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„Magen David Adom“ in Israel

„Magen David Adom in Israel“ ist seit der Gründung des jüdischen Staates die gesetzlich anerkannte nationale Rettungsorganisation. Die Anfänge finden wir bereits im Ersten Weltkrieg.  
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

„Magen David Adom“ (MDA), deutsch „Roter Schild Davids“, wurde zweimal gegründet: das erste Mal 1918, gegen Ende des Ersten Weltkriegs, und das zweite Mal im Jahr 1930.

Der jüdische Arzt Moses Erlanger hatte 1915 im schweizerischen Luzern das Konzept entwickelt. Er gründete einen Verein zur Hilfe für Verwundete und jüdische Gefangene, die als Freiwillige die Briten während des Ersten Weltkriegs im Kampf gegen die Osmanen unterstützen. 1916 nahm die erste jüdische Rettungsorganisation Gestalt an und führte zur Gründung von MDA in Jaffa und New York

Vorbild war das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), welches 1863 vom Schweizer Geschäftsmann und gläubigen Christen Henri Dunant (1828–1910) unter dem Eindruck der erschütternden Zustände unter den Verwundeten der Schlacht von Solferino (1859) als Internationales Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege ins Leben gerufen worden war. Seit 1876 trägt Dunants Komitee den Namen IKRK.

Die gegründete MDA-Gesellschaft sollte ausschließlich als Freiwilligenorganisation fungieren. Ärzte, Krankenschwestern, Sanitäter und Ehrenamtliche sollten in den jüdischen Regimentern verletzten Soldaten medizinische Hilfe leisten und der lokalen Bevölkerung bei Unfällen und im Katastrophenfall beistehen. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Jüdische Legion aufgelöst und im Zuge dessen 1922 auch die Magen-David-Adom-Gesellschaft.

Erste-Hilfe-Kurs als Antwort auf Unruhen

Die zunehmenden Unruhen von 1929 im britisch kontrollierten Mandatsgebiet Palästina verdeutlichten den dringenden Bedarf an Notfallmedizin. Im April desselben Jahres wurde erstmals ein Erste-Hilfe-Kurs von Meschulam Levontin als fachkundigem Ausbilder durchgeführt. Am 7. Juni 1930 wurde die MDA-Organisation, die anfänglich „Gesellschaft für schnelle Hilfe im Katastrophenfall“ hieß, in Tel Aviv zum zweiten Mal gegründet.

Im September 1930 schlossen 73 Sanitäter erfolgreich einen Erste-Hilfe-Kurs ab. Vier Monate später, im Januar 1931, verließ der erste Krankenwagen von „Magen David Adom“ Levontins Wohnung in Richtung des Hauses des Bürgermeisters von Tel Aviv. 1946, ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung Europas von der Nazi-Besatzung, wurden MDA-Unterstützungseinheiten in verschiedene europäische Länder entsandt, um die überlebenden Juden zu betreuen und medizinisch zu behandeln.

Von nun an konzentrierten sich die Aktivitäten von „Magen David Adom“ auf die Zivilbevölkerung, eine Trennung zwischen IDF (Israel Defence Forces, deutsch: Israelische Verteidigungsstreitkräfte) und MDA wurde vollzogen. Noch im selben Jahr begann MDA, die erste Blutbank zu betreiben.

Der „Magen David Adom“ ist mittlerweile eine zivile Organisation

Zwei Jahre nach der Staatsgründung, im Jahr 1950, ratifizierte die Knesset das sogenannte „Magen-David-Adom-Gesetz“, wodurch die Organisation zur nationalen Rotkreuzgesellschaft Israels ernannt wurde. Ein wichtiger Schritt, denn MDA wurde rechtlich der Status als Israels primäre Notfall- und Rettungsorganisation zugesprochen und konnte sich nun – gemäß der Genfer Konvention – dem Roten Kreuz anschließen.

Seit 2006 offiziell beim Roten Kreuz

In der Praxis wurde dies aufgrund von Unstimmigkeiten über das Symbol der MDA-Organisation jedoch erst 2006 erreicht. Mit der Verabschiedung des III. Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen im Dezember 2005 wurde der Rote Kristall als zusätzliches neutrales Schutzzeichen etabliert. Mit seiner Annahme können auch nationale Gesellschaften, die sich mit dem Roten Kreuz und Roten Halbmond nicht identifizieren können, anerkannt werden.

Als vollwertiges Mitglied des Internationalen Roten Kreuzes fungiert „Magen David Adom“ als israelische Rotkreuzorganisation und verwendet auf israelischem Gebiet den Roten Davidstern. Bei internationalen Einsätzen kann – nach Absprache und Erfordernissen – der Davidstern im neuen Emblem integriert sein.

In Israel initiiert MDA den Bau und die Verwaltung von Krankenhäusern, bildet Krankenschwestern und -pfleger aus, hilft Behinderten, Bedürftigen und Senioren. Die Organisation ist verantwortlich für die medizinische Notfallversorgung vor dem Krankenhaus, sie leistet Ambulanz- und Rettungsdienste auf See, in den Bergen und auf den Straßen.

Darüber hinaus engagiert sich MDA sowie weitere israelische Freiwilligen-Organisationen national wie international bei Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen, Erdbeben und Tsunamis. Die Liste der Auslandeinsätze ist lang: Ob in Indonesien, Sri Lanka, Kaschmir, Pakistan, dem Sudan, im Kosovo, in Kenia, Ruanda oder Türkei, um nur einige Einsatzgebiete zu nennen.

Mobile Intensivstationen

In den frühen 1970er Jahren leistete MDA mit der Entwicklung des „Pre-Hospital Advanced Life Support System“ (Fortschrittliches System zum Lebenserhalt vor dem Transport ins Krankenhaus) und mobilen Intensivstationen eine vielbeachtete Pionierarbeit. Die eingesetzte Technologie gehört zu den fortschrittlichsten der Welt.

Zudem sammelt „Magen David Adom“ Hunderttausende von Blutspenden, einschließlich Apherese(Blutwäsche). Die Organisation verarbeitet diese und führt alle erforderlichen Tests in speziell dafür eingerichteten Labors durch.

Am 14. Juni dieses Jahres beging Israel zusammen mit Ländern in aller Welt den Internationalen Blutspendetag. MDA veröffentlichte einige aussagekräftige Zahlen zum Blut-Spendeverhalten der Israelis. Im Zeitraum 13. Juni 2022 bis 13. Juni 2023 wurden demnach in Israel 260.687 Bluteinheiten gespendet. Dieses enorme Aufkommen half in den zwölf Monaten, das Leben von rund 800.000 Menschen zu retten.

Lior Altman, Direktor der nationalen Blutspende-Abteilung des MDA, weiß die Blutspenden und das unermüdliche ehrenamtliche Engagement zu schätzen: „Dank der Freiwilligen-Tätigkeit der Bürger und Soldaten des Staates Israel gelingt es uns, das jährlich gesetzte Ziel zu erfüllen und den Kranken, Verwundeten und gebärenden Frauen die erforderlichen Blutdosen zu verabreichen.“

Seit den barbarischen Massakern am 7. Oktober ist Israel im Krieg gegen die Terror-Organisation Hamas. Tausende Israelis strömen in diesen Wochen zum Blutspenden. 

Ohne Ehrenamtliche geht es nicht

Freiwillige Ersthelfer haben die MDA einst gegründet und sind in ihr bis heute aktiv. Ein Netzwerk von über 13.000 gut ausgebildeten Freiwilligen überzieht das Land, gut die Hälfte von ihnen sind junge Menschen. Sie alle opfern ihre Freizeit, um in den Besatzungen von Krankenwagen und mobilen Intensivstationen zu dienen und Leben zu retten. Dabei behandelt „Magen David Adom“ in Israel jeden Menschen, der Hilfe benötigt – unabhängig von seiner ethnischen Zugehörigkeit, Rasse, politischen oder religiösen Zugehörigkeit.

„Magen David Adom“ wird staatlich finanziell unterstützt. Um das hohe Niveau als Rettungsorganisation halten zu können, ist sie auf zusätzliche Spenden angewiesen.

Fahrzeuge für jeden Bedarf

Die MDA-Flotte medizinischer Rettungsfahrzeuge ist beeindruckend. Ein Bestandteil sind „Mobile Advanced Life Support Units“ (MALSUs), also fortschrittliche mobile Einheiten für lebenserhaltende Maßnahmen. Die hebräische Abkürzung lautet NATAN. Auch „Advanced Life Support Ambulances” (ALSAs), also fortschrittliche Krankenwagen für lebenserhaltende Maßnahmen gehören zur Ausstattung. Hier ist ATAN das hebräische Akronym.

Hinzu kommen Standard-Krankenwagen und „Mobile Mass Casualty Incident Units“ (MMCIUs oder hebräisch TARAN), also mobile Einheiten für Unfälle mit vielen Opfern. Kommando- und Kontrollfahrzeuge, Krankenwagen mit 4×4-Radantrieb, Gelände-Krankenwagen, MDA-Hubschrauber und Segways stehen ebenfalls zur Verfügung. Außerdem gibt es fortschrittliche Motorräder für lebenserhaltende Maßnahmen und Betreuerfahrzeuge.

Foto: Gundula Madeleine Tegtmeyer
Auch Motorräder stehen der Rettungsorganisation zur Verfügung

Die sogenannten Kommando- und Kontrollfahrzeuge sind Jeeps mit 4×4-Radantrieb, ausgestattet mit einer hochmodernen Ausrüstung, zu der auch ein Teleskoparm mit Scheinwerfern gehört. Er wird bei Dunkelheit eingesetzt. An Bord des Fahrzeugs befindet sich eine Spezialkamera, die von der Einsatzzentrale aus ferngesteuert werden kann. Sie unterstützt die Leitstelle bei der Bergung und Versorgung von Verletzten, indem sie dem Personal einen genauen Überblick über die Situation verschafft.

Eine weitere Besonderheit: Diese Fahrzeuge können einen Patienten auch in Bauchlage evakuieren. Das Frontkommandofahrzeug (FCV, hebräisch HAPAK) ist mit hochwertigen Funksystemen und Computern ausgestattet. Es kann an jedem beliebigen Punkt, selbst in schwierigem Gelände, positioniert werden. Von dort aus dient es als unabhängiges Kontrollzentrum, das die Unterstützung der MDA-Kräfte vor Ort garantiert.

Mit dem „Ambucycle“ schnell am Unfallort

Zweifellos ist der „Ambucycle“ genannte Rettungsroller bei Notfällen im nationalen Rettungssystem eine signifikante Unterstützung. Hier kommt „United Hatzalah“ ins Spiel. Die hebräische Bezeichnung ist „Ichud Hatzalah“, auf Deutsch heißt das „Vereinte Rettung“. Die Organisation wurde 2006 von Eli Beer gegründet, um die bereits bestehenden Hatzalah-Gruppen in Israel zu bündeln und zentral zu organisieren. Ehrenamtliche Helfer sind  jüdische und arabische Israelis, Hilfe wird unabhängig von Abstammung oder Religion gewährt. Für die Notfallversorgung verlangen die Helfer kein Honorar. Die Organisation ist vollständig spendenfinanziert.

Foto: Gundula Madeleine Tegtmeyer
Die Organisation „United Hatzalah“ hat ihre eigenen Fahrzeuge

Ambucycles sind Motorräder, die von den Freiwilligen in ganz Israel eingesetzt werden. Sie wollen damit sicherstellen, dass Ersthelfer selbst bei hohem Verkehrsaufkommen und in schwer zugänglichen Gegenden innerhalb kürzester Zeit am Einsatzort eintreffen können.

Dank dieser wendigen Motorräder und der einzigartigen LifeCompass-Technologie von United Hatzalah beträgt die durchschnittliche Reaktionszeit eines Ambucycle-Sanitäters 3 Minuten, in Stadtzentren sogar nur 90 Sekunden. United Hatzalah betreibt derzeit rund 1.200 Ambucycles.

Orthodoxe Juden sammeln Gliedmaßen

Sind Terror-Opfer zu beklagen, eilt ZAKA herbei. Die hebräische Abkürzung steht für „Sihui Korbanot Asson“ – „Identifizierung von Unfallopfern“. Die Organisation wurde 1989 von Jehuda Meschi-Sahav und Rabbiner Mosche Eisenbach gegründet.

ZAKA-Mitglieder, zumeist orthodoxe Juden, unterstützen die Ersthelfer und Sanitätsmannschaften. Sie sind es, die ehrenamtlich die getöteten Terror-Opfer identifizieren und abgerissene Gliedmaßen sowie das vergossene Blut aufsammeln, soweit möglich, damit die sterblichen Überreste der Opfer im Sinne der Halacha, das ist der rechtliche Teil der jüdischen Überlieferung, beerdigt werden können.

Die Mitglieder müssen verheiratet sein und benötigen für die emotional belastende Arbeit das Einverständnis ihrer Ehefrauen. Die Freiwilligenorganisation leistet zudem Erste Hilfe und unterstützt bei der Suche und Bergung von Vermissten.

Die Mitglieder bevorzugen es, wenn ihre ehrenamtliche Arbeit als Chessed schel Emet, „wahre Nächstenliebe“, oder auch „Dienst am Nächsten“ bezeichnet wird. Den „wahren Liebesdienst“ leisten sie, ohne dass ein Dank von den Toten erbracht werden könnte.

Andere ZAKA-Einheiten bestehen aus Drusen, Muslimen oder Beduinen, um in ihren Gemeinden Toten eine ehrenvolle Behandlung zukommen zu lassen oder am Schabbat Dienst zu leisten. Juden werden jederzeit den Schabbat unterbrechen, um Gefahr für das Leben abzuwenden oder Leben zu retten. Die Tora fordert dies. Doch es gilt nicht bei Diensten für die Toten.

Der ehrenamtliche Einsatz von ZAKA genießt über Israels Grenzen hinaus hohes Ansehen. Horst Köhler, deutscher Bundespräsident von 2004 bis 2010, wurde eine besondere Ehre zuteil: Im April 2005 ernannte ihn ZAKA zum ersten deutschen Ehrenmitglied. „Magen David Adom“ in Israel und ein Heer ausgezeichnet geschulter ehrenamtlicher Ersthelfer, unterstützt durch modernste Technik, sind in ihrem unermüdlichen Einsatz und Engagement stets geleitet vonsieben Grundprinzipien: Menschlichkeit, Unvoreingenommenheit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilliger Dienst, Einheit und dem ethischen Wert der Universalität.

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