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Meinung

Mut zur Lücke

Muriel Asseburg berät die deutsche Politik in Nahost-Fragen. Doch ihre Empfehlungen beruhen auf Einseitigkeit zulasten Israels, wie ein Blick in einen Text zeigt.
Von Daniel Frick

Das am 27. Juni veröffentlichte Interview des Formats „Jung und Naiv“ mit Muriel Asseburg hat für Aufsehen gesorgt. Unter anderem verglich die als „Nahost-Expertin“ vorgestellte Mitarbeiterin der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ Israels Verhalten gegenüber den Palästinensern mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und warf Israel Apartheid vor. Es folgte eine empörte Reaktion der israelischen Botschaft und ein verbaler Angriff eines Aktivisten in Tel Aviv.

Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, sah sich zu einer Ermahnung veranlasst. Auf Twitter schrieb er, Asseburg sei eine „seriöse Wissenschaftlerin“.

Jedenfalls ist sie eine Wissenschaftlerin mit Agenda. Ein Text aus dem Jahr 2018 gibt beispielhaft Aufschluss über ihr Denken mit Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Der Text „Palästinas verbauter Weg zur Eigenstaatlichkeit“ folgt dem Motto: Allein Israel ist schuld an der Lage der Palästinenser; diese wollten hingegen schon immer nichts als Frieden. Asseburg bedient sich dabei der Methode der gezielten Auslassung.

Spezifischer Nationencharakter

Im Anfangssatz führt sie – nicht ohne Süffisanz – an, dass die israelische Regierungschefin Golda Meir (1969–1974) in den späten 1960er Jahren „weitgehend unwidersprochen die Existenz eines palästinensischen Volkes abstreiten konnte“.

Dabei lässt sie unerwähnt, dass das auch einen triftigen Grund hatte: Das „palästinensische Volk“ ist bekanntlich erst 1968 in der zweiten PLO-Charta festgeschrieben, ja erfunden worden. Aber durch diese Auslassung kann Asseburg Meir als Ignorantin darstellen, die ihre Meinung nur deshalb unbehelligt kundtun konnte, weil die Menschen damals nicht so aufgeklärt waren wie heute.

Asseburg fährt den Anfangssatz fort mit dem Hinweis, dass die Vereinten Nationen den „Nationencharakter“ der Palästinenser anerkannt hätten. Mit Fußnoten liefert sie Verweise zu den einschlägigen UN-Dokumenten.

Ein gewichtiger Hinweis fehlt allerdings: In der erwähnten PLO-Charta geben die Palästinenser nähere Auskunft über ihren „Nationencharakter“. Aus Artikel 12 geht hervor, dass die palästinensische Identität Übergangscharakter hat. Sie bleibt solange bewahrt, bis Israel vernichtet ist. Der Kampf gegen Israel geht die gesamte „arabische Nation“ etwas an, doch „Palästinenser“ nehmen darin eine „Vorreiterrolle“ ein.

Fünf Jahre der „Intifada“ ausgeblendet

Der ausgelassene Hinweis auf die PLO-Charta ist nicht die einzige Aussparung in Asseburgs Text. Die Autorin verschweigt etwa, dass die Araber den UN-Teilungsplan 1947 ablehnten, dass die Arabische Liga 1967 Israel weder anerkennen noch mit dem jüdischen Staat verhandeln wollte.

Stattdessen sei die „Verfestigung der israelischen Besatzung“ der Grund, warum die Palästinenser in den 1990er Jahren trotz Oslo-Abkommen immer weniger Hoffnung auf Verhandlungen gesetzt hätten. „Infolgedessen“ hätten die Palästinenser versucht, „verstärkt ihre Ziele der staatlichen Unabhängigkeit und der Beendigung der Besatzung durch internationale Anerkennung, eine Internationalisierung der Konfliktregelung und den internationalen Rechtsweg zu verfolgen“.

Dass Asseburg hier die fünf Jahre der „Zweiten Intifada“ (2000–2005) mit rund 1.000 israelischen Toten unterschlägt, ist geradezu dreist. Die Palästinenser hatten damals gehofft, ihre Ziele durch Terror, nicht durch „internationale Anerkennung“ zu erreichen.

Terror als Ursache für die Sperranlage („Mauer“) und die Kontrolle des Gazastreifens verschweigt Asseburg ebenso. Stattdessen beklagt sie die „kollektive Bestrafung“ der Palästinenser, etwa in ihrer Bewegungsfreiheit. Das ist geradezu ein Standardvorwurf gegen Israel; auch die Organisation Amnesty International erhebt ihn. Ein konstruktiver Alternativvorschlag, wie Israel seine Bevölkerung schützen soll, fehlt dabei. Oder soll Israel seine Bevölkerung gar nicht schützen?

Für Asseburg scheint dies zumindest nicht so wichtig zu sein. Mit Blick auf den Gazastreifen schlägt sie einen „Paradigmenwechsel“ vor: „Dabei geht es vor allem darum, die Rechte der ansässigen Bevölkerung nicht länger den Sicherheitsinteressen der Besatzungsmacht unterzuordnen.“ Mit anderen Worten: Palästinenser müssen zu ihrem Recht kommen, ob Juden das überleben, ist nachrangig.

Absage an Verhandlungen

Die Ratschläge und Forderungen, die Asseburg schließlich anführt, gehen zulasten Israels. Deutschland solle etwa die Einfuhr von Siedlungsprodukten verbieten. Ein solcher Schritt würde sich allerdings auch negativ auf Palästinenser auswirken, die in Siedlungen arbeiten.

Mehr noch: Deutschland solle nicht mehr darauf pochen, dass die Konfliktparteien mithilfe von Verhandlungen zu einer „Zwei-Staaten-Regelung“ kommen. Denn Deutschland, meint Asseburg, würde damit „der Besatzungsmacht ein Vetorecht bei der Ausübung des palästinensischen Selbstbestimmungsrechts einräumen“. Vor dem Hintergrund, dass Israel für den Abzug aus dem Gazastreifen Raketenterror erhalten hat, ist das ein zynischer Ratschlag.

Wie so oft bei derartigen Haltungen fehlen Forderungen an die Palästinenser. Zu denken wäre an eine öffentlichkeitswirksame und verbindliche Absage der Palästinenser an die PLO-Charta wie auch an die Hamas-Charta, die ebenfalls auf die Vernichtung Israels zielt.

Am Ende des Tages hat der Text auch sein Gutes: Er zeigt, dass die darin enthaltenen Forderungen nur Menschen sinnvoll erscheinen können, die wesentliche Aspekte in der Geschichte des israelisch-arabischen Konfliktes und den palästinensischen Terror aus ihrem Denken ausblenden.

Asseburg müsste mit den Konsequenzen ihrer Empfehlungen nicht leben, wohl aber die Israelis. Man darf dankbar sein, dass die israelische Sperranlage nicht so löchrig ist wie das hier zur Schau gestellte Denken.

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10 Antworten

  1. Die immer größer werdende Gottlosigkeit, lässt die Menschen immer weniger die Wahrheit Gottes erkennen. Die Bibel als Kursbuch für Israel und die Nationen ist ihnen fremd. So werden wir uns mehr und mehr mit solchen Haltungen gegenüber Israel konfrontiert sehen.
    Die Weisheit der Welt, der Mächte der Finsternis – die möchten Gottes Eigentumsvolk, noch immer vernichten.
    L.G. Martin

    13
  2. Mena-Watch hat das Interview mit Asseburg veröffentlicht (Transkription: Tilo Jungs Interview mit Muriel Asseburg). Jeder kann nachsehen ob stimmt was hier behauptet wird: „Unter anderem verglich die als „Nahost-Expertin“ vorgestellte Mitarbeiterin der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ Israels Verhalten gegenüber den Palästinensern mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und bezeichnete Israel als „Apartheidstaat“ – und seine Rückschlüsse hinsichtlich der Lesekompetenz des Autors dieses Artikels ziehen.

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    1. Man hätte auch andere Beispiele von Asseburg anführen können, wie etwa den Vorwurf des Kolonialismus. Asseburg fordert Israel-Boykott, unter anderem um „die palästinensischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen Israels gleichzustellen“. Das ist der klassische Apartheidvorwurf. Dem Vergleich mit dem russischen Angriffskrieg und dem daraus resultierenden „Recht auf gewaltsamen Widerstand“ stimmt sie grundsätzlich zu.

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      1. „die palästinensischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen Israels gleichzustellen“. Das ist der klassische Apartheidvorwurf. “

        Warum ist die Forderung nach Gleichstellung für die Redaktion ein „Apartheidvorwurf“?

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      2. … wo hat Asseburg Israel als Apartheidstaat bezeichnet – das ist hier die Frage. Ein Zitat ist ein Zitat, ist die Wiedergabe wörtlicher Rede. Hier geht es um ein Falschzitat und nichts anderes.

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  3. Ein klarer Artikel und gut recherchiert. Ich gratuliere den Schreiber. Johannes Merker

    6
  4. Wir erleben eine Fortsetzung des Geistes von Kaiserreich und Hitlerfaschismus: die Politik jede dieser Epochen basierte leider wie die aktuelle deutsche Regierungspolitik auch auf einer antirussischen, proislamischen und antisemitischen Grundhaltung. Pro- israelische Sonntagsreden ändern daran nichts, wenn man genau das Gegenteil praktiziert. Wenn heutzutage SPD, CDU und sogar Grüne und Linke Politiker, die der MHP und der AKP nahestehen in ihren Reihen dulden, dann sagt nur dieser Nebensatz eigentlich schon alles.

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  5. Dass zuerst das Erstechen normaler Juden auf der Straße beendet werden muss, das berührt Frau Asseburg nicht.
    Erst dann tritt Normalität ein. Inzwischen werden auch Deutsche auf der Straße erstochen. Hat die Normalität uns schon erreicht?
    Sicherlich für Naive, die nicht sehen, dass Teile des Islam nach Macht und Unterdrückung streben.
    Israel ist kann wegen einseitiger Umgebung „Andersgläubiger“ nicht anders handeln.
    Und Christen sind Israel häufig nicht positiv gesinnt.

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  6. Mit Deutschland wird es ein Ende nehmen, denn der liebe Gott sieht, was in unserem Land geschieht. Leider sind derzeit die Politiker/innen schlechte Vorbilder. Das mit der AKP hat aber auch andere Gründe, weil die NATO von der Türkei abhängig ist, NICHT meine Idee ! Die vielen Türken/innen in GER haben sich seit Erdogan’s Machtübernahme verändert. Bundeskanzlerin Dr.Merkel war am Anfang ein leuchtendes Vorbild fü r ein Israel-freundliches GER, aber das Licht ist am Ende verblasst. GER hat nur Probleme, ich hoffe, dass eine GROKO endlich kommt und auch das Thema Religionenverständigung in Angriff nimmt. Für brauchen Israel International TV od. den KAN-Sender und wir brauchen Pro-Israelische Politiker/innen in GER: Andere Länder sind besser, Österreich ist Israel-freundlich, Bayern ist gottesfürchtig, aber der REST in GER ist eine Katastrophe von der politischen Landschaft. Schlechtes Gerichtswesen, Verharmlosung der AFD, und die Muslims werden auch nicht besser, wenn Linke Politiker/innen die Israelis genauso hassen wie Islamisten.

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  7. Golda Meir (69-74) hat natuerlich Recht bezgl. er Aussage der Nicht-Existenz eines „palstns.Volkes“! –
    Wiederholt kurze histor. Hinweise: Roem.Kaiser Hadrian (135 n.C.) – nach Simon-Ba-Kochba-Aufstand –
    Ausloeschungs-Befehl der Bezchg. „Jerusalem“,sowie „Israel“ – u. Aenderung in latein. Begriffe
    „aelia capitolina“, bzw. in „syrie-palestine“! – = vermutl. d. Volk d. Philister, damals noch im Gaza-
    Gebiet angesiedelt, zugeordnet! – Sein Vorhaben hat jedoch nicht funktioniert – leider hat sich d. un-
    sinnige Begriff „palestine/palaestina bis heute durchgeschwurbelt! – die Briten haben dann, voellig
    beziehungslos ds. Bezeichng., wahrend ihrer Mandats-Zeit f.d. unrechtmaessig i. Lauf d.Zeit, als Be-
    duinen v. Arabien her eingewanderten Araber benutzt! – Dieses Gebiet Kanaan ist schon seit fast
    4.000 Jahren durch goettl. Verheisung d. etwas spaeter entstehenden Volk Israel als Heimat zuge-
    sagt – ueber Abraham! – Es war zu k e i n e r Zeit Eigentum eines anderen Volkes, u. wird es auch
    zukuenftig nicht sein!! – Es gibt offiziell kein Land „Palaestina“!!! –
    Frau Politolg. Asseburg waere dringend nahezulegen, sich in ihrer UN-Position auch mal eingehend
    ueber die histor./geistl. Fakten bezgl. Israel zu informieren, um in ihrer Einstellung/Aussagen, den
    wahrheitsgemaessen Grundlagen ds. Thematik etwas naeher zu kommen!!! –

    3

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