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Beck wirft israelischer Regierung „Anschlag auf Gewaltenteilung“ vor

Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft geht die israelische Regierung wegen der Justizreform scharf an. Dennoch müsse Deutschland am Dialog festhalten. Unterdessen halten die Proteste in Israel an.
Von Israelnetz
Volker Beck stellte eine Anfrage an die Bundesregierung zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland

KÖLN / TEL AVIV (inn/epd) – Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, hat die israelische Regierung unter Führung von Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) scharf kritisiert. Das Vorhaben, der Regierung durchgreifenden Einfluss auf die Richterbenennung am Obersten Gericht zu verschaffen, sei ein „gefährliches Projekt“, sagte Beck dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Mittwoch. Es handle sich um einen „Anschlag auf die Gewaltenteilung“.

„Politik braucht immer die Grenze des Rechts“, betonte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete, der sich nach eigenen Angaben eine Woche zu Konferenzen und politischen Gesprächen in Israel aufgehalten hatte. Diese Grenze würde durch die Pläne der Regierung Netanjahus ausgehebelt, „mit unabsehbaren politischen Folgen, auch für die Sicherheit israelischer Soldaten vor Strafverfolgung im Ausland“.

Beck: Kanäle offenhalten

Mit Blick auf den weiteren Ausbau jüdischer Siedlungen in den von Israel besetzten Palästinensergebieten warnte Beck vor Rechthaberei. Stattdessen sollte die deutsche Außenpolitik „mehr vom Ende her denken – gerade mit Blick auf die palästinensische Bevölkerung in den besetzten Gebieten, die zu ihrem Recht auf Wohlstand und gedeihliche Entwicklung kommen muss“. Neue israelische Siedlungen stünden dem entgegen, betonte der DIG-Präsident.

Er forderte die Bundesregierung auf, die Gesprächskanäle zu Jerusalem offenzuhalten. „Alle Überlegungen, den Dialog mit der israelischen Regierung auszusetzen, halte ich für falsch“, sagte Beck. Laut israelischen Medienberichten und der israelischen Botschaft in Deutschland wird Premier Netanjahu in der kommenden Woche für Gespräche in Berlin erwartet. Die Bundesregierung hat sich dazu bisher nicht geäußert und gibt Termine des Bundeskanzlers erst am Freitag der Vorwoche bekannt.

Neuer „Tag des Widerstands“

Unterdessen halten die Protestaktionen gegen die Justizreform in Israel an. Für Donnerstag riefen Regierungsgegner erneut zu einem „Tag des Widerstands gegen die Diktatur“ auf. Nach Polizeiangaben blockierten Demonstranten bereits am Vormittag mehrere Straßen. Die Polizei war erneut mit berittenen Einsatzkräften unterwegs. Verschiedentlich kam es zu Festnahmen.

Vor dem Hafen von Haifa störten Reservisten der Marine nach eigenen Angaben den Betrieb, um davor zu warnen, dass „der Staat Israel auf Grund läuft“. Vor dem Ben-Gurion-Flughafen Tel Aviv blockierten Autos den Verkehr, um „Bibi zu seiner Urlaubsreise nach Rom zu verabschieden“. Netanjahu fliegt am Mittag zu Regierungsgesprächen in die italienische Hauptstadt. Er wurde mit einem Hubschrauber zum Flughafen gebracht.

Suche nach Kompromiss hält an

Derweil ist weiter unklar, ob es zu einem Kompromiss zwischen Regierung und Opposition kommen könnte. Während Staatspräsident Jitzchak Herzog hinter den Kulissen an einer Einigung arbeitet, legte am Dienstag eine Gruppe Israelis aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, darunter der frühere Justizminister Daniel Friedmann, einen Vorschlag vor. Unter anderem würde demnach die Macht zur Ernennung von Richtern am Obersten Gericht nicht de facto allein bei Regierungsvertretern liegen.

Justizminister Jariv Levin (Likud) erklärte daraufhin, der Vorschlag gehe „in die richtige Richtung“. Vertreter der Opposition hingegen wiesen ihn zurück. Gideon Sa’ar (Nationale Einheitspartei), Levins Amtsvorgänger, erklärte, er könne kaum verstehen, warum einige dies einen Kompromiss nennen würden. Auch das liberale Israel Demokratie-Institut erklärte, der Vorschlag sei nur äußerlich moderater als der der Regierung.

Doch die Opposition befindet sich in der Defensive: Die Regierung ist auf ihre Zustimmung nicht angewiesen. Für nächste Woche sind mehrere Sitzungen des Justizausschuss angesetzt, um die Reform weiter voranzutreiben. Die Opposition verlangt, den Gesetzgebungsprozess sofort zu unterbrechen. Regierungsvertreter lehnen dies als Vorbedingung für Gespräche ab. (epd/ser)

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3 Antworten

  1. Es stellt sich mir immer wieder die Frage, warum müssen sich unbedingt deutsche Politiker in die Probleme anderer Staaten einmischen? Ganz besonders wenn es negativ um Israel geht. Erkennen sie nicht den Balken im eigenen deutschen Auge? Der ist inzwischen so dick und schmerzhaft, dass sie eigentlich laut schreien müssten!

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    1. Das frage ich mich auch schon Jahrelang, und das wahrscheinlich noch lange !!!

      1
  2. Die halbe Welt, darunter sehr gute Freunde, wenden sich gegen die demokratieabbauenden Pläne der Rechtsaussenregierung in Jerusalem.

    Aber der Vorsitzende der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Herr Beck, ein ausgeprägter Israelfreund, der darf das nicht?

    Merkwürdige Kommentare laufen hier ein… .

    5

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