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Der einsame Soldat

Schlomo Raschtnikow kam nach Israel, um zu kämpfen. Weil er keine Familie im Land hatte, wäre seine Bestattung fast ausgefallen. Doch dann folgten hunderte Israelis einem Aufruf in den Medien.
Von Valentin Schmid

Der Militärfriedhof am Jerusalemer Herzlberg ist heillos überfüllt. Die Schlange parkender Autos zieht sich bis zur Scho‘ah-Gedenkstätte Yad Vashem. Obwohl die gut einen Kilometer entfernt liegt. Am Eingang des Geländes weisen digitale Tafeln den Weg: Roi Nahari und Aner Schapira links. Schlomo Raschtnikow geradeaus. Vor allem zu seiner Bestattung strömen heute viele Menschen. Das Besondere: Fast keiner davon kannte ihn.

Dimitri Raschtnikow wurde in der russischen Stadt Wolgograd geboren. 2017 kam er nach Israel – mit nur 14 Jahren und ohne seine Eltern. Möglich war das durch „Na‘ale“, ein Programm, mit dem Jugendliche aus der Diaspora eine israelische Schule besuchen und einwandern können. Raschtnikow lebte bei einer Gastfamilie, legte Tefillin (Gebetsriemen) an und entschied sich für die Beschneidung.

Ich bin Schlomo

Doch damit nicht genug: Nach der zwölften Klasse zögerte er keine Sekunde, in Israel zu bleiben – und den Militärdienst anzutreten. „Dimitri kam zwei Tage nach seiner Einberufung zu mir“, erinnert sich Jochai Segal, Militäroffizier des 51. Bataillons. „Er bat darum, von nun an Schlomo genannt zu werden, weil er ein jüdischer Soldat in Israel sei.“

Sechs Soldaten machen sich bereit, den hölzernen Sarg zu schultern, der von einer Israel-Flagge umhüllt ist. Auf ihren Schultern prangt ein Olivenbaum vor gelbem Hintergrund. Die Insignien der Golani-Brigade. Dort, auf den Golanhöhen, diente auch Raschtnikow. Doch ausgerechnet am 7. Oktober war er am Gazastreifen stationiert – und gehörte somit zu den ersten Opfern der Hamas.

Ein „Chajal Boded“

11:30 Uhr. Die Bestattung soll in einer halben Stunde beginnen. Doch kann sie wirklich stattfinden? Noch hat sich kein Minjan am Grab eingefunden. Dieses Quorum von mindestens zehn religiös mündigen Juden ist nötig, um die Zeremonie zu beginnen. Zwar ist Raschtnikows Mutter Natalia aus Russland angereist – aber in Israel hatte der 20-Jährige schlicht keine Angehörigen. Er war ein „Chajal Boded“, wie Israelis sagen. Ein einsamer Soldat.

Doch die wenigen Trauergäste wissen sich zu helfen. „Er war der Freund eines Freundes. Kommt schnell!“, schreibt einer auf X. Kurze Zeit später erscheint der Aufruf als Eilmeldung auf ersten Nachrichtenseiten.

Dann geht alles ganz schnell: Die für die Zeremonie vorgesehene Schotterfläche ist so voll, dass die Gäste ausweichen müssen. Kurzerhand wird eine höher gelegene Ebene des terrassenförmigen Friedhofs zur Tribüne. Mindestens 500 sind gekommen. Ein Kamerateam ist unter ihnen sowie der ehemalige israelische Justiz- und Finanzminister Dan Meridor. „Mit meiner ganzen Familie“, wie er sagt

Foto: Valentin Schmid
Über 500 Menschen kamen zur Beerdigung des „einsamen Soldaten“
Foto: Valentin Schmid
Auch ein Kamerateam folgte dem Aufruf in den Medien

Drei Schüsse

„Der Höchste bist du über die ganze Erde“, beendet der Kantor sein Gebet. Im Tal am Fuß des Herzlberges hallt es noch nach, bevor drei Salutschüsse das Ende der Zeremonie markieren. Danach blicken sich manche Gäste verwundert an, schießen Fotos. „Niemand hat gedacht, dass so etwas geschehen kann.“ Dan Meridor lässt seinen Blick über all die frischen Gräber schweifen. „Und das Ende ist noch nicht da. Es wird noch Wochen dauern.“

Immerhin scheinen die vielen Menschen am Grab des einsamen Soldaten ein kleiner Trost zu sein. Ein Trost in einem Krieg, der noch viele Leben fordern wird.

Valentin Schmid studiert derzeit an der Hebräischen Universität Jerusalem.

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8 Antworten

    1. @ Heinz Rahm. Einer der populärsten theologischen Irrtümer ist die Aussage, dass „wer Israel antastet, Gottes Augapfel antastet“. So aber steht es nicht in Sacharja 2,12. Selbst Studenten des einfachen Hebraicum sollten wissen oder in den Kommentaren u.a. von Rabbi Hirsch und Prof. Ehrlich nachlesen, dass das Suffix im „angetasteten Auge“ (eno) sich nicht auf Gott, sondern auf den Antastenden (hanogea) bezieht.
      Daher ist jeder Bezug, dass derjenige, der Israel antastet, Gottes Augapfel antastet, falsch,
      denn es muss heißen:
      Jemand, der Israel antastet, schädigt seinen eigenen Augapfel und untergräbt damit den Rechtsboden seiner eigenen Existenz, ohne einem anderen dafür die Schuld geben zu können. Er macht sich selber blind – und damit blind für die Wahrheit. Wie man Israel behandelt, behandelt man sich selbst. Das gilt politisch, theologisch und auch ganz persönlich. Das gilt besonders denen, die meinen, Verkündiger der Wahrheit zu sein. Weil sie aber Israel antasten, machen sie sich zu blinden Blindenleitern.

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      1. Was für ein Unsinn, im Zusammenhang, der endzeitlichen Gesamtprophetie, ist klar, das
        JAHWE, sich am Ende der Endzeit, wieder den Juden zuwendet und sie heilt. Auszugsweise
        sei hier Sacharja 12 genannt.
        Römer 11;25
        25 Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt ist, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: Verstockung[18] ist Israel zum Teil widerfahren, bis die Vollzahl[19] der Nationen hineingekommen sein wird; 26 und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: »Es wird aus Zion der Retter kommen, er wird die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden;
        Luka 21:24
        Und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt werden unter alle Nationen; und Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.
        Am Ende der Endzeit, sieht JAHWE einen Staat Israel, also sehrwohl, als seinen Augapfel an.
        Wobei schon seit Jahrhunderten, ihre zitierte Bibelstelle richtig mit Augapfel Gottes übersetzt wird.

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        1. Die Übersetzer liegen alle falsch. Wir sollten GOTT nicht als Mensch mit menschlichen Organen vorstellen. Genau das verbietet uns SEIN WORT. Ihr sollt kein Bildnis herstellen und anbeten. GOTT ist Geist und für uns nicht greifbar. Es genügt doch, dass ER allwissend und allmächtig ist.

          0
  1. Gerade das ist ein ganz wichtiger Punkt, in dem sich die Hamas und somit auch der Iran total verrechnet haben. Dieser Geist des Zusammenstehens, diese Solidarität,christlicher Kibbuz versorgt Soldaten ,tausende
    internationale Helfer ströhmen nach Israel, usw.usw. Sieht man nicht schon Gottes Wirken ? Die Nation lebt auf, politische Gegner akzeptieren einander, Liebermann lobt Ben Gvier. Ja, der Löwe von Juda wird sich erheben.

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