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Heiße Themen, kalte Herzen

In der Bibelkolumne veröffentlichen wir biblische Impulse von verschiedenen Autoren. Uwe Heimowski befasst sich zum Auftakt mit Verschwörungstheorien.
Von Israelnetz

Quer durch die Geschichte gab es Phasen, in denen Christen überzeugt waren, sich in der Endzeit zu befinden, den letzten Tagen vor dem Ende der Welt und vor der Wiederkunft Christi. Während der Pest im Mittelalter, während der Kriege im 19. und 20. Jahrhundert, oder bei extremen Naturkatastrophen. Auch wenn christliche Werte in der Gesellschaft zurückgedrängt werden oder (technischer) Fortschritt als Bedrohung empfunden wird, haben Endzeitpropheten Konjunktur.

Das alles sind tatsächlich Merkmale der letzten Zeit, von der Jesus spricht: Kriege, Kriegsgeschrei, Naturereignisse, Sittenverfall („Gesetzlosigkeit“). Sie finden sich in den sogenannten Endzeitreden im Matthäusevangelium, Kapitel 24 und 25. Nur sind sie eben nicht einmalig in der Geschichte, sondern wiederholen sich.

Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen. Und weil die Missachtung des Gesetzes überhandnehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten.

Matthäus 24,11f

Während der Corona-Pandemie haben sich viele zu Propheten aufgeschwungen und quasi mit göttlicher Gewissheit die Zeichen der (End-)Zeit gedeutet. Herausgekommen ist viel Murks – und ­leider haben nur wenige den Mumm, im Nachhinein wenigstens um Entschuldigung zu bitten. Etliche Nachrichten, die mir weitergeleitet waren, entbehrten jeder Form von Respekt. Sie waren lieblos gegen jeden, der ihnen nicht bedingungslos folgte und insbesondere gegen „die da oben“ in Politik und Wirtschaft. Auch Christen entblödeten sich nicht, Hassrede zu verbreiten, immer nach dem Motto: „Das wird man doch noch sagen dürfen.“ 

Kalte Liebe als Zeichen der Endzeit

Einen Aspekt habe ich in den Aufzählungen der „Zeichen der Endzeit“ aber selten vernommen: Die Frage nach der Liebe beziehungsweise der „kalten Liebe“. Jesus sagt über die letzten Tage sehr deutlich: „Die Liebe wird in den meisten erkalten.“ Man höre: „den meisten“. Das macht mir Angst.

Nun bin ich zwar kein ausgewiesener Experte für eschatologische Fragen, aber immerhin Bibelleser und Theologe. Und von daher musste ich in den vergangenen zwei, drei Jahren oft an dieses Zitat denken. Pandemie, Lockdown, Impfpflicht: Heiße Themen, kalte Herzen. Die Liebe scheint tatsächlich in vielen zu erkalten. Da kannst du wirklich nur hoffen, dass der Herr Jesus bald wiederkommt, damit endlich Friede wird.

Verschwörungstheorien schaden Israel

Was das mit Israel zu tun hat, erschließt sich vielleicht erst auf den zweiten Blick. Viele der Verschwörungserzählungen, die im Netz und in den Sozialen Medien kursieren, sind nicht offen antisemitisch. Doch sie bedienen die Struktur antisemitischer Narrative, wie sie seit dem Erscheinen der „Protokolle der Weisen von Zion“ vor 120 Jahren, wieder und wieder verbreitet werden: Eine verschworene Elite von einflussreichen und vermögenden Menschen (Juden) versucht, hinter den Kulissen die Weltherrschaft zu übernehmen und die anderen Völker zu unterdrücken. Diese „Globalisten“ seien nun wieder am Werk.

Viele Christen kommen gar nicht auf die Idee, dass sie mit solchen Theorien den Juden oder dem Staat Israel schaden könnten. Denn es geht ja wahlweise um „Freimaurer“ oder „Bilderberger“, um Bill Gates oder andere, die doch gar keine Juden sind. Wo ist das Problem?

Das Problem sind die Herzenshaltung und die Denkstruktur. Kalte Herzen lassen sich aufhetzen. Auch gegen Juden. Wie oft ist das der Christenheit schon passiert! Und die Denkstruktur der Verschwörungsmythen befördert Feindbilder, die sich, auch das lehrt uns die Geschichte, wieder und wieder gegen Juden richten.

Wer Verschwörungserzählungen glaubt und sie verbreitet, der bereitet dem Antisemitismus einen neuen Boden. Er ist, um Jesus zu zitieren, ein falscher Prophet, er trägt dazu bei, Ängste zu schüren, die Liebe zu Gottes Volk erkalten zu lassen, und im schlimmsten Fall Hass zu schüren. Als Christ aber ist die Verbundenheit mit Israel gerade in schwierigen Zeiten eine Notwendigkeit. Endzeit hin oder her. Achten wir auf unsere Herzen.

Uwe Heimowski ist Theologe und Autor, seit 2016 politischer Beauftragter der Evangelischen Allianz in Deutschland. Er ist Mitglied im Vorstand der Christlichen Medieninitiative pro. 

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Israelnetz Magazin

Dieser Artikel ist in einer Ausgabe des Israelnetz Magazins erschienen. Sie können die Zeitschrift hier kostenlos und unverbindlich bestellen. Gern können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.

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6 Antworten

  1. Lieber Bruder, wir sind in den letzten Tagen. Seid der israelischen Staatsgründung 1948, es ist der Feigenbaum, von dem der HErr in den Evangelien spricht, sehen wir immer deutlicher, wie die Knochen zusammenrücken und mit Haut überzogen werden. Die Aussage: Friede, Friede…wo Israel mit den Nachbarländern Verträge abschliessen usw. Zum Thema Freimaurer sei gesagt, dass alle Konfessionen mit beteiligt werden, in der Freimaurerloge, auch Juden! Mein Vater war leider auch Freimaurer. Die Liebe gegen Israel ist mittlerweile schon sehr kalt.

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  2. Spr 4:23 Behüte dein Herz mit allem Fleiß; denn daraus geht das Leben.
    auch im Hinblick auf unsere Einstellung zum Volk Gottes, den Juden, den Geliebten um der Väter willen.

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  3. DANKE!!!
    Endlich mal ein klares Wort, wo selbst altgediente Evangelisten so ein klein wenig vom Weg abgekommen scheinen…
    Ume Heimowski spricht mir aus dem Herzen!!!

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  4. Lieber Uwe Heimowski!
    Ich habe selten so qualitativ hochwertigen geistlichen Müll gelesen.
    Für mich ist es erschreckend wie sich gerade christliche Israelfreunde mit aller macht in die gefallene Kirche einreihen.
    Stellt sich die Frage welche Herzen wirklich erkaltet sind!?

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