Theologe Körtner: Weltkirchenrat durch Apartheid-Erklärung beschädigt

Ein evangelischer Theologe in Wien kritisiert den Weltkirchenrat wegen der Verurteilung Israels. Unter anderem bemängelt er, ein Bibelzitat sei aus dem Kontext gerissen.
Von epd

WIEN (epd) – Der Wiener Theologe Ulrich Körtner sieht den Weltkirchenrat durch seine jüngste Verurteilung der Politik Israels gegenüber den Palästinensern beschädigt. „Die Stellung als Brückenbauer in religiösen Dialogen und als politischer Akteur ist geschwächt“, sagte der im Juni emeritierte Ordinarius für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) habe mit seiner Apartheid-Erklärung viel Vertrauen verspielt. Er könne seiner Rolle als Versöhner zwischen Kirchen und Religionen kaum mehr gerecht werden.

Der Zentralausschuss des Weltkirchenrats hatte bei einer Tagung im südafrikanischen Johannesburg im Juni die Politik Israels gegenüber den Palästinensern verurteilt. Die Erklärung zu „Palästina und Israe“l fordert, die „Realität der Apartheid beim Namen“ zu nennen und Sanktionen gegen Israel zu verhängen. „Ich sehe diese Art von öffentlicher Theologie durch diese Stellungnahme nachhaltig desavouiert“, kritisierte Körtner.

Die Debatte werde von politischem Aktivismus bestimmt, zentrale Konfliktparteien wie die Hamas oder der Iran, welche die Vernichtung des Staates Israel anstreben, „werden mit keiner Silbe in diesem ganzen Papier erwähnt“, fügte Körtner hinzu. Die Forderung nach einem Rückkehrrecht für alle Palästinenser sei politisch zudem illusorisch und verhindere Lösungsansätze.

Er halte den Begriff „Apartheid“ für unangemessen. Dieser stamme aus dem südafrikanischen Kontext der Rassentrennung und sei für die Beschreibung des israelisch-palästinensischen-Konflikts ungeeignet. Er spalte mehr, als er verbinde. Für den ÖRK sei diese Positionierung ein Rückschritt: „Er agiert inzwischen wie eine politische NGO“ und entferne sich von seiner eigentlichen Berufung.

Kritik: Bibelzitat aus Kontext gerissen

Als „skandalös“ bewertet Körtner, dass ein Zitat des Propheten Amos aus dem hebräischen Teil der Bibel (5,24) der „Israel-Palästina-Erklärung“ des ÖRK vorangestellt wird. Das berühmte Amos-Zitat werde in der Erklärung isoliert verwendet, ohne den biblischen Kontext zu berücksichtigen: „Im Amos-Zitat steht das Gericht Gottes über ganz Israel im Fokus – das kann missverständlich sein, insbesondere wenn man palästinensische Befreiungstheologie mit einbezieht, die schon lange den Begriff Apartheid gegen Israel nutzt. Damit wird auch das Existenzrecht Israels unterschwellig infrage gestellt.“

Körtner kritisierte daher Aussagen, die Erklärung habe nichts mit Antisemitismus zu tun. In der Erklärung fehle insgesamt eine überzeugende biblisch-theologische Grundlage.

Er beobachte insgesamt einen Bedeutungsverlust des Weltkirchenrats, sagte Körtner. Während der ÖRK in den 70er und 80er Jahren wichtige Impulse für gesellschaftlichen Wandel – etwa gegen die Apartheid in Südafrika – gesetzt habe, verliere er heute an Relevanz. Der ÖRK sollte sich seiner eigentlichen Aufgabe besinnen: Brücken zu bauen, statt einseitig Partei zu ergreifen. Die Stellungnahme sei ein Fehler gewesen, bilanzierte Körtner. Es fehle bislang das Eingeständnis dieser Fehlentscheidung durch die Verantwortlichen. Nur so könnte Vertrauen zumindest teilweise wiederhergestellt werden.

Bayerischer Bischof: Erklärung führte zu Schaden

Der bayerische Landesbischof Christian Kopp wiederholte seine Kritik an der Erklärung in einem Glückwunschschreiben an die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Die 92-Jährige ist seit 40 Jahren im Amt. Das wurde am Dienstag in München gefeiert.

Kopp betonte, die Erklärung habe zu Schaden geführt, für Menschen jüdischen Glaubens und für das jüdisch-christliche Gespräch, auch in Bayern. Die Verwendung des „Apartheid“-Begriffes halte er hier für „falsch und schädlich“. Die Landeskirche wolle alles dafür tun, um zu versöhnenden Schritten beizutragen.

Der Ökumenische Rat der Kirchen umfasst derzeit 356 Mitgliedskirchen mit weltweit mehr als 580 Millionen Christen. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied, arbeitet mit dem Weltkirchenrat aber zusammen.

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22 Antworten

  1. „Die Stellung als Brückenbauer in religiösen Dialogen und als politischer Akteur ist geschwächt“ meint Theologe Körtner. In der Bibel finden wir keine Passage zu Brückenbauern in religiösen Dialogen. Es gibt einen Gott, der Herr der Herren, und dieser Gott hat einen Sohn, der zur Rettung aller Menschen (Juden und Heiden) in die Welt gesandt wurde. Es gibt nur eine Wahrheit, nicht jede Religion hat ein bisschen Wahrheit. Jesus sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!
    Der einzige Brückenbauer zu Gott – das ist – der Messias, der Sohn Gottes. Danke Jesus
    Lieber Gruß Martin

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  2. Wie schon im vorangegangenen Artikel über den WKR kann ich auch in diesem langen Text kein einziges Argument finden, warum es sich NICHT um Apartheid handeln sollte.

    Gibt es Apartheid in der WjL? Der WKR sagt aufgrund von Beweisen ja, Herr Körner sagt nein, mit der Begründung Hamas-Iran oder der Bibel.
    Sehr interessante Argumente.

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    1. @Ludovico
      Wo Herr Körtner Recht hat,hat er Recht!!! Oder können Sie das widerlegen? Das aus der Bibel und Hamas-Iran? Die wollen nur Gutes?

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    2. Immerhin, Ludovico, ist es schon ein Fortschritt daß Ihr Vorwurf der Apartheid sich schon nicht mehr über ganz Israel erstreckt, sondern auf das WJL beschränkt.
      In diesem Falle gebe ich Ihnen sogar teilweise Recht, Apartheid wird sowohl von Seiten der Autonomiebehörde als auch von Seiten der Meschuggim, der illegalen Siedlerbanden ausgeübt, vor allem gegen die kleinen religiösen Minderheiten.
      Dieser Punkt ist aber auch der einzige, in dem
      ich mit Ihnen konform gehe………………SHALOM

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    3. Es ist Realitätsverweigerung, was Sie hier schreiben und wie Sie – und eben viele andere wie hier der Weltkirchenrat – hier Ursache und Wirkung = Täter und Opfer vertauschen. NICHT Israel hat diesen Krieg begonnen. Der IRAN hat diesen am 07.10.23 via seinem perversen „Feuerring“ (in bestialischer nicht möglicher Weise) angefangen. NICHT Israel hat die ersten Raketen auf den Iran gefeuert. Der IRAN hat die Raketensalven zuerst auf Israel gefeuert – April/Oktober 2024. NICHT Israel betreibt den Genozid am Iran oder den Arabern. Der IRAN betreibt – seit Jahrzehnten, ganz offen propagiert für jeden sichtbar – den Genozid an den Juden. Israel zielt auf militärisch relevante Ziele und NICHT auf Zivilisten und begeht somit NICHT Völkermord – DAS tun seine Gegner, der IRAN und seine Terrorhelfer vom Schlage Hamas, Hisbullah, Huthi, die gezielt auf Zivilisten und zivile Einrichtungen schießen und sich hinter diesen verstecken – um möglichst viele Opfer medienwirksam „vermarkten“ zu können, was sie selbst auch so sagen. NICHT EINEN der Kriege, die Israel während seiner gesamten Existenz führen musste, um nicht in einem zweiten Holokaust vom Erdboden getilgt zu werden (was seine Gegner ja stets ganz offen propagiert hatten und immer nich tun) hat Israel angefangen. IMMER waren das Israels arabische Nachbarländer und – zuletzt – der Iran. Aber klar… Israel ist der Böse und will sowieso nur Chaos verbreiten, die Palis ausrotten, Bürgerkriege anzetteln und die Region destabilisieren… Nein… das ist historisch nachweisbar absurd.

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      1. Herzliches DANKE @Wofi für die klaren und wahrheitsgemäßen Worte!
        Den – wie Pilzen aus dem Boden schießenden Antisemiten – muss Realität und Wahrheit stetig vor Augen und Ohren gehalten werden. Das ist so mühsam wie notwendig.

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    4. @Ludovico
      Zu einem anderen Artikel habe ich ausführlich zu Ihrem Post Stellung bezogen, warum es niemals Apartheid sein kann. Auch wenn Sie immer wieder behaupten, dass es Beweise gäbe.

      Wenn Sie kommen, Nebelbomben werfen, und dann auf Fragen und Kommentare nicht reagieren, ist das für die Erörterung eines Themas nicht zuträglich.

      Ich gehe inzwischen davon aus, dass Ihre Meinung festgelegt ist, egal wie es tatsächlich und juristisch(!) ist. Schade.

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    5. @Ludovico, vermutlich haben Sie auch meine letzte, späte Antwort auf Ihren Kommentar bezüglich WKR nicht gelesen. Sie sprechen dort von „Apartheitsmauer“. Diese Mauer wurde zum Schutz gegen Morde errichtet – und erfüllt auch heute noch diesen Zweck. Auch mit den Checkpoints verhält es sich so. Und was Ihre Kritik bezüglich militärischem Recht für Palästinenser betrifft, hat auch jemand dort treffend geantwortet … Können Sie das geschichtlich widerlegen?

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  3. Uff, es gibt also noch Kirchenmänner und Theologen, die des kritischen Denkens fähig sind. Der Mann hat Recht. Die aus dem Kontext gerissenen Zornesreden mancher Propheten des Alten Bundes, die ihren Landsleuten und vor allem der Elite gerne kräftig den Kopf gewaschen haben, wurden immer schon gerne von Antisemiten missbraucht. Ein (katholisches) Lob dem bayerischen Landesbischof, dessen klare Ansage eine Freude ist nach dem Gbrabbel von Bedford-Strohm.

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  4. Die israelische Friedensbewegung spricht selbst von Apartheitspolitik, die die israelische Regierung zunehmend betreibt.

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    1. Sie meinen sicher Gideon Levy und Amira Hass (sie heisst wirklich so, nomen est omen) und die drei verbliebenen Leser von Ha’aretz ?

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    2. Und wenn die es sagt, dann muss es ja stimmen.

      Heute früh im ntv Frühstart war der Grünenvorsitzende Felix Banaszek da. Und bezeichnete die CDU-Abgeordneten, die nicht für die vorgeschlagene Richterin stimmen wollten, als rechten Mob.

      Wenn man sein demokratisches Recht ausübt und das macht, was lt. Grundgesetz ihre Pflicht ist, wird man als rechter Mob beschimpft? Wie stehen Sie dazu? Und dann denken Sie mal drüber nach, ob die israel. Friedenbewegung die heilige Kuh für Sie ist.

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    3. @ Pasu
      Wäre mal interessant zu wissen, wie sich die von Ihnen zitierte „israelische Friedensbewegung“ zusammensetzt und inwieweit die Proteste gegen die Politik Netanjahus oder den Gazakrieg von der Mehrheit der israelischen Gesellschaft getragen wird.
      Wenn auf unseren Bildschirmen die Bilder von den Demos in Israel flimmern und man den Berichten dazu lauscht ( insbesondere bei ARD und ZDF) ist man schnell beeindruckt von der großen Zahl der Teilnehmer.
      Allerdings ist zu bedenken, dass in Israel etwa 10 Mio Menschen leben, davon etwa 2 Mio arabischer Herkunft. Geht man allein von diesen Zahlen aus, sind Protestkundgebungen selbst von ca. 100 000 nicht repräsentativ für das Meinungsbild dieser Gesellschaft.
      Genauso gut könnte bspw. ein Franzose glauben, wenn er die Berichterstattung über unsere Pro-Palästina-Demos im Fernsehen sieht ( und dann noch den woken Umgang unserer Gerichte mit ihrer freigiebigen Genehmigungspraxis dieser Demos verfolgt), die ganze Bundesrepublik bestünde aus Israel-Hassern.
      Und das ist natürlich nicht so, wenigstens noch nicht.

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    4. Wer von Apartheitspolitik spricht oder womöglich hetzt, sollte Belege für Apartheitspolitik nennen.
      In Israel leben Minderheiten mit den gleichen Rechten wie Juden.
      Dass es kein Recht auf Terror gibt und Israel in der Pflicht steht, seine Bürger vor Terror zu schützen, sind zwei Tatsachen, die keiner Diskussion bedürfen.
      Notwendige Prävention vor Terror als „Apartheitspolitik“ zu diffamieren, sind Wegbiegungen auf antisemitische Pfade.

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  5. Wir brauchen KEINEN Weltkirchenrat. Und im Übrigen widerspricht dieser Weltkirchenrat dem Anliegen von Jesus, man solle die Schäfe von den Böcken unterscheiden. Jesus hat die falschen Christen prophezeit in „Vom Kommen Christi“ und Unzähliges mehr, es ist für mich nicht hinnehmbar, dass ein Weltkirchenrat überhaupt exisitiert, Israel feindlich ist und gleichfalls unter Teilnahme der Russisch Orthodoxen Kirche, die ich genauso verdamme wie die meisten in der Ukraine.

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  6. Da ist ja mal ein guter Mann in der kirchlichen Riege.
    Auf solche Theologen sollte mehr gehört werden.
    Ansonsten schafft die Kirche sich selbst ab,
    mit dem politisch, sozialen und queeren Engagement. In der Schule würde man sagen: Thema verfehlt!

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  7. Gericht über Israel. Gericht über die Welt.
    Theologie?
    Wenn Wissenschaft Gott beweisen, oder eben widerlegen will.
    Der oberste Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen ist Jesus ❤️!

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