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Olmert: „Israelische Regierung will keinen Frieden“

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz greift der einstige israelische Premier Olmert die aktuelle Regierung an. Und er zieht einen alten Friedensplan aus der Tasche.
Von Israelnetz

MÜNCHEN (inn) – Die neue israelische Regierung tut nichts, um ein Momentum für Verhandlungen mit den Palästinensern zu schaffen. Diesen Vorwurf äußerte der frühere Premierminister Ehud Olmert am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Der ehemalige Likud-Politiker war von 2006 bis 2009 als Vorsitzender der Kadima-Partei israelischer Regierungschef.

Die Diskussionsrunde während der Konferenz trug den Titel: „Schlaglicht: Israel, Palästina und der Nahe Osten“. Zunächst saß Olmert allein mit Moderatorin Anja Wehler-Schöck vom „Tagesspiegel“ auf dem Podium. Der stellvertretende Konferenzleiter Boris Ruge begründete dies auf Anfrage eines Redakteurs der „New York Times“ damit, dass die anderen Diskussionsteilnehmer amtierende Politiker seien. Zum Abschluss merkte er zudem an, die Organisatoren hätten eine offizielle Einladung an einen israelischen Politiker ausgesprochen, die jedoch nicht angenommen worden sei. Deshalb hätten sie sich für den ehemaligen Premier entschieden.

Olmert stellte klar, dass er die geplante Justizreform ablehne und mit Hunderttausenden Israelis dagegen agiere. Denn Israel sei vor 75 Jahren als demokratisches Land gegründet worden. Diese Demokratie befinde sich nun in Gefahr. Die Reform rühre an den Fundamenten des Staates Israel.

Deshalb sei er nach München gekommen. Die internationale Gemeinschaft solle eine andere Stimme aus Israel hören. Wegen der „Hetze“ der ultra-nationalen Elemente in der Regierung sei mit Krieg und viel Blutvergießen zu rechnen. „Eine Regierung, die Araber vertreiben will, will keinen Frieden“, sagte Olmert. Dasselbe gelte für eine Regierung, die neue Siedlungswohneinheiten im Westjordanland genehmige.

Vergebliche Suche nach palästinensischen Partnern

Desgleichen schilderte der ehemalige Regierungschef seine Suche nach „Partnern auf der palästinensischen Seite, die Mut und Kraft haben“. Das würde sich dann äußern, indem sie aufstünden und sagten: „Mit dieser israelischen Regierung können wir nicht verhandeln, weil sie es nicht will. Aber wir wollen Frieden.“ Bislang habe er noch keinen geeigneten Palästinenser gefunden.

Olmert nutzte das Forum, um an sein Friedensangebot vom September 2008 zu erinnern. Er habe 36 lange Treffen mit dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas (Fatah), gehabt. Die Palästinenser hätten einen Staat in den „Linien von 1967“ – den Waffenstillstandslinien von 1949 – gründen können. Dabei hätte Israel etwa 5 Prozent des Gebietes annektiert und eine vergleichbare Fläche an die PA übergeben.

Weiterhin wäre der „arabische Teil der Stadt Jerusalem“ Hauptstadt des palästinensischen Staates gewesen und der „jüdische Teil“ wie von Anfang an Hauptstadt Israels. Die Kontrolle über den Tempelberg hätte eine Stiftung des UN-Sicherheitsrates mit Vertretern aus Saudi-Arabien, Jordanien, dem dann gegründeten Staat Palästina, Israel und den USA erhalten. Drei religiöse Räte wären zuständig gewesen: ein muslimischer, ein jüdischer und ein christlicher. In dem Zusammenhang wies der ehemalige Regierungschef darauf hin, dass Jerusalem auch ein wichtiger Ort für Christen ist.

Zur Lösung der Flüchtlingsfrage hätte eine begrenzte Zahl Palästinenser, die den jüdischen Charakter des Staates Israel nicht gefährden, dorthin zurückkehren können. Andere Araber, die entwurzelt worden seien, aber auch geflüchtete Juden aus arabischen Ländern hätten eine Entschädigung erhalten. Das alles habe er als Premierminister offiziell der PA-Chef vorgeschlagen. Abbas habe zu dem Angebot weder „Ja“ noch „Nein“ gesagt. „Niemand kann sagen, dass Israel nicht bereit für Kompromisse war.“ Andere Grenzen für eine „Zwei-Staaten-Lösung“ seien nicht möglich.

Diskussionsrunde: Kritik an israelischer Siedlungspolitik

Auf dem Podium nahmen nun vier Politiker Platz, während Olmert zum Publikum stieß. Die norwegische Außenministerin Anniken Huitfeldt (Norwegische Arbeiterpartei) forderte eine gemeinsame Botschaft an Israel und an die PA. Die Palästinenser hätten seit 17 Jahren keine Wahlen. Israel verstoße mit seinen Plänen für den Siedlungsausbau gegen internationales Recht.

Der jordanische Außenminister Ajman Hussein Abdullah al-Safadi (parteilos) betonte, sein Land habe sich in den vergangenen Jahren permanent um eine Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt bemüht. Israel schaffe Fakten vor Ort, die eine „Zwei-Staaten-Lösung“ unmöglich machten. Ein Staat sei keine Lösung, die „Apartheid“ werde tiefere Wurzeln schlagen.

Die stellvertretende palästinensische Außenministerin Amal Dschadu (Fatah) sagte, es sei kein religiöser, sondern ein politischer Konflikt. Sie forderte ein „Ende der israelischen Besatzung unseres Landes“. Palästinenser wollten leben wie andere Menschen in aller Welt. Für Verhandlungen gebe es in Israel keinen Partner.

Für 2021 seien Wahlen angesetzt gewesen, das hätten die Bürger gewollt. Doch dann habe Israel den Palästinensern in Ostjerusalem das Recht verweigert, sich daran zu beteiligen. Das sei 2006 noch anders gewesen. Da in Südafrika die Apartheid Geschichte ist, rechnete sie damit, dass auch das „Apartheid-Regime in Palästina“ nicht überdauern werde.

Bahrainischer Untersekretär: Unterstützung für Palästinenser geht weiter

Der vierte Diskussionsteilnehmer hat bei der Ausarbeitung der Abraham-Abkommen zwischen Israel und arabischen Staaten mitgewirkt: Der bahrainische Untersekretär für politische Angelegenheiten, Abdullah Bin Ahmed al-Chalifa. Er sagte, die Zusammenarbeit mit Israel auf vielen Ebenen sei ermutigend. Sie bedeute aber nicht, dass Bahrain die Palästinenser im Stich lasse. Der Golfstaat werde alles tun, um die Palästinenser zu unterstützen, damit sie ihren eigenen Staat erreichten mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Nur Frieden könne weitere Länder dazu ermutigen, sich den Abraham-Abkommen anzuschließen.

Dschadu wiederum sagte, die „Zwei-Staaten-Lösung“ sei keine palästinensische Erfindung, sondern eine europäische. Die Frage sei: „Ist die Regierung in Israel bereit für Verhandlungen?“ Angesichts radikaler Politiker wie Itamar Ben-Gvir (Otzma Jehudit) und Bezalel Smotritsch (Religiöser Zionismus) könne sie sich das nicht vorstellen. Sie wollten die Palästinenser gern woanders sehen. Doch sie selbst sei „in Palästina“ geboren und wolle in keinem anderen Land leben. „Die Israelis bewegen uns in Richtung einer Apartheid, in der wir nicht leben wollen.“ Sie prangerte außergerichtliche Tötungen, erniedrigende Kontrollen an Checkpoints und die Wegnahme von Land an.

Aus dem Publikum: Olmert kritisiert palästinensische Selbstdarstellung als Opfer

Olmert, der nun im Publikum saß, beteiligte sich dennoch an der Diskussion. Die Palästinenser seien „so verliebt in den Wunsch, sich als Opfer darzustellen, dass sie nicht in der Lage sind, sich auf etwas Konkretes einzulassen, was auf dem Tisch liegt“. Es gehe nicht um eine Debatte, sondern um eine Lösung. Israel sei seit 15 Jahren nicht mehr im Gazastreifen. Doch das Gebiet werde kontrolliert von Terrorgruppen. Er bedaure, dass der Islamische Dschihad und die Hamas in der Podiumsdiskussion nicht erwähnt würden.

Er habe zuerst seine eigene Regierung kritisiert, ergänzte Olmert – was kein Palästinenser in einem solchen Forum wagen würde. Er fragte: „Sind die Palästinenser bereit, die Bitterkeit und den Frust, auf die sie ein Recht haben, aufzugeben?“

Al-Safadi widersprach: Die Palästinenser „sind seit Jahrzehnten Opfer der Besatzung“. Auf die jordanische Besatzung bis 1967 ging er nicht konkret ein. Aber die Palästinenser seien jetzt bereit für den Verhandlungstisch. Die Fragen lauteten „Wo sind wir jetzt?“ und „Wo wollen wir hin?“ Die zweite Antwort heiße: „zu einer Zwei-Staaten-Lösung“.

Die norwegische Außenministerin Huitfeldt kritisierte nun auch den Bruch zwischen den palästinensischen Fraktionen als Hindernis für Frieden. Palästinensische Führer sollten sich dafür einsetzen, die Spaltung zu überwinden.

Zuschauerin: Terror muss thematisiert werden

Im Publikum meldete sich die deutsch-israelische Kommunikationsberaterin Melody Sucharewicz zu Wort. Sie vermisste in der Diskussion jeden Hinweis auf die Selbstverteidigung des Staates Israel gegen palästinensischen Terror. Der Rückzug aus dem Gazastreifen von 2005 habe gezeigt, dass Siedlungen widerrufbar sein – aber der Verlust von Leben sei es nicht. Als aktuelles Beispiel brachte sie den Tod eines sechsjährigen Jungen bei einem Auto-Anschlag in Jerusalem. Zudem forderte sie ein Vorgehen gegen Hetze in palästinensischen Schulbüchern.

Dschadu widersprach: Lehrbücher seien nicht der Schlüssel. Palästinenser bräuchten vielmehr einen Horizont.

Verteidigungsminister Gallant warnt vor Iran

Bereits am Freitag hatte Israels Verteidigungsminister Joav Gallant (Likud) an einer Gesprächsrunde auf dem Münchner Kongress teilgenommen. Sie war vom Institut der Abraham-Abkommen und der Konferenz Europäischer Rabbiner organisiert. Auf dem Podium saßen ferner die emiratische Klima- und Umweltministerin Mariam Bint Mohammed Said Almheiri und der bahrainische Untersekretär Al-Chalifa.

Gallant warnte laut Mitteilung des israelischen Regierungsamtes vor dem Iran. Dieser sei kein „regionaler Lieferant“ von Waffen mehr, sondern weltweiter Exporteur: „Der Iran ist gerade mit nicht weniger als 50 verschiedenen Ländern im Gespräch über den Verkauf fortschrittlicher Waffen, darunter Drohnen und präzisionsgelenkte Munition.“ Der Verteidigungsminister fügte hinzu: „All das geschieht, während das Raketenembargo gegen den Iran noch in Kraft. ist.“ Es werde dieses Jahr auslaufen, die internationale Gemeinschaft müsse handeln. (eh)

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9 Antworten

  1. Die totale Uneinigkeit IM Land Israel wird auf diese Weise ein weiteres Mal ins Ausland transportiert…wen wundert es da, wenn schon ein ehemaliger Politiker nichts Besseres zu tun weiß, dass so viele Leute auf der Straße demonstrieren. Nichts Neues unter der Sonne, schon im AT/Tanach gab es Brüder gegen Brüder mit teilweise verhängnisvollen Folgen.

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  2. Bei dieser Diskussion handelt es sich um politisches Geschwafel. Es wird nie eine zwei Staatenlösung geben. Das Problem der Palestinenser ist ein künstliches Gebilde, Jerusalem ist die Hauptstadt Israels und wird nicht geteilt bleiben. Die verantwortlichen Politiker streben nach einer Lösung, die es nie geben wird. Und das politische Abdriften der israelischen Regierung nach rechts durch den Druck der Ultraorthodoxen wird Öl ins Feuer gießen und sich hoffentlich nicht zu einem Flächenbrand entwickeln. Woher ich das weiß? Lesen Sie doch einfach die Bibel. Sie lässt keinen dumm sterben!

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  3. Vor über 20 Jahren hat Arafat zweimal ein israelisches Friedensangebot ausgeschlagen. Das (zweite) damalige Friedensangebot von Barak entspricht etwa dem vorstehend von Olmert dargelegten Plan – den Abbas aber leider auch nicht angenommen hat. Warum Arafat und Abbas diese Angebote nicht annehmen, haben sie leider nie gesagt. Es herrscht diesbezüglich Rätselraten in der international political science community, und auf Seiten der US-amerikanischen Vermittler herrschte Frustration bis hin zu Präsident Clintons Tobsuchtsanfall. Klar ist nur, dass es ein besseres Angebot wie das von Barak/Olmert NIE geben wird. Letztlich ist die Nicht-Annahme durch Arafat und Abbas völlig irrational, da die Palästinenser deshalb der israelischen Staatsmacht unterstellt sind. Hätte es nicht im Interesse auch von Arafat und Abbas liegen MÜSSEN, das Los der Palästinenser politisch und wirtschaftlich zu verbessern?! Oder ist die Selbstbereicherung von Arafat und sicher auch von Abbas und ihren engsten Kreisen ihnen lieber, koste es die palästinensische Bevölkerung was auch immer!?

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  4. Ich bin entsetzt über die Naivität des Herrn Olmert. Er stellte fest: „Abbas habe zu dem Angebot weder „Ja“ noch „Nein“ gesagt.“
    Das ist nur eins der Probleme, Abbas wird weiter morden lassen.

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  5. Wenn ein ehemaliger Ministerpräsident das sagt, kann man es wenigstens nicht wie üblich einfach als „Antisemitismus“ abtun. Der Fakt das Israel keine Frieden will, ist ja leider ein offenes Geheimnis.

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    1. Was hat Olmert denn erreicht? Gab es Frieden, Hilde?
      Israel will keinen angeblich Frieden, was tun denn die Palästinenser dafür? Haben Sie ein paar Beispiele, Hilde? Ich liebe Beispiele. Oder sind dies die Geheimnisse der PA?

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      1. @Christin
        Was hat Olmert denn erreicht? Gab es Frieden, Hilde?
        Hat Hilde das behauptet?Wieder einer ihrer Ablenkungsversuche…..
        Peinlich.

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  6. Frau Hilde: FAKT ist, dass Israel innerhalb von 25 Jahren MEHRMALS den Palästinensern ein Vertragsangebot unterbreitet hat, das Arafat und Abbas aber nie angenommen haben. Übrigens immer OHNE einen Grund anzugeben! Baraks und Olmerts Angebote wurden ja von den PALÄSTINENSERN (Arafat + Abbas) nicht angenommen, und nicht etwa von Netanyahu! Es hat schon einen Grund, dass dies der international political and political science community noch immer Rätsel aufgibt, und bei Präsident Clinton gar zu einem Tobsuchtsanfall führte. Von der derzeitigen israelischen Regierung erwarte ich auch nichts Gutes. Aber die Palästinenser könnten längst einen eigenen Staat haben, statt unter israelischer Besatzung zu leben! Warum Arafat und Abbas nicht die Gelegenheit ergriffen, ist völlig irrational – welchen Gewinn erzielen sie aus dem Leiden des palästinensischen Volkes? Etwa die Mrd. € für ihre privaten Konten?

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  7. Die letztendlich akzeptierbare Darstellung in dem gesamten Text-Ablauf ist
    Olmerts Aeusserung aus d. Publikum: „Die Verliebtheit der sog. „Palstns.“ i.d.
    Wunsch der Opferrolle…“, – sowie die, leider Nichterwaehnung des islam. Dschihad
    u. d. Aktivitaeten v. Hamas!! –
    Zu bedenken: – Man stelle sich innerhalb ds. Gebiets einen sog. „Palstns.“-Staat vor. –
    Zehntausende v. Nachkommen der damals beim ’48-ger Krieg Gefluechtete wuerden
    in ds., mehr-oder weniger kuenstliche Staatsgefuege hinzukommen! –
    Die Freude dieser „Regierung“ waere „grenzenlos“ (im wahrsten Sinne des Wortes)! –
    „Jetzt haben wir schon 3 Finger der Hand erreicht, – u. die restl. 2 werden wir uns auch
    noch holen!!“-
    Damit waere das Ende des jued. Staates besiegelt! – Aber keine Bange, der EWIGE, der
    ds. Volk, gemaess Seiner Verheisung, schon seit fast 100 Jahren dabei ist, Dasselbe in
    seine uralte Heimat, aus „allen Nationen“ zurueckzufuehren, wird auch ds. Problem auf
    natuerliche, oder uebernatuerliche Weise loesen!! –
    Auch die Grenzen fuer Israels Weiterentwicklung/Ansiedlung sind in Josua, Kap. 1, vor
    3.400 Jahren (A.T.), klar aufgezeigt!!! –

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