Antikes Graffito verweist möglicherweise auf Bar-Kochba-Aufstand

Israelische Archäologen entziffern in einer Wüste am Toten Meer ein antikes Graffito. Möglicherweise steht es im Zusammenhang mit Anhängern des Bar-Kochba-Aufstandes vor knapp 2.000 Jahren.
Von Jörn Schumacher

EIN GEDI (inn) – Es sind gerade einmal vier Zeilen, die israelische Archäologen in einer Höhle in der Nähe des Nationalparks Ein Gedi in der Region des Toten Meeres entdeckt haben. Der Text auf Aramäisch besagt in der ersten Zeile: „Abba von Naburja ist umgekommen.“ In den weiteren drei Zeilen konnten nur einzelne Wörter und Buchstaben entziffert werden, dort stehen die Wörter „auf uns“, „er nahm“ und ein bestimmter Artikel. Der Text ist in Quadratschrift geschrieben – der gleichen Schrift, die im modernen Hebräisch verwendet wird.

„In unserem Fall deuten Sprache und Stil auf das 1. oder 2. Jahrhundert nach Christus hin“, sagte Asaf Gajer von der Abteilung für Archäologie des Landes Israel an der Universität Ariel laut einem Bericht der Onlinezeitung „The Times of Israel“.

Die Inschrift könnte möglicherweise von jüdischen Rebellen des Bar-Kochba-Aufstands gegen die Römer im 2. Jahrhundert verfasst worden sein. Da die Inschrift jedoch so klein und schlecht erhalten ist, sei nicht sicher, ob sie aus der Zeit des Ersten Jüdischen Aufstands im Jahr 70, der Zeit zwischen den beiden Aufständen oder dem Bar-Kochba-Aufstand stammt, der 135 endete.

Die Höhle in der Judäischen Wüste war Archäologen bereits bekannt. Gefunden wurde dort unter anderem ein Stalaktit mit einer fragmentarischen Tinteninschrift in alter hebräischer Schrift, wie sie für die Zeit des Ersten Tempels charakteristisch war. Außerdem waren Forscher auf vier römische Schwerter gestoßen.

Wer war Abba von Naburja?

„Diese Inschrift ist extrem selten“, sagte Gajer gegenüber „The Times of Israel“. „Schriftliches Material aus dieser Zeit ist generell sehr selten. Natürlich gibt es die Schriftrollen vom Toten Meer, aber ansonsten bestehen die meisten Inschriften, die wir haben, aus einem einzigen Namen oder Wort.“ Bisher war nur eine weitere Fundstelle in der Judäischen Wüste mit Graffiti bekannt. Eine vierzeilige Inschrift mit Inhalt sei bisher nahezu unbekannt gewesen.

Da die Inschrift nur wenige Zentimeter von den Schwertern und einer Bar-Kochba-Münze entfernt gefunden wurde, deutet der archäologische Kontext laut Gajer darauf hin, dass sie ebenfalls aus derselben Zeit stammt: „Die Höhle ist zu klein, um bewohnt gewesen zu sein. Wir glauben, dass jüdische Rebellen sie als Außenposten für Angriffe auf die Römer nutzten.“

Weitere Einzelheiten darüber, wer Abba von Naburja war oder wie er starb, werden wohl nicht herauszufinden sein. Denn die Forscher bezweifeln, dass sie noch mehr aramäische Wörter entziffern können. Abba sei in den ersten Jahrhunderten nach Christus ein gebräuchlicher jüdischer Name gewesen, sagen die Experten. Viele Personen mit dem Namen Abba tauchten in der Mischna auf, die im späten 2. Und frühen 3. Jahrhundert redigiert wurde. Sie bildet die Grundlage des Talmud.

Jüdisches Dorf in Galiläa

Naburja war ein jüdisches Dorf in Galiläa in der Nähe von Safed. Ein „Jakob aus dem Dorf Naburja“ wird im Traktat Jewamot (2,6) des Jerusalemer Talmud erwähnt.

Der Fund hat das Team dazu angeregt, in der Region nach weiteren Inschriften zu suchen. „Nachdem wir diese neue Inschrift fast zufällig entdeckt hatten, dachten wir uns: Wenn diese noch niemand entdeckt hatte, gab es vielleicht noch weitere zu entdecken“, sagte Gajer. „Seitdem haben wir andere Höhlen besucht, von denen bekannt ist, dass sie jüdischen Flüchtlingen Schutz boten. Dabei konzentrierten wir uns auf jene, deren Wände flach genug für Inschriften waren, und untersuchten sie mit Multispektralfotografie und anderen fortschrittlichen Techniken. Jeder neu gefundene Buchstabe ist wichtig.“

Römische Schwerter versteckt

Drei der 1.900 Jahre alten dort entdeckten Schwerter sind mit 60 bis 65 Zentimeter langen Klingen versehen; die vierte Waffe hat eine 45 Zentimeter lange Klinge. „Wir sprechen von einem äußerst seltenen Fund, wie er in Israel noch nie zuvor gemacht wurde“, sagte 2023 Eitan Klein, einer der Direktoren der Abteilung für die Judäische Wüste bei der Israelischen Altertumsbehörde, bei der Bekanntgabe des Fundes. „Die vier Schwerter sind erstaunlich gut erhalten, einschließlich des Metalls, der Griffe und der Scheiden.“ In einer angrenzenden Nische fanden die Forscher geschnitzte Holzstücke, die sich als Teile der Schwertscheiden herausstellten.

Das trockene Klima in der Judäischen Wüste trägt dazu bei, dass zerbrechliche Artefakte erhalten bleiben, die sonst dem Zahn der Zeit zum Opfer fallen würden. Die Schwerter gehörten wahrscheinlich römischen Soldaten und wurden von judäischen Rebellen gestohlen, die sie entweder für den späteren Gebrauch oder um nicht damit erwischt zu werden, in einer Höhle versteckten.

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Der Bar-Kochba-Aufstand von 132 bis 135, auch Zweiter Jüdischer Aufstand genannt, richtete sich gegen die römische Herrschaft in Judäa. Er geschah unter der Führung des Rebellenführers Simon Bar Kochba. Archäologen gehen davon aus, dass die Schwerter irgendwann während des Aufstands in den Spalten der Höhle versteckt wurden, da es für Juden gefährlich war, mit römischen Waffen angetroffen zu werden.

Bereits im Jahr 1973 hatte die israelische Lehrerin Ofra Aharoni in der Höhle Stalaktiten mit einer dreizeiligen Inschrift aus der Zeit des Ersten Tempels entdeckt. Asaf Gajer entzifferte den Text so: „Gesegnet sei der Herr (Adonai) / Gesegnet XXX / Gesegnet sei Gott (Elohim).“

Im Frühjahr 2023 besuchte Gajer gemeinsam mit dem Geologen Boas Langford vom Institut für Geowissenschaften und vom Israelischen Höhlenforschungszentrum der Hebräischen Universität Jerusalem, die Höhle erneut. Sie nahmen den Fotografen Schai Halevi von der Israelischen Altertumsbehörde mit. Ihr Ziel war es, die Inschrift – etwa im 7. Jahrhundert vor Christus mit Karbonittinte auf einen Stalaktiten gemalt – mithilfe multispektraler Bildgebung zu fotografieren. Sie hofften, so weitere Teile der Inschrift zu entziffern, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind.

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4 Antworten

  1. Eijeijei, schon wieder archäologische Funde, die wissenschaftlich die Verbindung zwischen dem jüdischen Volk und Eretz Israel beweisen. Wir können getrost davon ausgehen, dass die UNESCO das nicht zur Kenntnis nimmt.

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  2. Römische Kurzschwerter waren aus besonderem Material, eine Art früher Kohlenstoffstahl, härter als normales Eisen. Sehr kostbar und gefährlich. Ich lebe etwa 10 km vom Ort der Varusschlacht entfernt, die aller Wahrscheinlichkeit hier und nicht am Ort des Herrmannsdenkmals stattfand. Ich glaube so 9 nach Christus. Hier gibt es auch viele Überreste, aber wegen des feuchten Klimas sehr oxidiert. Nach altem Brauch wurden die Römer hier samt Pferde möglichst hoch an Bäume genagelt. Seitdem haben wir uns aber ein kleines bisschen weiterentwickelt. Sagt man jedenfalls.

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  3. Gott sorgt schon dafür, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Immer wenn Zweifel und Lügen laut werden, finden Menschen Beweise.

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