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Ex-Ministerpräsident Eichel verlässt Deutsch-Israelische Gesellschaft

Hans Eichel stört sich an der öffentlichen Fokussierung auf den Antisemitismus bei der documenta. Aussagen von DIG-Chef Volker Beck haben den früheren Spitzenpolitiker besonders verärgert. Nun zieht er Konsequenzen.
Von Israelnetz

KASSEL (inn) – Der frühere hessische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) verlassen. Der Schritt erfolgte in Reaktion auf Äußerungen des neuen DIG-Vorsitzenden Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) im Kontext des Antisemitismus-Skandals auf der Kasseler Weltkunstausstellung documenta, berichtet die „Hessische Niedersächsische Allgemeine“ (HNA) am Montag.

Demnach störte sich Eichel, der von 1975 bis 1991 auch Kasseler Oberbürgermeister war, unter anderem daran, dass Beck in einem HNA-Interview in der vergangenen Woche gesagt hatte, es sei „vielleicht nicht schlecht, wenn die documenta woanders [als in Kassel; Anm. d. Red.] weitergehen würde“. Beck übt auch sonst laute Kritik an der Ausstellung, sprach etwa an anderer Stelle von einer „documenta der Schande“ und einem „antisemitischen Feuerwerk“.

„Wenn der Präsident der DIG die documenta so verleumdet und sie aus Kassel weghaben will, kann ich ihr nicht mehr angehören“, sagte Eichel nun der HNA. Eichel hatte die documenta schon vor Eröffnung, als die Antisemitismus-Debatte bereits lief, in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ in Schutz genommen. Darin bezeichnete er das „Bündnis gegen Antisemitismus Kassel“ als „sogenanntes ‚Bündnis gegen Antisemitismus Kassel‘“.

„Keine strukturellen Ursachen“ für documenta-Skandal

Das Bündnis hatte die Auseinandersetzungen zu Jahresbeginn durch Recherchen zum BDS- und sonstigen anti-israelischen Hintergrund mehrerer maßgeblicher documenta-Macher ins Rollen gebracht. Eichel schrieb in dem SZ-Beitrag auch, Deutsche könnten der Israel-Boykott-Bewegung BDS niemals zustimmen. Zugleich stehe aber der Bundestag mit seinem Anti-BDS-Beschluss von 2019 in Europa „ziemlich allein da“.

Erst nach dem Text wurde die Existenz des antisemitischen Skandalbildes „People’s Justice“ bekannt, auf dem unter anderem ein Mossad-Agent als Schwein dargestellt ist. Eichel sprang der documenta jedoch auch weiterhin wiederholt zur Seite, zuletzt in einem Beitrag für die „Frankfurter Rundschau“. Darin betonte er am 18. Juli, dass sich die verantwortlichen Gruppen entschuldigt hätten.

Die Vertreter des für das Wimmelbild zuständigen Kollektivs „Taring Padi“ seien „nicht Antisemiten, sie sind eher Klassenkämpfer und leiden in Indonesien unter den erstarkenden Islamisten“, schrieb er. Die Fragen um die Aufstellung der Leinwand schienen ihm geklärt: Es habe „eine Verkettung widriger Umstände, aber keine strukturellen Ursachen“ gegeben. Auch der BDS-Vorwurf sei entkräftet. Kritikern unterstellte er, diesen schwebe „ein Gesinnungs-TÜV“ vor.

„Antisemitisch interpretierbares Detail“?

Laut HNA ist Eichel auch Mitinitiator einer Online-Petition unter der Überschrift „Documenta Fifteen: Danke!“. Darin wird dem indonesischen Kuratorenkollektiv „Ruangrupa“ ausdrücklich gedankt und von einem „wunderbaren Kunstsommer in Kassel“ gesprochen. Das Land Hessen und die Stadt Kassel sollten alles dafür tun, „dass die documenta fifteen sich entfalten kann und als großartige Ausstellung wahrgenommen wird“.

In dem Petitionstext werden die antisemitischen Elemente auf dem Wimmelbild „People’s Justice“ zudem als „antisemitisch interpretierbares Detail“ bezeichnet. Die Fokussierung darauf habe „zu einem weitgehenden Ausblenden der rund 1.000 Exponate und zu einem Übergehen des explizit antirassistischen Konzepts der documenta fifteen“ geführt.

Dem aktuellen HNA-Bericht zufolge war Eichel mehrere Jahrzehnte DIG-Mitglied gewesen. Er wolle nun in der „Jerusalem Foundation“ weiter für das deutsch-israelische Verhältnis arbeiten. Beck kündigte unterdessen an, das Gespräch mit Eichel suchen zu wollen. Der 1941 geborene Karrierepolitiker war von 1975 bis 1991 Oberbürgermeister Kassels, von 1991 bis 1999 hessischer Ministerpräsident und von 1999 bis 2005 unter SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder Bundesminister der Finanzen. (ser)

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22 Antworten

  1. Schön das Sie kein Funktionspolitiker mehr sind Herr Eichel ! und viel Spaß im Kasseler Altersheim ! Das diese sog. Kuratoren überhaupt diese Gruppe aus Indonesien und mit welchen Kriterien ausgewählt haben, das ist der eigentliche Skandal ! Gegen jeden Antisemitismus !

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    1. Sehr geehrter Herr Braunholz,
      das Grundgesetz besagt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Wenn Sie der Meinung sind, richtiger zu denken als Herr Eichel ,achten Sie bitte auf ihre Ausdrucksweise. Sonst ist ihr Eintreten gegen Antisemitismus nur ein Schlag-Wort.
      Mit freundlichen Grüßen
      Heinrich-H.Albert

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      1. Jetzt bin ich aber wirklich gespannt, was Ihnen an der Ausdrucksweise von Herrn Braunholz nicht paßt?
        Gibt es dort irgendeine Beleidigung oder Schmähung? Oder darf man seine Freude darüber das Herr Eichel kein Funktionspolitiker ist nicht mehr zum Ausdruck bringen?
        Und es ist ein Skandal, was sich die Kuratoren zu Dokumenta geleistet haben. Da hätte ich noch ganz andere Schlagwörter für parat.

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        1. Dass die Documentamacher keine Kuratoren aus Israel angestellt haben, ist ihr größtes Vergehen! Wo das Land doch eines der künstlichen Länder dieser Welt ist.

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          1. Künstlichen oder künstlerischen?

            Was Ihr künstlich angeht, immerhin kann Israel auf 6000 Jahre Geschichte zurückblicken. Ihr „Lieblingsland“ musste in den 60-er Jahren erst künstlich geschaffen werden. Von einem Terroristen.

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  2. Eichel reiht sich bei den Appeasern des Antisemitismus ein. Um Kasselals Standort zu verteidigen? Lächerlich. Solche Freunde braucht Israel nicht.

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    1. @Carsten Ihr Kommentar zeigt wie unter einem Brennglas den Grund des angeblichen „documenta-Skandals“. Es geht nämlich gar nicht um Antisemitismus, der nur als Vorwand dient. Es geht um Israel und BDS. Und der Israel-Lobby geht es gegen den Strich, dass BDS in der Öffentlichkeit immer bekannter wird und Unterstützung findet. Der Schritt Eichels ist sehr zu begrüßen, denn Volker Beck, ein gescheiterter Politiker par excellance, als Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und damit einer der aktivsten Israel-Lobby-Organisation in Deutschland, die völlig überaltert, aber dennoch durch Steuergelder künstlich am Leben erhalten, abstruse Forderungen vertritt, kann man gar nicht mehr erst nehmen. Da sollte sich Israel wirklich bessere Lobbyisten suchen, als diesen Polit-Clown. Schon Uwe Becker war ein totaler Flop!

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      1. Schon klar, für BDS-Aktivisten sind alle, die es wagen, sich nicht an ihre Seite zu stellen und Israel muss weg schreien, als Feind zu bekämpfen.

        BDS hat in den vergangen Wochen ein paar arge Schlappen hinnehmen müssen. Möchten Sie sich dazu äußern, Herr Luley.
        Da fällt mir immer Komik-Ali ein. Der auch immer vom großen Sieg Saddams über die USA faselte, zur besten Sendezeit. Selbst dann noch als hinter ihm schon die US-Panzer standen. Manche überschätzen sich grenzenlos. Unter anderem auch BDS.

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  3. Reisende soll man nicht aufhalten, besonders nicht welche, die den Indonesiern noch dankten.
    Keine Unterstellung, wobei Kulturschaffende
    gerne zur BDS gehören.

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  4. Ein Apparatschik weniger. Ist er halt nur noch in 500 anderen Organisationen Mitglied. „Verkettung widriger Umstände“ ist auch eine nette Beschreibung. Antisemiten und Israelhasser gehen immer erstmal in die Offensive und schauen dann wie weit sie gehen können, um dann Schritt für Schritt zurückzurudern, wenn der Druck doch zu groß wird. Interessant ist hierbei, daß der deutscherseits so heiß geliebte „globale Süden“ auf Antisemitismusvorwürfe trifft. Hier schlagen den Deutschen offenbar zwei Herzen in Brust. Viele haben, denke ich, auch ein Problem mit dem Anti-BDS-Beschluss, weil sie ihren Judenhass nicht mehr allzu leicht mit wohlfeiler Israelkritik kaschieren können. Gerade die „Kulturschaffenden“ haben ein Problem mit Israel und laden israelische Künstler nicht ein, wo doch Kunst so viele Brücken bauen kann und soll.

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  5. Zitat:“Die Vertreter des für das Wimmelbild zuständigen Kollektivs „Taring Padi“ seien „nicht Antisemiten, sie sind eher Klassenkämpfer und leiden in Indonesien unter den erstarkenden Islamisten“,

    Ist doch interessant, dass sich die „Vertreter“ dann ausgerechnet an Juden abarbeiten und keine Karrikaturen gegen den Islam vorhanden waren. Wer soll denn solche Lügen glauben?

    Auf eins kann man sich allerdings verlassen, das Volker Beck sich wirklich für Israel einsetzt. Danke, für die jahrelange Unterstützung.

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  6. Bravo, Herr Eichel. Man kann hoffen, dass mehr diesen Schritt tun, und diese Israel-Lobby-Institution verlassen, die nur durch üppige finanzielle Unterstützung durch Steuergelder am Leben erhalten wird.

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    1. Steuergelder? Danke für die Steilvorlage, Herr Luley, Mit welchen Mittteln werden denn die Häftlingsgehälter bezahlt? ne, Idee, Herr Luley. Richtig, Herr Luley. Mit unserem Steuergeld. Judenmord ist ja so wichtig. Schließlich muss der Staat Israel ja durch Großpalästina ersetzt werden. Wo wollten Sie nochmals die Juden unterbringen,Herr Luley?

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  7. Was soll der Typ in der DIG. Der ist im BDS besser aufgehoben. Wie blöd ist das denn. Da sagt jemand was kritisches über die Documenta und man tritt aus der Deutsch Israelischen Gesellschaft aus. Was kommt als nächstes: der AnglervereIn. Die deutschen Bedenkenträger wie immer…

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  8. Zu seiner aktiven Zeit war ich kein Fan von ihm aber zu dieser Entscheidung hier kann man ihm nur gratulieren.

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  9. Ein Austritt, den ich verstehen kann – auch wenn er ebensogut still (statt als öffentlich-demonstrativer Schritt hätte vollzogen werden können). – Man tut der guten Sache (der Abwehr von Antisemitismus schon in Anfängen) keinen guten Dienst, wenn man die Alarm- und Wahrnehmungsschwelle der Warnung vor ERNSTEN Gefahren ständig durch schellenschlagenden Daueralarm auch bei harmlosen oder künstlich gesuchten Anlässen so weit herabsetzt, dass man im Ernstfall nicht mehr gehört wird. – Die DIG sollte sich zu einem klaren Statement durchringen, dass die Relation Kunstfreiheit-Schutz vor Antisemitismus (und sonstigen Anti-ismussen!) wieder zurechtrückt,, nachdem Herr Steinmeier sie leider in ungeschickter Weise verschoben hat. – Damit wäre ein Stück Glaubwürdigkeit zuzugewinnen – dass vielleicht in wichtigeren Fällen einmal dringend gebraucht wird. – Auch wenn wir nicht hoffen wollen, dass solche Fälle eintreten.

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  10. Ex-OB- Eichel hat sich richtig entschieden. Der israelische Historiker und Soziologe Moshe Zuckermann wendet sich in seinem neusten Buch über Freiheit der Kunst gegen die Bestrebungen deutscher Politik, im Fall documenta die Freiheit der Kunst einzuschränken, statt offene und vorurteilslose Diskussion zu führen. Prof. Werner Ruf hat nachgewiesen, daß Deutschland und Israel die Suharto-Diktatur Indonesiens unterstützten. Die indonesischen Aussteller kritisieren nicht „die Juden“, sondern die kolonialistische Politik des Staates Israel

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