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Knessetsprecher Edelstein wirft das Handtuch

Eine Abstimmung über sein Amt will der Knessetvorsitzende Edelstein nicht ansetzen. Lieber tritt er zurück – und wirft dem Obersten Gericht unzulässige Einmischung in Parlamentsangelegenheiten vor.
Kehrt dem Parlamentsvorsitz den Rücken zu: Juli Edelstein

JERUSALEM (inn) – Knessetsprecher Juli Edelstein hat am Mittwoch seinen Rücktritt erklärt. Damit reagierte er auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Dieser hatte am Montag verfügt, dass das israelische Parlament bis Mittwoch einen neuen Sprecher wählen müsse. Damit war der Likud-Politiker nicht einverstanden und betonte, er werde das Ultimatum nicht akzeptieren. Zuvor hatte er die Aktivitäten der Knesset ausgesetzt, um schneller eine Einheitsregierung zu erlangen, was die Richter kritisierten.

In seiner Rücktrittserklärung sparte Edelstein nicht mit Kritik am Gericht: Die Entscheidung habe keine Rechtsgrundlage, sie basiere vielmehr „auf einseitiger und extremistischer Auslegung“ und widerspreche den Satzungen der Knesset. Sie stelle „eine grobe und überhebliche Einmischung der Judikative in die Angelegenheiten der gewählten Legislative“ dar. Zudem verletze sie in beispielloser Weise die Souveränität des Volkes und der Knesset, sie untergrabe die Grundlagen der israelischen Demokratie.

Edelstein ging auch auf die Zeit ein, die er in der Sowjetunion im Gefängnis verbrachte: „Als einer, der für das Recht, als Bürger im Staat Israel zu leben, einen hohen persönlichen Preis von Jahren der Haft und Zwangsarbeit gezahlt hat, muss ich nicht erklären, wie sehr ich den Staat Israel und das Volk Israel liebe“, schrieb er. „Und deshalb, als Demokrat, als zionistischer Jude, als einer, der gegen finstere Regime gekämpft hat, als Vorsitzender dieses Hauses – werde ich nicht zulassen, dass Israel der Anarchie hingegeben wird. Ich werde mich nicht an einem Bürgerkrieg beteiligen!“

Vergleich mit Begin

Dabei verglich sich der Politiker mit einem früheren Untergrundkämpfer und späteren israelischen Premierminister: „Ich werde im Geiste von Menachem Begin handeln, der im Juni 1948, in den Tagen von Altalena, einen Bürgerkrieg verhindert hat.“ Das Schiff „Altalena“ hatte damals Waffen für die Organisation „Irgun“ nach Israel gebracht, die Begin anführte. Zu dieser Zeit hatte er dem Aufruf von Regierungschef David Ben-Gurion, alle militärischen Gruppen außer der Armee aufzulösen, bereits zugestimmt. Da die Lieferung dieser Abmachung widersprach, wurde das Schiff von der Armee letztlich beschossen und geriet in Brand.

Edelstein betonte, dass Israel in den Tagen der Corona-Epidemie Einheit und damit eine Einheitsregierung aus Likud und Blau-Weiß benötige. Er fügte an: „Deshalb, für den Staat Israel und um den Staatsgeist in Israel zu erneuern – trete ich hiermit von meinem Amt als Vorsitzender der Knesset zurück.“ Die Erklärung endet mit den Worten: „Lasst uns beten, und auch handeln, für bessere Tage.“

Edelstein bleibt beharrlich

Nach der Rücktrittsankündigung wandte sich der Rechtsberater der Knesset, Ejal Jinon, an Edelstein: Dieser müsse die Abstimmung nichtsdestotrotz abhalten. Andernfalls verstoße er gegen den Gerichtsentscheid. Kurz darauf informierte Jinon das Gericht darüber, dass der Knessetsprecher die Abstimmung weiterhin verweigere. Der Rücktritt wird erst nach 48 Stunden gültig, bis dahin hat Edelstein das Amt noch inne.

Dem Fernsehsender „Kanal 13“ zufolge sagte der Knessetsprecher Verbündeten, das Plenum sei und bleibe aufgeschoben. „Das Oberste Gericht kann keine Richter schicken, um die Vollversammlung zu eröffnen. Ich hoffe, sie werden sich nicht in solch einer äußerst verantwortungslosen und unstaatsmännischen Weise verhalten.“

Am Montag hatte der Likud eine Knessetsitzung boykottiert, in der Blau-Weiß Sonderausschüsse bildete. Der Chef der Oppositionspartei, Benny Gantz, sagte, die Knesset gehöre Israels Bürgern. Ihre öffentlich gewählten Vertreter würden sich an die israelischen Gesetze und an richterliche Anordnungen halten. „Niemand steht über dem Gesetz.“ Sein Parteigenosse Jair Lapid warf die Frage in den Raum, wo die „anständigen Mitglieder des rechten Lagers“ seien.

Es war das erste Mal seit der Staatsgründung, dass ein Knessetvorsitzender zurücktrat. Edelstein hatte das Amt im März 2013 angetreten. Sein Vorgänger war der heutige Staatspräsident Reuven Rivlin.

Von: eh

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