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Anschlag auf Synagoge: Minister sieht Zusammenhang mit deutscher UN-Politik

Nach Sonnenuntergang melden sich Israels Politiker zu den Ereignissen in Halle zu Wort. Sie sehen den Anschlag als Ausdruck eines wachsenden Antisemitismus. Der Sicherheitsminister spricht von einem „Armutszeugnis für die Bundesregierung“.
Will den Anschlag in Halle nicht getrennt vom deutschen UN-Abstimmungsverhalten betrachten: Sicherheitsminister Gilad Erdan

JERUSALEM / HALLE (inn) – Es war kurz vor sieben Uhr abends Ortszeit, als Israels Nachrichtenseiten ihre Arbeit wieder aufnahmen und die Schreckensnachrichten aus Halle (Saale) über die Ticker des Landes liefen. Anlässlich von Jom Kippur, des höchsten jüdischen Feiertages, hatten die Seiten, ebenso wie Fernseh- und Nachrichtensender ihre Berichterstattung für einen Tag eingestellt. In diese Zeit fiel der versuchte Anschlag auf eine Synagoge im Paulusviertel in Halle. Daher hörten viele Israelis erst mit einigen Stunden Verzögerung von den Ereignissen.

Ein 27-jähriger Deutscher hatte versucht, in eine Synagoge einzudringen, scheiterte jedoch an der Tür des Gebäudes. Daraufhin erschoss er in der Nähe zwei Menschen. Der mutmaßliche Täter wurde später festgenommen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach am Donnerstag von einem „rechtsextremistischen Terroranschlag“ mit antisemitischen Motiven. Generalbundesanwalt Peter Frank nutzte ebenfalls das Wort „Terror“. Nach seinen Angaben konnten im Auto des Mannes vier Kilogramm Sprengstoff sichergestellt werden.

Wegen Jom Kippur warteten Israels Politiker am Mittwoch mit ihren Stellungnahmen bis zum Sonnenuntergang. Der Anschlag sei Ausdruck eines wachsenden Antisemitismus in Europa, lautet dann der übereinstimmende Tenor. Zahlreiche Politiker, darunter Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud), appellierten an die deutschen Verantwortlichen, entschieden gegen Antisemitismus vorzugehen – mit der „vollen Härte des Gesetzes“, wie es Staatspräsident Reuven Rivlin via Twitter formulierte. Antisemitismus sei nicht bloß ein Problem für die Juden, „sondern er droht uns alle zu zerstören“, sagte der Präsident weiter.

„Antisemitismus bedroht die ganze Welt“

Explizite Kritik an der Bundesregierung übte Israels Sicherheitsminister Gilad Erdan (Likud). Diese habe eine „direkte Verantwortung“ für das, was auf ihrem Staatsgebiet passiere, zitiert ihn die Tageszeitung „Ma’ariv“ unter Berufung auf ein Radiointerview. Der Anschlag sei „ein Armutszeugnis“ für die Regierung. Der Minister kam in diesem Zusammenhang auch auf das deutsche Abstimmungsverhalten bei den UN zu sprechen: „Ich sehe den Anschlag nicht ohne Zusammenhang zu den Verurteilungen gegen den Staat Israel bei Einrichtungen der Vereinten Nationen, an denen sich die deutsche Regierung beteiligt.“ Der neue Antizionismus sei antisemitisch.

Außenminister Israel Katz (Likud) wandte sich in einem auch auf Deutsch veröffentlichten Tweet direkt an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD): Deutschland müsse Antisemitismus „effektiver“ bekämpfen, schrieb der Minister. Israels UN-Botschafter Danny Danon rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, dem Antisemitismus „den Krieg zu erklären“. „Die Plage des Antisemitismus grassiert in Europa, bedroht aber die ganze Welt“, erklärte Danon laut des Nachrichtenportals „Arutz Scheva“.

Minister betonen Verbindung zu Diaspora-Juden

Zudem betonten mehrere Minister die Verbindung zwischen den Juden Israels und denen in anderen Ländern. Bildungsminister Rafi Peretz (Jüdisches Haus) bekräftigte, dass Israel „für immer als Schild für das jüdische Volk in Israel und der Diaspora stehen“ werde. Immigrationsminister Joav Galant (Likud) rief angesichts der Tat alle Juden Europas auf, „die zionistische Vision“ zu erfüllen und nach Israel zu immigrieren.

Auch Blau-Weiß-Chef Benny Gantz meldete sich zu Wort. Der Anschlag verdeutliche die Notwendigkeit, Antisemitismus zu bekämpfen – „anti-jüdische genauso wie anti-zionistische Bewegungen“, erklärte der bisherige Oppositionsführer bei Twitter. Der Anführer der arabischen „Vereinigten Liste“, Ajman Odeh, kam indes auf den rechtsextremen Hintergrund des Täters zu sprechen. Die extreme Rechte stehe in Deutschland wieder auf, sagte Odeh. Antisemitismus und Islamophobie seien „eng miteinander verbunden“. „Alle, die an Demokratie glauben, mit allen religiösen Hintergründen, müssen sich zusammenschließen, um die abscheulichen Neo-Nazis zurück in die Geschichtsbücher zu schicken“, erklärte der israelische Araber.

Fröhliche Bilder verbreitete unterdessen Antonia Yamin, Europakorrespondentin des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders „Kan“. Bei Twitter lud sie ein Video hoch, das mehrere Teilnehmer des Gottesdienstes in Halle einige Stunden nach der Tat zeigt. Die Juden singen und tanzen. Am Ende sagt die Reporterin in die Kamera: „Am Israel chai“ – das Volk Israel lebt!

Von: ser

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