Meinung

Bleibt Steffen Seibert Botschafter in Israel?

Was bedeutet die neue Bundesregierung für die deutsche Israelpolitik? Kann Botschafter Steffen Seibert, der langjährige Vertraute und Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel, sein Amt unter dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz behalten?
Von Israelnetz

Für Steffen Seibert, den deutschen Botschafter in Israel, sind diese Tage besondere Tage. Vor 60 Jahren haben Israel und die Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 1965 offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen.

Seit August 2022 vertritt Seibert, der bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von 2010 bis 2021 Regierungssprecher war, Deutschland in Israel. Mehr als einmal hat der ehemalige ZDF-Journalist („heute-journal“) wenig diplomatisch die Politik der Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu (Likud) öffentlich kritisiert. Als Seibert im September 2023 in Jerusalem an einer Verhandlung des Obersten Gerichts über die umstrittene Justizreform als Besucher teilgenommen hatte, eskalierte die Situation.

Beschwerde von Prosor abgelehnt

Israel wertete das Verhalten als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des jüdischen Staates und legte über Ron Prosor, Israels Botschafter in Berlin, beim Auswärtigen Amt Beschwerde gegen Seibert ein – ohne Erfolg. Aus dem Baerbock-Haus hieß es zur Verteidigung Seiberts: „Das Verfolgen relevanter politischer, auch innenpolitischer Entwicklungen im Gastland ist eine zentrale Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten.“ Der Besuch einer Sitzung des Obersten Gerichts sei „gängige Praxis“. Man kann nur darüber spekulieren, ob die grüne Außenministerin Annalena Baerbock von Seibert vor dessen Amtseinführung verlangte, die Netanjahu-Regierung öffentlich zu kritisieren.

An Weihnachten 2024 geriet der deutsche Botschafter erneut in den Fokus, weil er sich mutmaßliche Hamas-Propaganda zu eigen gemacht hatte. Auf der Social-Media-Plattform X schrieb Seibert: „Wenn Berichte über drei erfrorene Babys in Gaza uns nicht bewegen, dann verstehen wir nicht die Geburt in einer Krippe in Bethlehem oder das Licht Chanukkas.“ Seibert fügte in einem weiteren Post hinzu, er „glaube nicht, dass alle Ärzte im Gazastreifen lügen“. Das brachte ihm harsche Kritik des israelischen Außenministeriums ein.

Foto: Haim Zach/GPO
Seibert bezieht mitunter Position gegen Israel

Für viele Israel-Unterstützer und Jüdinnen und Juden in Deutschland ist Seibert ebenso ein rotes Tuch wie Christoph Heusgen, ebenfalls ein Merkel-Mann und von 2017 bis 2021 als Ständiger Vertreter Deutschlands bei den Vereinten Nationen maßgeblich für das anti-israelische Abstimmungsverhalten Deutschlands verantwortlich. Dafür landete Heusgen 2019 auf Rang sieben der Liste der „Zehn schlimmsten antisemitischen Vorfälle“ des Simon-Wiesenthal-Centers.

Verbleib im Amt eher unwahrscheinlich

Ob ein Botschafter, der das israelisch-deutsche Verhältnis wegen mehrerer Einlassungen belastet hat, sein Amt unter der neuen Bundesregierung behalten kann? Zwei Dinge sprechen dagegen. Seibert war über elf Jahre ein Getreuer Merkels, und Kanzler Friedrich Merz war stets ein Gegner Merkels.

Außerdem hat Merz erklärt, Israels Regierungschef Netanjahu möglichst bald zum Staatsbesuch nach Deutschland einladen zu wollen und Wege zu finden, den umstrittenen, politisch motivierten Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanjahu nicht umsetzen zu müssen. Merz sagte: „Ich halte es für eine ganz abwegige Vorstellung, dass ein israelischer Ministerpräsident die Bundesrepublik Deutschland nicht besuchen kann.“ Diese Haltung dürfte Seiberts offenkundiger Anti-Netanjahu-Position widersprechen.

Aus Seiberts Umfeld heißt es, dass er bis August 2026 im Amt bleiben wolle. Allerdings könnte sich die Personalie schon bald von selbst klären: Seibert wird – auch wenn man es ihm nicht ansieht – am 7. Juni 65 Jahre alt. Gesprächsgelegenheiten mit Kanzler Merz und dem neuen Außenminister Joachim Wadephul böten sich am 12. Mai anlässlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen in Berlin an. Seibert begleitet Israels Staatspräsidenten Jizchak Herzog persönlich nach Deutschland.

Von Carl Brunke, Tel Aviv

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8 Antworten

  1. Mir bleiben nur seine unglaublich verlogenen und dummdreist ausweichenden Antworten als Regierungsprecher im Gedächtnis. Seine eingebildeterweise diplomatische Kritik an Israel in seiner Diplomatenrolle ist nichts weiter als schnöder Antisemitismus. Möglicherweise strebt er auch ein Amt bei der UN an.

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  2. Schade, dass Wanderpolitiker Andreas Büttner von der CDU erst zur FDP und dann zu den Linken gewechselt hat. Er hat eine große Liebe zu Israel, ist sehr oft dort und hat eine vernünftige Einstellung. Ihn hätte ich mir auch als Botschafter vorstellen können. Steffen Seibert schien mir auch der richtige Mann. Durch kritische Äußerungen hat er sich bissle ins Abseits geschossen. Ihm sollte jemand folgen, der zu 100% hinter Israel steht.

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  3. Nun ja, Ex-ZDF-Moderator und Reg.Sprecher Seibert hat vielleicht ja einen guten Job (kann es nicht beurteilen) gemacht, aber er stammt ja nicht aus dem kompetenten diplomatischen Dienst (Auswärtiges Amt), sondern als „Seiteneinsteiger“ und kein „Karrierediplomat“ (für Tel Aviv, Vatikan, GK Danzig, Wien) waren politische Berufungen nichts Neues – z.B. Klaus Schütz oder SPD-Politiker Dreßler, eben wg. politischer Gewichtung) eben eine Besonderheit; außerdem sind Rotationen im diplomatischen Dienst eine ganz normale Sache und die Regel.

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  4. Für meine Begriffe ist Herr Seibert als Diplomat völlig ungeeignet. Als Botschafter in einem fremden Land sich so kritisch in die Angelegenheiten des Gastlandes einzumischen, geht gar nicht! Herr Seibert sollte sich zuerst einmal mit der Geschichte Israels beschäftigen. Und, außerdem die Lügenpropaganda der Hamas nicht ohne Prüfung in die Welt hinaus posaunen.

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  5. Wenn das so ist, wie Sie es schildern, dann ist Seibert als Botschafter in Israel nicht haltbar und es wäre gut, wenn ein anderer gesandt würde.

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  6. Ich bin und bleibe ein Freund Israels. SteffenSeibert ist ein mutiger, nonkonformistischer Mann, er hat jedenfalls Angela Baerbock überlebt.
    Wir haben schon genug „lèsche bottes“ (Stiefellecker) in den Regierungen in Washington und Jerusalem. Da tut es gut, wenn jemand Rückgrat zeigt, das dient letztlich beiden Völkern. Die Hamas muss die Geiseln freilassen, dann ist der Krieg in dieser Form beendet. Aber Hunger als Waffe einzusetzen ist inhuman, nicht zu tolerieren und schürt nur weltweit den Antisemitismus.

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