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„Wir werden noch sehr lange unter dem Schatten des Virus leben müssen“

Neue Varianten des Coronavirus führen zu einer Neubewertung der Lage. Gesundheitsministerium Edelstein warnt vor Hoffnung auf ein schnelles Ende der Pandemie. Eine Verlängerung des Lockdowns steht im Raum.
Gesundheitsminister Edelstein sieht Israel vor einem langen Weg aus der Pandemie

JERUSALEM (inn) – Israel verzeichnet im Zusammenhang mit dem Coronavirus so viele Tote wie noch nie seit Ausbruch der Pandemie. Das Gesundheitsministerium sprach am Montagabend von 68 Toten innerhalb von 24 Stunden. Die Gesamtzahl der Todesfälle beläuft sich auf 4.478. Allein seit Beginn des Januar sind mehr als 1.000 Todesfälle hinzugekommen.

Angesichts dieser Entwicklung steht eine Verlängerung des Lockdowns über den 31. Januar hinaus im Raum. Gesundheitsminister Juli Edelstein (Likud) erklärte am Dienstag im Rechtsausschuss der Knesset, er werde eine Verlängerung um eine Woche beantragen. Das Infektionsgeschehen sei weiterhin zu hoch. Die Rate der positiven Testergebnisse liegt derzeit bei über 9 Prozent. Mehr als 74.000 Israelis gelten als infiziert, rund 1.180 Fälle sind als schwerwiegend eingestuft.

Neue Varianten, neue Situation

Auch die Öffnung der Schulen, die für kommende Woche geplant ist, wird überprüft. Ersten Erkenntnissen zufolge sind die neuen Varianten des Coronavirus besonders für Kinder im Grundschulalter gefährlicher als die bislang bekannten. In Israel sind Fälle der britischen, südafrikanischen und kalifornischen Variante aufgetreten; die britische Variante macht derzeit die Hälfte der erkannten Neuinfektionen aus. Unbekannt ist zudem, wie wirksam die Impfungen bei den neuen Varianten sind.

Bereits am Montag hatte Edelstein vor allzu großer Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie gewarnt. „Wir werden noch sehr lange unter dem Schatten des Virus leben müssen“, sagte er laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ im Knesset-Plenum. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu hatte in den vergangenen Tagen hingegen angedeutet, Israel sei auf dem besten Weg, die Pandemie hinter sich zu lassen.

Bennett: Netanjahu schuld an neuen Varianten in Israel

Seit dem Dienstag um Mitternacht ist der Ben-Gurion-Flughafen für alle ankommenden Flüge gesperrt. Flüge ins Ausland sind nur in bestimmten Fällen wie medizinischen Behandlungen oder Beerdigungen erlaubt. Die Maßnahme gilt vorerst bis zum 31. Januar. In der Knesset-Debatte kritisiert Jamina-Chef Naftali Bennett, die Sperrung komme trotz eindeutiger Forderungen zu spät. Das Auftreten der neuen Virus-Varianten lastete er daher Regierungschef Benjamin Netanjahu (Likud) an.

Am Montag vortierten die Abgeordneten in erster Lesung mit 52 zu 23 Stimmen für ein Gesetz zur Erhöhung der Straftgebühren bei Verletzung der Corona-Regeln. Geschäfte, die trotz Verbots öffnen, müssen demnach umgerechnet rund 2.500 Euro statt wie bislang 1.250 Euro zahlen. Für größere Einrichtungen fiele eine Strafgebühr von 5.000 Euro an; diese Summe würde auch bei illegal durchgeführten Hochzeiten fällig werden.

Weitere Ausschreitungen

Indessen bemängelt der arabische Abgeordnete Ahmad Tibi (Vereinigte Liste) eine Ungleichbehandlung durch die Polizei: Die Sicherheitskräfte gingen gegen Ultra-Orthodoxe mit weniger Schärfe vor als gegen Araber. Als Beleg postete er auf Twitter Fotos von Sicherheitskräften bei Protesten im arabisch geprägten Umm el-Fahm und im ultra-orthodox geprägten Bnei Brak. In Umm el-Fahm sind Polizisten mit Maschinengewehren zu sehen; so schwer bewaffnet seien sie in Bnei Brak nicht aufgetreten.

Die Proteste in Umm el-Fahm wendeten sich gegen innerarabische Gewalt, in Bnei Brak gegen die Corona-Maßnahmen. Einige Ultra-Orthodoxe sorgten am Sonntag für gewaltsame Ausschreitungen. Auch am Montag kehrte keine Ruhe ein: In Jerusalem entzündeten einige Strenggläubige Mülleimer und blockierten an der Bar-Ilan-Kreuzung die Straßen. Ein vorbeifahrendes Auto wurde beschädigt, ein Fotograf der Zeitung „Yediot Aharonot“ durch einen geworfenen Stein am Kopf verletzt. Die Polizei nahm 14 Personen fest. Die Proteste richten sich nicht nur gegen die Corona-Maßnahmen, sondern auch gegen den Ausbau der Stadtbahn; die neuen Gleise führen auch durch ultra-orthodoxe Stadtviertel.

Von: df

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