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Lapid: Polnische Regierung ist „antidemokratisch“

Nach dem Parlament bewilligt auch der polnische Staatspräsident Duda das umstrittene Verjährungsgesetz. Die diplomatische Krise zwischen Polen und Israel verschärft sich dadurch.
Übt scharfe Kritik an der polnischen Entscheidung: Jair Lapid

WARSCHAU / JERUSALEM (inn) – Der polnische Staatspräsident Anrzej Duda hat am Samstag das umstrittene Gesetz zur Verjährung von Besitzansprüchen unterzeichnet. Zuvor hatte das Unterhaus des Parlaments es angenommen. Die Unterzeichnung zieht weitere Kritik aus Israel nach sich – und drastische diplomatische Schritte.

Außenminister Jair Lapid (Jesch Atid) erklärte am Samstagabend: „Heute hat Polen – nicht zum ersten Mal – ein antisemitisches und unethisches Gesetz verabschiedet. Heute Abend habe ich den Chargé d’Affaires der israelischen Botschaft in Warschau angewiesen, sofort für unbefristete Beratungen nach Israel zurückzukehren. Der neue Botschafter für Polen, der in Kürze nach Warschau fliegen sollte, wird in dieser Phase nicht nach Polen abreisen.“

Lapid ergänzte, das Außenministerium werde dem polnischen Botschafter in Israel empfehlen, für einen Urlaub in seinem Land zu bleiben. „Diese Zeit sollte genutzt werden, um den Polen die Bedeutung des Holocaust für die israelischen Bürger zu erklären, und wie sehr wir uns weigern werden, jegliche Missachtung der Erinnerung an den Holocaust und seine Opfer zu dulden.“ Weiter sagte der israelische Minister: „Heute Abend ist Polen ein antidemokratisches und engherziges Land geworden, das die größte Tragödie der Menschheitsgeschichte nicht würdigt.“

Regierungschef Naftali Bennett (Jamina) schloss sich der Kritik an: „Israel betrachtet die Annahme des Gesetzes, das Juden daran hindert, Entschädigung für Besitz zu erhalten, der ihnen während des Holocaust gestohlen wurde, als äußerst schwerwiegend“, zitiert ihn eine Mitteilung seines Büros. „Es ist bedauerlich, dass Polen sich dafür entschieden hat, diejenigen zu schädigen, die schon alles verloren haben.“ Israel könne demgegenüber nicht gleichgültig bleiben.

Polen droht mit negativen Auswirkungen auf die Beziehungen

Die Äußerungen riefen harsche Reaktionen in Polen hervor. So schrieb Premierminister Mateusz Morawiecki (PiS) laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ auf Facebook: „Israels Entscheidung, den Rang der diplomatischen Vertretung in Warschau herunterzustufen, ist gegenstandslos und unverantwortlich.“ Lapids Worte „erregen Empörung bei jeder ehrlichen Person“. Morawiecki drohte: „Wenn die israelische Regierung Polen weiter in dieser Weise angeht, wird das sehr negative Auswirkungen auf unsere Beziehungen haben – sowohl bilateral als auch in der internationalen Arena.“ Die Kinder des polnischen Botschafters würden nach Polen zurückgebracht.

Ein Berater von Präsident Duda, Jakub Kumoch, bezeichnete Lapids Reaktion gegenüber polnischen Medien als „hysterisch und gegen alle diplomatischen Normen“. Er hoffe, Israel werde seine Gemüter abkühlen und die Lage überdenken.

Lapid: „Wir fürchten keine antisemitischen Drohungen“

Am Sonntag meldete sich wiederum Lapid zu Wort. Er nahm Bezug auf ein ebenfalls umstrittenes Gesetz, das Polen vor drei Jahren verabschiedet hatte. Dieses sieht Strafen für Menschen vor, die polnischen Bürgern eine Mitschuld am Holocaust geben. „Der negative Einfluss auf unsere Beziehungen begann in dem Augenblick, in dem Polen 2018 begann, Gesetze zu verabschieden, die dem Holocaust-Gedenken und dem jüdischen Volk schaden“, sagte der israelische Außenminister. „Vergangen sind die Tage, in denen Polen Juden ohne Konsequenzen schadeten. Heute haben die Juden ein eigenes stolzes und starkes Land. Wir fürchten keine antisemitischen Drohungen und haben nicht die Absicht, das schändliche Verhalten der antidemokratischen polnischen Regierung zu ignorieren.“

Das neue Gesetz sieht vor, dass nach 30 Jahren Ansprüche auf beschlagnahmten Besitz erlöschen. Das betrifft ausstehende Forderungen aus der kommunistischen Zeit. Doch auch Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus enteignet wurden, sind betroffen.

Die Regierung will nach eigenen Angaben durch das Gesetz Rechtssicherheit auf dem Immobilienmarkt schaffen. Kritiker bemängeln, es sei ungerecht gegenüber Menschen mit legitimen Ansprüchen, etwa Scho’ah-Überlebenden und deren Familien.

Von: eh

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