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Gottes Oase in der Wüste

In der Bibel spielt die Wüste eine wichtige Rolle. Eine besondere Oase bietet Gott denjenigen an, die etwa durch Missernten in Schulden geraten sind. Eine biblische Betrachtung von Uwe Heimowski
Eine Oase in der Sahara erfrischt nicht nur die Augen, sondern bietet lebensnotwendiges Wasser

Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel herab. Der weiße Sand wirft sie zurück, flimmernde Schlieren stehen in der Luft. Die Hitze verdorrt erbarmungslos jedes grünende Keimlein, kaum dass es aufgesprosst ist. Kilometerweit erstrecken sich die Dünen, die wie von Pulverschnee überzogen scheinen. Die Sahara. Meine Frau und ich machten in Tunesien, auf unserer Hochzeitsreise, einen Abstecher in diese berühmt-berüchtigste aller Wüsten. Wir waren beeindruckt.

Doch etwas anderes hat uns überwältigt: Wir kamen zu einer Oase. Ringsum von Dürre umgeben, wucherte hier auf einigen Quadratkilometern üppigste Vegetation: Dattelpalmen, Bananenstauden, Zitrusfrüchte – in fünf Stockwerken übereinander wurde angebaut. Das Unfassbare: Gespeist wurde dieser Paradiesgarten aus einer einzigen Quelle! Mit einem ausgeklügelten Leitungssystem wurde das kostbare, lebenspendende Nass verteilt. Die ganze Oase war in unzählige Parzellen aufgeteilt, jede erhielt nach einem komplizierten Schlüssel ihre Wasserration zugeteilt. „Wem gehören diese Parzellen?“, fragte ich den Reiseführer. „Berberfamilien, einstige Nomaden, die sie seit Generationen weitervererben“, erfuhr ich. „Es ist ihr einziger Besitz.“

Biblische Parallele

Warum erzähle ich diese Geschichte hier? Weil sie in der Bibel eine Parallele hat. Das alttestamentliche Volk Israel lebte ebenfalls in der Wüste. Und ebenfalls von Erbbesitz – eine praktische Einrichtung, die jedem Einzelnen sowohl ein Auskommen als auch das Fortbestehen desselben sicherte. Doch was, wenn die Ernte einmal ausblieb? Und dann ein zweites und ein drittes Mal? Das Erbe musste beliehen, verpfändet und schließlich verkauft werden. Der Mittellose verpfändete obendrein sich selbst, bis hin zur Leibeigenschaft. Doch Leibeigenschaft, Sklaverei – das war (und ist) nicht Gottes Plan für sein Volk. Darum gab er ein Gebot. Er gebot das Erlassjahr (oder Halljahr oder Jubeljahr oder Gnadenjahr, je nach Übersetzung).

In der Tora, den fünf Büchern Mose, finden wir es in zwei Formen, ich nenne sie hier das „kleine“ und das „große“ Erlassjahr. Das kleine Erlassjahr fand alle sieben Jahre statt, es war mit dem Sabbatjahr (2. Mose 23,10f) gekoppelt. Im Sabbatjahr sollte auf dem Acker nicht angebaut und der wild wachsende Ertrag den Armen überlassen werden.

Eben diesen Armen galt auch das Erlassjahr. In 5. Mose 15 lesen wir: „Es soll überhaupt kein Armer unter dir sein“ (Vers 4). Und darum sollen in diesem Jahr seine Schulden erlassen (V.1) und ihm dafür um so mehr geliehen (V.8) und gegeben (V.10) werden. Denen, die sich an dieses Gebot halten, macht Gott dafür eine großartige Verheißung: „…dein Herz soll sich’ s nicht verdrießen lassen, dass du ihm gibst: denn dafür wird dich der HERR, dein Gott, segnen in allen deinen Werken …“ (V. 10).

Vom großen, dem eigentlichen Erlassjahr berichtet 3. Mose 25: „Und du sollst zählen sieben Sabbatjahre, sieben mal sieben Jahre … Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und sollt eine Freilassung ausrufen im Land für alle, die darin wohnen; es soll ein Erlassjahr für euch sein. Da soll ein jeder bei euch wieder zu seiner Habe und seiner Sippe kommen … Das ist das Erlassjahr, da jedermann wieder zu dem seinen kommen soll.“ (Verse 8.10.13). Man stelle sich das vor. Alle Leibeigenen wurden freigelassen, ihren Besitz erhielten sie zurück. Was für ein Jubel, was für ein Hall muss über diese Gnade geherrscht haben (womit die anderen Namen für das Erlassjahr erklärt wären)!

Handfestes und materielles Gebot

Bei Gott, das lehrt uns dieses Gebot, ist also niemand unbegrenzt der Wüste ausgeliefert, sondern seine „Oase“, die zugeteilte Parzelle seines Erbbesitzes, steht bereit; denjenigen, denen ein Schicksalsschlag die Ernte verdarb ebenso wie denjenigen, die ihre Missernte durch eine Misswirtschaft selbst verschuldet hatten.

Das Gebot war ganz handfest und materiell zu verstehen. Im Laufe der Geschichte Israels bekam es zusätzlich eine zweite Bedeutung: eine geistliche. Jerusalem war zerstört, der Tempel lag in Trümmern, das Volk war ins Exil nach Babylon verschleppt, da kündigte der Prophet ein besonderes Erlassjahr an: „Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn“ (Jesaja 61,1f).

Einige Jahrhunderte später macht Jesus eben diesen Text zum Ausgangspunkt seiner „Antrittspredigt“ in der Synagoge von Nazareth. Er liest ihn, und ergänzt: „Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren“ (Lukas 4,21). Das bedeutet: das Erlassjahr, das Gnadenjahr Gottes bekommt eine ganz neue Dimension. Nicht mehr nach sieben mal sieben Jahren wird es ausgerufen, sondern heute, täglich heute. In Jesus ist allen Elenden der Trost und die Gnade Gottes zugänglich geworden. Allen – das ist die zweite neue Dimension –, die an ihn glauben (vgl. Johannes 1,12), nicht mehr nur dem Volk Israel.

Praktische Konsequenzen gehören auch heute dazu

Mit dieser Erweiterung des Erlassjahrgebotes, vom punktuellen, konkreten Ereignis zum universalen Heilsangebot, ist jedoch auch ein Problem verbunden: die ihm ursprünglich innewohnenden praktischen (und politischen) Konsequenzen treten nur allzu schnell in den Hintergrund. Doch sie gehören nach wie vor dazu. Aus Platzgründen kann ich sie hier nur andeuten und möchte das exemplarisch am Gedanken der Versklavung tun. Das Erlassjahr lehrt eindeutig: Versklavung ist nicht Gottes Wille! Also ist uns – als Volk Gottes – geboten, dagegen aufzubegehren und – wo möglich – konkret zu handeln.

Als Beispiele moderner Sklaverei fallen mir ein: Prostitution, insbesondere von Kindern, speziell in Asien, Lateinamerika und Osteuropa; Kinderarbeit, etwa in den Teppichwebereien Indiens oder Nepals (beim Teppichkauf über Herstellungsbedingungen informieren!); Hungersnöte und Bürgerkriege als Folge wirtschaftlicher Ausbeutung und Abhängigkeit, insbesondere in Afrika (Christen könnten ihr Geld, statt es auf der Bank „arbeiten“ – wer arbeitet da eigentlich? – zu lassen, auch Missions- und Entwicklungshilfeprojekten als Darlehen zur Verfügung stellen); und vieles andere mehr.

Zum Schluss noch einmal zurück in die Sahara. Wer seine Parzelle, seinen Anteil an der Oase, verliert, sei es durch eigenes oder fremdes Verschulden, dem bleibt nur die Wüste. Ähnlich sind vielerorts geistlich und/oder materiell Menschen von Wasser und Brot abgeschnitten. Gottes Konzept dagegen ist das Erlassjahr. Er will uns gerne gebrauchen, es zu verkündigen und zu verwirklichen.

Uwe Heimowski ist Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung. Er sitzt für die CDU im Stadtrat von Gera und engagiert sich im Vorstand des Christlichen Medienverbundes KEP, zu dem auch Israelnetz gehört.

Von: Uwe Heimowski

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