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Ein weiterer General für Israels Politik

Mit Gadi Eisenkot steigt der nächste Ex-Armeechef in die israelische Politik ein. Er tut sich mit Benny Gantz zusammen und will ein „staatstragendes Lager“ bilden.
Von Israelnetz

JERUSALEM (inn) – Mosche Dajan tat es ebenso wie Chaim Bar-Lev, Jitzchak Rabin ebenso wie Ehud Barak: Sie alle – und noch viele mehr – stiegen als vormalige Chefs der israelischen Armee einst in die Politik ein. Mit Gadi Eisenkot wagt nun der nächste diesen großen Schritt: Der 62-Jährige, der von 2015 bis 2019 Generalstabschef der Verteidigungsstreitkräfte war, gab am Sonntag zur besten Sendezeit seine Ambitionen für die im November anstehenden Knessetwahlen bekannt.

Über Eisenkots politische Absichten war in der israelischen Presse bereits seit langem spekuliert worden. Im Vorfeld der vorigen Knessetwahlen hatte er sich allerdings noch dagegen entschieden, seinen Hut in den Ring zu werfen. Nun tut er sich mit der Blau-Weiß-Partei von Verteidigungsminister Benny Gantz zusammen, Eisenkots Vorgänger im Amt des Generalstabschefs. Bereits bei früheren Wahlen hatte Gantz sich mit Gabi Aschkenasi und Mosche Ja’alon weitere Armeechefs gesucht und so das Prestige seiner Liste erhöht.

Breites Bündnis

Teil des Bündnisses ist außerdem Gideon Sa’ar (ursprünglich Tikva Chadascha – Neue Hoffnung), mit dem Gantz schon vor Eisenkot eine Bündelung der Kräfte verabredet hatte. Der Parteiname Blau-Weiß, mit dem sich seit 2018 viele Hoffnungen des israelischen Mitte-Links-Lagers auf eine Ablösung Benjamin Netanjahus verbunden hatten, wird im November nicht mehr auf den Stimmzetteln erscheinen, denn die Fusion mit Eisenkot war für das neue Polittrio gleichzeitig Anlass, sich einen neuen Namen zu verpassen.

„HaMachane HaMamlachti“ nennt sich das Bündnis nun, dazu der Zusatz „BeRaschut Benny Gantz“, unter der Führung von Benny Gantz. Eisenkot wird sich also hinter diesem einreihen. Der Parteiname selbst lässt sich nur schwer übersetzen. „Das staatliche Lager“ trifft es wohl am besten. Hinter dem hebräischen Wort „Mamlachtijut“ versteckt sich nicht nur ein Wort, sondern vielmehr ein Konzept, das mit Israels Staatsgründer und erstem Premierminister David Ben-Gurion verbunden wird. Es verkörpert die Idee des Gemeinsamen, welches über den Einzelinteressen steht.

Das ist auch die Botschaft, mit der „HaMachane HaMamlachti“ an den Start geht: Das Bündnis sei „die Basis für eine breite und stabile Regierung“, erklärte Eisenkot am Sonntag. „Diese Bewegung kann und wird eine Heimat für alle sein, die loyal zu den ursprünglichen Werten der zionistischen Bewegung in allen Spielarten stehen“, fügte Sa’ar hinzu – eine Art Einheitsliste also.

„Zionistische Anstrengung in Gefahr“

Bereits Anfang des Jahres hatte Eisenkot in einem Interview erklärt, die Risse in der israelischen Gesellschaft, gegenseitige Attacken und sinkendes Vertrauen in staatliche Institutionen seien „die größten Bedrohungen für die Zukunft des Landes“. Die Menschen seien nicht wegen der iranischen Bedrohung verängstigt, sondern wegen „innerer Schwäche“. Man müsse verstehen, „dass es keine nationale Sicherheit ohne gesellschaftliche Solidarität“ gebe.

Tatsächlich spiegelt sich bereits im Führungspersonal des neuen Bündnisses die Breite des politischen Spektrums wider, welches sich in diesem sammelt. So vertritt Sa’ar, der ursprünglich aus dem Likud von Benjamin Netanjahu stammt, in der Palästinenserfrage rechte Ansichten. Eisenkot hingegen hat sich zuletzt eher, wie auch Benny Gantz und grundsätzlich viele Generäle, die in die Politik gehen, zentristisch bis links positioniert. So wiederholte er am Sonntag seine frühere Warnung vor einem binationalen, also gemischt arabisch-jüdischen Staat, auf den sich Israel nach seiner Ansicht zubewegt, der jedoch „die gesamte zionistische Anstrengung in Gefahr bringt“.

Loslösung von den Palästinensern

Bereits Anfang des Jahres war Eisenkot in einem Interview für eine Loslösung von den Palästinensern eingetreten. Er schlug unter anderem ein autonomes Palästinensergebilde zwischen der Siedlung Schavei Schomron und Afula, also im nördlichen Westjordanland, vor und mahnte eine gemeinsame Initiative von Israel, den USA, Jordanien und Ägypten an. Zudem bekannte er sich zwar zu israelischen Siedlungen, übte aber zugleich Kritik an Rechtsverletzungen durch sogenannte Außenposten.

Uneindeutig äußerte sich Eisenkot am Sonntag zu der Frage, die in den vorigen Wahlen zur alles entscheidenden geworden ist: Wie er es mit Benjamin Netanjahu und einer Zusammenarbeit mit diesem hält. Weil er als Armeechef diente, als Netanjahu Premier war, wollte er nichts Konkretes zur Person sagen, erklärte aber allgemein, dass eine Person unter Anklage keine öffentlichen Ämter belegen sollte. Er bewegt sich damit auf der Linie von Gantz und Sa’ar, die als Anti-Netanjahus gelten.

Parteien sammeln sich noch

Von der politischen Konkurrenz erhält „HaMachane HaMamlachti“ bereits Kritik. Ajelet Schaked von der Partei „Ruach Zionit“ (Zionistischer Geist) erklärte im Studio der Nachrichtenseite „Arutz Scheva“, Eisenkot sei ein Linker und wolle einen palästinensischen Staat errichten. Schaked hat selbst mit den Folgen des neuen Parteienbündnisses zu kämpfen, denn mit Religionsminister Matan Kahana ist einer ihrer wichtigsten und letzten Männer zum „staatlichen Lager“ von der Fahne gegangen.

In die entgegengesetzte Richtung geht derweil die Kritik der linken Meretz-Partei: Das neue Bündnis verfolge letztlich auch nur eine „rechte Ideologie“, erklärte einer ihrer Abgeordneten. Gratulationen erhielt Eisenkot hingegen von Premier Jair Lapid. Das ist insofern erstaunlich, weil sich auch Lapids Zukunftspartei Jesch Atid um Eisenkot bemüht hatte. Dass dieser wiederum Gantz bevorzugte, ist deswegen verwunderlich, weil dessen Partei in den Umfragen konstant weit hinter Lapid rangiert.

Die verschiedenen Parteien in Israel befinden sich vor den Wahlen am 1. November derzeit noch in einer Phase der Sammlung: Bündnisse werden verhandelt, die Listen teils gewählt, teils ohne Wahl mit Kandidaten besetzt. Bis zum 15. September müssen sich die Bündnisse und Parteien ihre Personaltableaus spätestens registriert haben. Dann kann der Wahlkampf richtig losgehen. (ser)

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