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Gedenkstunde: „Nie wieder“ und „Israel verlässt sich auf Sie“

Ein israelischer Politiker und eine Überlebende sind Hauptredner beim Holocaust-Gedenken im Deutschen Bundestag. Der Israeli betont die Brücken zwischen Deutschland und dem jüdischen Staat.
Von Israelnetz
Gedenkstunde im Bundestag: Mit Inge Auerbacher und Mickey Levy

BERLIN (inn) – Erstmals hat am Donnerstag ein israelischer Parlamentspräsident vor dem Deutschen Bundestag gesprochen. Anlass war der Internationale Holocaust-Gedenktag, der am 27. Januar begangen wird. Bei der Gedenkstunde im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes stand die autobiografische Rede der Holocaustüberlebenden Inge Auerbach im Mittelpunkt.

Kindheit wurde rasch beendet

Die mittlerweile 87-jährige Inge Auerbach sagte, sie sei früher „ein jüdisches Mädel aus Kippenheim“ gewesen. Sie lebte in friedlichen Verhältnissen in Baden-Württemberg – bis Ende der 1930er Jahre. Dann sei sie das „letzte jüdische Kind dort gewesen“. Das nationalsozialistische Regime zerstörte den Frieden und ließ sie und ihre Familie von nun an in Angst leben. Ihre Schulzeit fing gerade erst an, da wurde sie auch schon beendet: Mitten in der ersten Klasse wurde sie samt Familie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

Die Zustände im KZ setzten der Familie Auerbach, wie den anderen Gefangenen, zu: schlechte Hygiene, Menschen überall „eng zusammengepfercht“ und immer auf der Suche nach Essbarem. Doch das Schlimmste blieb ihr und ihrer Familie erspart: die Verlegung in das Vernichtungslager Auschwitz. Für Auerbach ist das immer noch ein „Wunder“. Und doch: „Es sind wenige am Leben geblieben“.

Sie trage heute eine Schmetterlings-Brosche mit sich im Bundestag. Dies sei ihr und vielen Juden ein Symbol geworden, für das, was ihnen genommen wurde. Denn sie alle sahen nie einen Schmetterling im KZ, zu düster war der Ort.

Holocaustüberlebende Inge Auerbach spricht im Bundestag Foto: Bundestag-TV/Screenshot
Holocaustüberlebende Inge Auerbach spricht im Bundestag – mit dabei: Eine Schmetterlings-Brosche

Auerbach hat es geschafft und wurde am 8. Mai 1945 befreit. Mit elf Jahren zog sie nach New York. Sie ging in den USA zur Schule, studierte und arbeitete 38 Jahre als Chemikerin. Und heute mahne sie: Der Judenhass ist wieder alltäglich geworden. Die „Krankheit muss so schnell wie möglich geheilt werden“. „Wir sind alle als Brüder und Schwestern geboren“. Ihr innerster Wunsch sei daher „die Versöhnung aller Menschen“. Die Vergangenheit dürfe nie vergessen werden, „zusammen wollen wir beten für Einigkeit auf Erden“.

Knesset-Präsident betont deutsch-israelische Brücken

Zweiter Hauptredner war der Präsident der Knesset, Mickey Levy. Der Politiker der Partei „Jesch Atid“ zeigte sich tief bewegt von der Rede Auerbachs und umarmte sie nach ihrer Rede. Er sei stolz, an diesem Ort „Israel zu vertreten“. Hinter all den Opfern des Nationalsozialismus stecke kein „Gesetz der Großen Zahlen“, sondern „Millionen Geschichten“.

Im Angesicht der Wannseekonferenz und des Wunsches der Nationalsozialisten, „jegliche Erinnerung an die jüdische Bevölkerung zu vernichten“, sagte Levy: „Achtzig Jahre reichen nicht, um Wunden zu heilen“. Doch Israel und Deutschland, „zwei Nationen zwischen Tod und Leben, entscheiden sich nun jeden Tag für das Leben“.

Trotz Differenzen zeige sich: „Israel und Deutschland haben Brücken gebaut“, erklärte Mickey Levy. In der Wissenschaft, im Handel, bei Technologien, wie auch bei der Sicherheit. Bei den Herausforderungen der Zeit – der Corona-Pandemie oder auch dem Klimawandel arbeiten die beiden Staaten zusammen.

Knesset-Präsident Levy spricht im Deutschen Bundestag zur Gedenkstunde Foto: Bundestag-TV/Screenshot
Knesset-Präsident Levy betont die starken Beziehungen zwischen Israel und Deutschland

Mit Blick auf die Sicherheit Israels und die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel dankte Levy der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und richtete sein Wort an ihren Nachfolger Olaf Scholz (SPD): „Israel verlässt sich auf Sie“. Levy erhoffe sich von der neuen Bundesregierung, dass sie in der Tradition Politik gestaltet. Weiter sollten sich beide Staaten für Demokratie und gemeinsame Werte einsetzen.

Von Generation zu Generation müsse die Mahnung des „Nie wieder“ weitergegeben werden. Es sei die Aufgabe, zu erinnern und gleichzeitig zusammen neue „Visionen“ und eine gemeinsame „Zukunft“ zu schaffen. Zum Abschluss seiner Rede rezitierte Levy das jüdische Totengebet „Kaddisch“. Dabei kamen ihm die Tränen und er musste vor Rührung mehrmals unterbrechen. Im Anschluss erhielt der Parlamentspräsident, ebenso wie Auerbach, minutenlang Applaus, wobei nahezu alle Anwesenden aufstanden.

Bundestagspräsidentin Bas: „Antisemitismus ist nicht hinnehmbar“

Bei ihrer Begrüßung verdeutlichte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) die Schrecklichkeit der Verbrechen des Regimes im Nationalsozialismus. Die Gedenk- und Erinnerungskultur könne „nicht von oben verordnet“ werden. Sie dankte allen Menschen und Initiativen, die einen „anderen Blickwinkel zulassen“. Der Hass auf Juden und Andersdenkende habe „keinen Platz in Gegenwart und Zukunft“.

Bundestagspräsidentin Bas machte bei der Holocaust-Gedenkstunde im Bundestag klar: „Antisemitismus ist nicht hinnehmbar“ Foto: Bundestag-TV/Screenshot
Bundestagspräsidentin Bas machte in ihrer Rede den Antisemitismus zum Thema

Gleichzeitig erklärte Bas: „Erinnern und Gedenken macht nicht immun gegen Antisemitismus“, daher müsse sich die gesamte Gesellschaft mit dem Problem beschäftigen. Sie ergänzte: „Antisemitismus ist nicht hinnehmbar“. Es sei die Aufgabe jedes Einzelnen in der wehrhaften Demokratie, zu handeln.

Die Gedenkstunde wurde durch besondere musikalische Werke begleitet, die von jüdischen Künstlern stammen. Teilweise sind die Musiker vom nationalsozialistischen Regime umgebracht worden, andere haben überlebt. Neben Bas und Bundeskanzler Scholz nahmen auch alle weiteren Verfassungsorgane teil: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesratspräsident Bodo Ramelow und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth. Seit 1996 gedenkt der Deutsche Bundestag jährlich am oder um den 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus. Anlass ist die Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945. (joh)

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9 Antworten

  1. Es ist ganz wichtig, an die Nazibarbarei und den Mord an Millionen europäischer Juden zu erinnern, damit solche Verbrechen niemals wieder geschehen. Der Tag der Befreiung des KZ Auschwitz, der 27. Januar, ist dazu sehr geeignet. Was ich allerdings zunehmend ärgerlich finde, ist, dass dieser Tag vom Staat Israel vereinnahmt wird, den es zur Zeit der Shoah noch überhaupt nicht gab und in dem es nach seiner Gründung 1948 bis Ende der 50er Jahre völlig verpönt war, überhaupt über den Holocaust zu sprechen und die nach Israel/Palästina ausgewanderten Überlebenden verächtlich „Sabuni“ (Seifenmenschen) genannt wurden, also Menschen, aus denen die Nazis vermeintlich Seife machten. Erst mit dem Eichmannprozess 1960/61 begann ein Umdenken in Israel und heute wird das Gedenken an die Opfer der Shoah von keinem Land derartig instrumentalisiert und für eigene politische Zwecke mißbraucht, dass es nur noch ärgerlich ist. Warum muß im Bundestag zum Gedenken an den Holocaust der Sprecher der Knesset eine Rede halten? Die notwendiger Erinnerungsarbeit immer mit Fahnen Israels zu verbinden ist unpassend und ärgerlich! Gerade auch angesichts der Politik dieses Landes, das seit Jahrzehnten das Internationale Völkerrecht mit Füßen tritt.

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  2. So ein Unsinn. Haben Sie sich mal überlegt, dass es den Überlebenden Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte gar nicht möglich war über das Grauen zu sprechen.

    Und wollen Sie Israel verbieten, dass diesem Verbrechen gedacht wird? Es waren Juden die ermordet wurden. Und der Staat Israel ist ein jüd. Staat, in dem Holocaustüberlebende zuhause sind und ihre Kinder und Enkel.

    Sollen jetzt die Deutschen auch nicht mehr gedenken, was sie verbrochen haben? Klar, wie kann man auch nur einem Volk gedenken, das die armen Deutschen gezwungen hat, sie zu ermorden. Was für ein verdorbenes Volk die Juden doch sind, sieht man ja an den Israelis, die heute das gleiche tun wie Hitler.Zumindest ist dies die dumme, verlogene Meinung gewisser Kreise.

    Was haben Sie für ein Problem mit der Fahne Israels? Klar, wer sich daran stört, dass dieses Land existiert, hat ein Problem mit der Fahne. Am besten überall weg mit ihr. Vor der UN sollte jede Fahne hängen, außer der von Israel. Am besten verbieten wir sie grundsätzlich. Ironie off.

    Dann sollten wir aber auch die verbieten, die mit dem Holocaust verbandelt sind, allen voran die Deutsche.
    Aber da haben Sie mit Sicherheit etwas dagegen.

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  3. Gibt es denn wirklich absolut nichts, woran Herr Luley sich auch mal von Herzen gerne freuen würde? Statt dessen immer nur so aus den Fingern gesogene Kommentare, gegen welche man sich vergebens wehrt. Was wäre denn, wenn es Israel nicht gäbe? Das frage ich Herrn Luley allen Ernstes. Unsere Welt wäre ärmer als arm. Merkt denn Herr Luley denn nicht, wie sich Israel in seiner ganzen mehrtausenjährigen Geschichte bis zum heutigen Tag erfolgreich gegen jegliche Übermacht gewehrt hat und sich weiterhin zu wehren imstande ist. Man kann doch denken wie man will, es gibt kein vergleichbares Volk auf dieser Welt. Und das Besondere an Israel ist doch, dass es immer schon von allen Seiten angefeindet und ausgerottet werden sollte, in der Antike, im Altertum und in der Neuzeit. Und Israel existiert immer noch und wird weiter existieren. Wohl dem, der sich auf die Seite Israels begibt, denn dann steht auch er unter dem Schutz JAHWE’s.

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    1. Herr Reiser, genau das ist das Problem von Luley. Denn nichts auf der Welt hasst und verachtet Luley mehr als diesen Gott. Und solange es das jüdische Volk gibt, solange Prophetie in Erfüllung geht, wie die Rückkehr des Volkes in ihr Land, die Begrünung des Landes, Früchte in alle Welt und so weiter und so weiter, werden die Luleys dieser Welt alles tun, um diesen Gott und dessen Zeuge Israel weg zu bekommen. Sie sollten ihre Zeit für etwas verwenden, das der Welt nützt. Denn hier scheitern sie gnadenlos. Auch Hitler ist gescheitert. Auch BDS wird scheitern. Heute schaden sie vor allem den Palästinenser und bejubeln sich noch dafür. Schande!

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    2. Lieber Herr Reiser, ich verstehe ja, dass Sie in Bezug auf Israel vor allem an lobpreisenden Kommentaren interessiert zu sein scheinen. Sie müssen zugeben, dass es diese Kommentare und Berichte auf israelnetz und in dessen Diskussionsforum (in dem wir uns gerade befinden) zur Genüge gibt. Ich verstehe meine Aufgabe daher insbesondere darin, in diesen süßen Israelwein ein wenig bittere Wahrheit zu gießen, denn diese kommt m.E. immer ein wenig zu kurz. Was wäre, wenn es Israel nicht gäbe, fragen Sie. Wenn es Israel/Palästina in seiner heutigen Verfasstheit als ein Staat, der nur existiert, weil er ein anderes Volk vetrieben hat, entrechtet hat und durch eine brutale Besatzung seiner Existenzmöglichkeit beraubt, dann würde es vielleicht ein Land geben, in dem Menschen zusammenleben könnten, die gleichberechtigt und ohne den religiös verbrämten alleinigen Besitzanspruch auf das Land Bürger eines Staates sind bzw. ein Israel in den Grenzen von 1967 nicht alles daran setzt, einen souveränen palästinensischen Staat an seiner Seite mit allen zur Verfügung stehenden (meist illegalen) Mitteln zu vereiteln. Mit Ihrem (sorry!) Gelaber von „Schutz Jahwes“, kein „vergleichbares Volk“ etc. kann ich als rationaler und säkularer Mensch leider überhaupt nichts anfangen.

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      1. Dass es heute nur den Staat Israel gibt, liegt daran dass die andere Seite ihren eigenen Staat abgelehnt hat, und das wissen Sie ganz genau. Vielleicht möchten Sie ja mal die Gründe mitteilen.

        Möchten Sie sich mal zu der Situation äußern, unter der die Menschen des WJL leben mussten, als die Jordanier das Land besetzt hatten. Möchten Sie sich dazu äußern, wie die UNRWA die „Flüchtlinge“ behandelt?

        Säkular sind Sie, ja. Rational nicht. Judenhass ist nicht rational.

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    3. „Und Israel existiert immer noch und wird weiter existieren“
      Und das ist auch gut so. Nur hat das weniger mit dem „ Schutz von Jahwe“ zu tun, sondern vielmehr mit dem Schutz der Vereinigten Staaten.
      Israel hat seit seiner Gründung ,von den Vereinigten Staaten über 400 Milliarden Dollar an Militär und Wirtschaftshilfe erhalten.
      Zur Zeit finanzieren die Amerikanischen Steuerzahler Israel mit 8 Mio. Dollar pro Tag.

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  4. „Israel verlässt sich auf Sie“ – Israelische und deutsche Politiker, schenken Gottes Wort kein Vertrauen mehr, bzw., Sie kennen es nicht mehr.
    Gottes Wort sagt: „Es ist gut, auf den Herrn vertrauen und nicht sich verlassen auf Menschen. Es ist gut, auf den Herrn vertrauen und nicht sich verlassen auf Fürsten.“ (Ps. 118,8+9)
    Jeremia schreibt in Kap. 17,5+7 „So spricht der Herr: „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm und weicht mit seinem Herzen vom Herrn“. „Gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht der Herr ist.“
    L.G. Martin

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    1. Ihnen fällt wie immer nur eine Strafpredigt ein

      „Man soll sich vor keinem Gott fürchten, sondern sich frei machen vom Wahnglauben“
      .

      (Epikur von Samos)
      Denken Sie einmal darüber nach

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