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Nahum Gutman, der Maler von Tel Aviv

Demnächst jährt sich der Geburtstag von Nahum Gutman zum 125. Mal. Der Maler hat nicht nur die Entstehung Tel Avivs dokumentiert, sondern auch den Kunststil Israels geprägt.
Von Valentin Schmid
Nahum Gutman Museum

Ein heißer Nachmittag in Tel Aviv. Obwohl es zentral zwischen Strand und Innenstadt liegt, verlieren sich kaum Touristen in das Gutman-Museum. Dafür kommen umso mehr Israelis, eine von ihnen ist die 40-Jährige Edith. „Ich bin mit Bildern von Gutman aufgewachsen“, sagt sie und zeigt auf eine schlichte, aber farbenfrohe Zeichnung. Eine jüdische Mutter auf dem Marktplatz. Sie kauft Brot, Fische und Trauben.

Foto: Valentin Schmid
Gutman vermittelt in seinen Bildern jüdische Traditionen

Edith erklärt: „Das sind Vorbereitungen für den Schabbat. Gutman wollte die jüdische Tradition bewahren, indem er sie für Kinder zugänglich macht.“

Hoffnung auf Gerechtigkeit

Keine zwei Meter vom Bilderrahmen entfernt fehlt ein Stück der Wandverputzung. Durch eine Glasscheibe sind die Steine und Lehmbrocken der Grundmauer zu sehen. Was soll dieses merkwürdige Fenster? Es zeigt, dass das Museum in einem der ältesten Gebäuden Tel Avivs untergebracht ist. Im Jahr 1887 erbaut, wurde es später als „das Schriftstellerhaus“ bekannt, beherbergte unter anderem ein Büro der zionistischen Partei „junger Arbeiter“ (HaPoel HaZair).

Foto: Valentin Schmid
Das Museumsgebäude ist alt

Und was hat das mit Gutman zu tun? Der Zionismus hat auch seine Biografie bestimmt. Geboren vor fast 125 Jahren, am 5. Oktober 1898, in Moldawien, kam er mit sieben Jahren nach Palästina. Ursprünglich wohnte seine Familie im arabischen Jaffa, gehörte dann aber zu den ersten Juden, die vor den Toren der Stadt die Siedlung Neve Zedek (Hoffnung auf Gerechtigkeit) errichteten. 1909 schließlich schlossen sich mehrere Siedlungen zu Tel Aviv (Frühlingshügel) zusammen.

Und später war es Gutman, der das offizielle Wappen der Stadt entwarf. Darauf zu sehen sind ihr alter Hafen – er diente tausenden Einwanderern als Tor ins Land – sowie ein Bibelzitat aus Jeremia 31,4: Gott werde Israel wieder aufbauen.

Begegnung der Kulturen

Im Alter von 20 Jahren studierte Gutman Kunst in Wien, Berlin und Paris. Bei seiner Heimkehr schloss er sich einer Gruppe von Künstlern an, die den Kunststil „Eretz Israel“ (Land Israel) erschufen. Dieser zeigt Landschaften und örtliche Figuren in hellen Farben, inspiriert vom altertümlichen Osten und der europäischen Moderne.

So stellen Gutmans Zeichnungen gleichermaßen Araber wie Juden vor: Ein Arzt nimmt Anrufe von Kranken auf einem Esel entgegen. Anderswo laufen verschleierte Frauen durchs Bild. Scharfsinnig malte Gutman die Begegnungen, die Tel Aviv bis heute ausmachen.

Und doch zeigt der Maler alles wie durch Kinderaugen, oft begleitet durch einfache Geschichten. Eine handelt davon, wie sich die Bewohner Tel Avivs in der Herzlstraße, Ecke Rothschild-Boulevard, versammeln, um ihre erste Straßenlaterne zu bestaunen. „Von jetzt an hatte die Stadt fast schon ein Zentrum“, schreibt Gutman. Und: „An das Licht der ersten Laterne werden wir uns immer erinnern.“

Erinnerung gegen Wachstum

Die besagte Kreuzung liegt zu Fuß nur 15 Minuten vom Gutman-Museum entfernt. Einst stand hier das berühmte Herzl-Gymnasium. Der junge Maler hatte es selbst besucht und auf etlichen Bildern untergebracht. Doch 1965 musste die Schule dem ersten Wolkenkratzer Israels weichen. Auch von Gutmans Straßenlaterne fehlt jede Spur – alle hiesigen Exemplare sind mit LED-Lichtern und Überwachungskameras ausgestattet.

Foto: Valentin Schmid
Die legendäre Straßenlaterne ist nicht mehr vorhanden

Die sonst so ausgeprägte jüdische Erinnerungskultur scheint hier dem Wachstumshunger Tel Avivs erlegen zu sein. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb die Stadt ihren Maler so schätzt: Durch Gutman wird ein Teil ihrer Geschichte bewahrt.

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Eine Antwort

  1. @ Redaktion: Dankeschön.
    Sehr interessant.
    OT: Ich mag auch die Gemälde von Marc Chagall Seine Bilder von 1938 in Tel Aviv gemalt.
    Und hier die Fenster in St. Stephan.
    LG. LG. Shalom

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