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Das Exil ist Heimat

Die Ikonographie der dynamischen Skulpturen von Oded Halahmy leitet sich von der Schönheit der Orte ab, an denen er gelebt hat: Irak, Israel und die Vereinigten Staaten.
Von Gundula Madeleine Tegtmeyer

Oded Halahmy wurde 1938 in Bagdad in eine orthodox-jüdische Familie mit dem Namen Hebaizah geboren. Er lebt und arbeitet seit vielen Jahrzehnten in New York. Doch seine künstlerische Welt umschreibt ein Dreieck, dessen zwei weitere Punkte der Irak und seine zweite Heimat Israel sind, wohin er mit seiner Familie drei Jahre nach der Staatsgründung immigrierte.

Von 1966 bis 1968 studierte Halahmy an der „Saint Martin’s School of Art“ in London. Nach seinem Abschluss unterrichtete von 1969 bis 1970 am „Ontario College of Art“, bevor er nach New York City zog, wo er unter anderem auch an der „Parsons School of Design“ lehrte.

Halahmy bezeichnet sein Geburtsland Irak als „Land des Weizens, der Gerste, der Trauben, Feigen, Granatäpfel, Oliven und Datteln“. Der Künstler arbeitet überwiegend mit Holz und Bronze. In seinen Skulpturen spielen Tauben, Palmen, Granatäpfel und Halbmonde immer wieder eine zentrale Rolle. Er interpretiert diese als universelle Symbole, die Palme steht für Gerechtigkeit und Wachstum, der Granatapfel symbolisiert Liebe und Fruchtbarkeit.

Auch Tempelarchitektur sowie das arabische, hebräische und englische Alphabet inspirieren den Künstler zu seinen dynamischen Skulpturen. Deren Formensprache drückt seine Hingabe an den Frieden in der Welt wieder. Zudem entlehnt er seine Farbpalette aus der Kunst des Nahen Ostens: tiefe Blau- und Rottöne und immer wieder die grüne Patina gealterter Bronze.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
„Ich sagte zu mir selbst: Oded, tue es, setze sie einfach ein in die Skulptur“ (von einem Film abfotografiert)

Viele seiner Skulpturen sind menschlichen Dimensionen nachempfunden. Das Geheimnis ihrer Kraft liegt in ihren minimalistischen Linien – die manchmal fast zweidimensional oder zufällig erscheinen, doch die Beziehungen zwischen ihnen sind tiefgreifend und präzise. Obwohl seine Skulpturen nach oben streben, enthalten ihre unteren Teile horizontale Elemente – scheinbar ein Fundament, tatsächlich jedoch eine Art Reaktion auf den Sog nach oben. Sie spiegeln mehr als alles andere den Wunsch des Künstlers wider, geerdet zu bleiben.

Exile is Home umfasst über 100 Werke, die Halahmys Schaffen von der Mitte der 1960er Jahre bis heute repräsentieren. Hinzu kommt eine Auswahl an Judaica, die der Künstler für Chanukka- und Sukkot-Feiern mit engen Freunden geschaffen hat.

Die ineinander übergreifenden Symbole von Lesch La, arabisch für Warum nicht?, stehen für Halahmys Vision des Multikulturalismus. Lesch La als arabischer Schriftzug krönt die Skulptur, an der Basis das hebräische Wort avah, das „Wow“ bedeutet, umrankt vom englischen Ausruf „HEY WOW“. Zentrum bildet eine Hamsa, die im gesamten Nahen Osten und in Nordafrika im Islam und Judentum als Amulett verwendet wird, um den „bösen Blick“ abzuwehren.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Die Skulptur fragt: „Lesch La?“

Die Bilder und Wörter in der Skulptur scheinen aus der Krone eines Granatapfels zu sprießen. Der Granatapfel, den Halahmy während seiner Kindheit im Irak gern gegessen hat, wird in Kulturen vom antiken Griechenland bis hin zum Iran, der Türkei und mittlerweile weit darüber hinaus kulinarisch geschätzt.

Der Granatapfel soll im Garten Eden, dem Paradiesgarten, gewachsen sein und gilt als einer der vier heiligen Bäume des Islam. Die Tora führt den Granatapfel als eine der sieben Arten Israels auf, viele Torarollen sind mit granatapfelförmigen Ornamenten gekrönt. Halahmys Motiv-Symbiose soll daran erinnern, dass Juden und Araber einst zu einer reichen Kultur basierend auf gemeinsamen Werten beitrugen. Ist dies noch einmal erreichbar? Oded Halahmys Antwort lautet: Lesch La?

Die Ausstellung im Israel-Museum Jerusalem zeigt in diesen Tagen seine frühen Werke, Skulpturen aus den 1970er Jahren, als sich der Künstler in New York niederließ, um die modernistischen Einflüsse seines Lehrers Anthony Caro weiterzuentwickeln. Er suchte nach einer persönlichen Ausdrucksweise, um seine nahöstlichen Wurzeln und die Erfahrungen des Exils zum Ausdruck bringen zu können. Die Ikonographie seiner dynamischen Skulpturen leitet sich von der Schönheit der Orte ab, an denen er gelebt hat: Irak, Israel und die Vereinigten Staaten.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Eine Skulptur aus der Schaffensperiode der 70er Jahre

Halahmy lebt abwechselnd in New York und in Tel Aviv-Jaffa. Seine tiefe Verbundenheit mit Israel drückt sich auch in seiner begehbaren Sukka-Skulptur aus, sie steht in Jerusalem auf dem Gelände des „Hebrew Union College“.

Foto: Gundula M. Tegtmeyer
Zur Sukka-Skulptur wurde er dadurch inspiriert, dass er seinem Vater half, die Laubhütte zu schmücken

Oded Halahmys Skulpturen sind beides: Modern und zugleich eine Hommage an die reiche Kunst und Kultur Mesopotamiens, des heutigen Irak. Seine Arbeit ist auch Ausdruck seiner persönlichen Philosophie des Friedens und der Harmonie. Werte und ein Zustand, um die der Nahe Osten ringt.

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3 Antworten

  1. Was ist denn ein „englisches Alphabeth“ ? Es handelt sich wohl um die allgemein in Europa, Amerika usw. praktizierte lateinische Schrift. (Pardon, ich bin ein bisschen pedantisch). Sehr interessanter Artikel, mir war der Künstler bislang unbekannt.

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  2. Der Künstler Oded Halahmy pendelt zwischen den USA und Israel, sein Hauptwohnsitz ist in New York. Er kommuniziert auf Arabisch, Hebräisch und Englisch (US). Die Aussprache der ABC- Buchstaben variiert im Englischen mitunter erheblich.

    Englisches Alphabet: Da die Zeichenanzahl begrenzt ist, zwei links.

    https://blog.duolingo.com/de/englisches-alphabet-aussprache/
    https://www.berlitz.com/de-de/blog/englisches-alphabet

    Mit freundlichen Grüßen.
    Gundula Madeleine Tegtmeyer

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  3. Das englische Alphabet besteht aus 26 Buchstaben. Die fünf Vokale sind A, E, I, O und U, und manchmal wird auch das Y dazugezählt. Die übrigen 21, bzw. 20 Buchstaben, sind Konsonanten. Jeder Buchstabe hat einen festgelegten Namen und obwohl die Namen meist an die Aussprache der Buchstaben gebunden sind, können die englischen Buchstaben mehrere unterschiedliche Laute erzeugen. Wenn Englischsprachige deutlich machen wollen, welchen Buchstaben sie meinen, wie etwa bei einem Telefongespräch oder in einer lauten Umgebung, verwenden sie sogenannte Ansagewörter um Missverständnisse zu vermeiden, siehe auch NATO-Alphabet.

    Mit freundlichen Grüßen aus Jerusalem
    Gundula Madeleine Tegtmeyer

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