehenden UN-Generalversammlung wollten sich die Niederlande besonders auf den Kampf gegen Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Islamophobie konzentrieren.

Lob von jüdischen Organisationen

Bereits zuvor hatten Australien, Großbritannien, Kanada, Ungarn, die USA und Israel angekündigt, nicht an der Konferenz teilzunehmen. Jüdische Organisationen begrüßten die Absicht der Niederlande, sie ebenfalls zu boykottieren. Der Europäisch-Jüdische Kongress sprach von einer „antisemitischen“ Veranstaltung. Auch das American Jewish Committee lobte die niederländische Regierung.

Die Organisation „Bnai Brith International“ erklärte: „Wir danken den Niederlanden für die Ankündigung, dass sie, wie andere Demokratien, nicht am Gedenken der UN zum 20. Jahrestag der Durban-Konferenz teilnehmen wird, die von Antisemitismus befleckt ist. Die UN und der Kampf gegen Rassismus dürfen nie als Deckmantel für Hass benutzt werden.“

Die Konferenz ist für den 22. September geplant. 20 Jahre zuvor hatten die Teilnehmerländer in der ursprünglichen Abschlusserklärung Israel einseitig angeprangert, schreibt „The Algemeiner“. Da war die Rede von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, „ethnischer Säuberung“, „Apartheid“ und einem „Völkermord“ an den Palästinensern. Die USA und Israel zogen sich damals aus der Konferenz zurück.

Bisherige Konferenzen von Boykotten geprägt

Als 2008 Pläne für eine Folgeveranstaltung „Durban II“ in Genf bekannt wurden, sagte Israel seine Teilnahme ab. Die USA schlossen sich an. Noch vor der Konferenz kam auch Kritik aus den Niederlanden, die besorgt waren wegen der geplanten Abschlusserklärung. Weitere Absagen folgten. Im April 2009 wurde die Konferenz ohne Australien, Deutschland, Kanada, Israel, Italien, Neuseeland, die Niederlande, Schweden und die USA abgehalten. Ein Anlass für den Boykott war auch das Auftreten des damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad.

Im September 2011 gab es in New York eine weitere Konferenz, die als „Durban III“ bekannt wurde. Auch diese Veranstaltung war von Boykotten geprägten. Erneut sagten die Staaten, die bereits 2009 ihre Teilnahme verweigert hatten, ihre Teilnahme ab. Neu hinzu kamen Österreich, Polen und Tschechien.

Elie Wiesel: „Konferenz des Antisemitismus“

Im New Yorker Hotel „Millennium Plaza“ fand 2011 gleichzeitig eine Gegenkonferenz statt. Daran nahmen unter anderen der israelische UN-Botschafter Ron Prosor, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses Ron Lauder, Israels Minister für Information und Diaspora Juli Edelstein (Likud) und der Schauspieler Jon Voight teil.

Der Auschwitzüberlebende Elie Wiesel erinnerte an die erste Konferenz: „Ich wäre fast Teil von Durban I geworden“, sagte er laut der Zeitung „Ha’aretz“. „Kofi Annan war UN-Generalsekretär. Er rief mich an und ich sagte: ‚natürlich‘.“ Doch ein Blick in die Tagesordnung habe ihm gezeigt, dass er nicht teilnehmen konnte. „Durban I soll eine Konferenz gegen Antisemitismus sein, aber es ist eine Konferenz des Antisemitismus geworden. Ich bin aus Protest zurückgetreten und habe Kofi gesagt, ich sei sicher, dass es eine Peinlichkeit für die UN werden wird.“ Nach der Konferenz habe ihm Annan eine Botschaft geschickt: „Elie, Sie hatten recht.“

Die Konferenz vom September 2001 in Durban hatte die UN-Menschenrechtskommission organisiert. Ihr Nachfolger wurde 2006 der UN-Menschenrechtsrat. Dieser prüft regelmäßig die Berichte über die Einhaltung der Menschenrechte in den UN-Mitgliedsstaaten. Allerdings legt der Tagesordnungspunkt 7 fest, dass israelische Menschenrechtsverletzungen in jeder Sitzung behandelt werden müssen. Eine vergleichbare Klausel gibt es zu keinem anderen Land.

Von: eh

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