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Zwei Kandidaten bewerben sich für Rivlin-Nachfolge

Die Amtszeit von Staatspräsident Rivlin neigt sich dem Ende zu. Ein Politiker und eine Pädagogin wollen seine Nachfolge antreten. Weitere Kandidaten scheitern an der vorgeschriebenen Zahl der Unterschriften von israelischen Abgeordneten.
Konkurrieren um das Amt des Staatsoberhauptes: Jitzchak Herzog und Miriam Peretz

JERUSALEM (inn) – Zwei Kandidaten stellen sich für die Nachfolge von Staatspräsident Reuven Rivlin zur Wahl. Der eine war bereits Abgeordneter, Parteichef und Minister, die andere hat bislang keine Erfahrung mit politischen Ämtern. Wer von den beiden das Rennen macht, entscheidet die Knesset am 2. Juni in geheimer Abstimmung. Rivlins Amtszeit endet am 9. Juli.

Am Mittwoch um Mitternacht endete die Frist für Bewerber. Diese müssen mindestens zehn Unterschriften von Abgeordneten vorweisen, um für das Amt des 11. israelischen Staatspräsidenten kandidieren zu können. Gelungen ist das dem Vorsitzenden der Jewish Agency, Jitzchak Herzog, und der Israel-Preisträgerin Miriam Peretz.

Herzog saß von 2003 bis 2018 für die Israelische Arbeitspartei (Avoda) in der Knesset, ab 2013 war er Parteichef und Oppositionsführer. Zwischen 2005 und 2011 bekleidete er mehrere Ministerposten, zuletzt für Wohlfahrt und Soziales. Mit seiner Kandidatur folgt er einer Familientradition: Der Vater des 60-Jährigen, Chaim Herzog, hatte das Amt des Präsidenten von 1983 bis 1993 inne. Bis zum Ende der Frist gelang es dem Kandidaten, die Unterschriften von 27 der 120 Abgeordneten für seine Bewerbung zu erhalten. Diese stammen aus einem breiten politischen Spektrum, wie die Onlinezeitung „Times of Israel“ berichtet: Parlamentarier der Parteien Likud, Vereinigtes Tora-Judentum, Religiöser Zionismus, Jamina, Jesch Atid und Avoda haben ihm das Vertrauen ausgesprochen.

Hingegen bekam Miriam Peretz nur elf Stimmen zusammen. Die 67-Jährige war zwar bislang nicht politisch aktiv. Dennoch ist sie vielen Menschen in Israel bekannt, allerdings durch tragische Umstände: Ihr ältester Sohn Uriel fiel 1998 im Libanon. Sein jüngerer Bruder Eliras kam 2010 bei einer Militäroperation in der Nähe des Gazastreifens ums Leben. 2014 durfte die Mutter von noch vier Kindern am Unabhängigkeitstag eine der zwölf Fackeln entzünden. Wenn es um Zionismus oder den Umgang mit einem Verlust geht, erhebt sie ihre Stimme. 2018 erhielt sie den Israel-Preis für ihr Lebenswerk – die höchste kulturelle Auszeichnung des Landes.

Herzog: Spannungen verringern

Herzog teilte mit, er lasse seinen Vorsitz bei der Jewish Agency bis zum Wahltermin ruhen. Angesichts seiner Kandidatur erklärte der gebürtige Tel Aviver: „Meine persönliche Familiengeschichte und jahrelange öffentliche Erfahrung haben mich gelehrt, das Wunder der Existenz Israels nie als garantiert zu betrachten.“ Er sehe infolge des Gaza-Konfliktes und der innenpolitischen Krise die Notwendigkeit, die Nation zu heilen und zu einen. Zudem wolle er die Verbindungen mit der weltweiten Judenheit stärken.

Der Kandidat fügte hinzu: „Zweifellos ist die Wirklichkeit kompliziert, und vielleicht schaffen wir es nicht, alle Risse zu flicken, aber wir können – und müssen – die Spannungen verringern, die Mauern niedriger machen und die Entfernungen zwischen uns verkleinern, mit Liebe, Brüderlichkeit, Frieden und Freundschaft in uns. Deshalb gebe ich mit Ehrfurcht und Demut meine Absicht bekannt, für das Amt zu kandidieren.“

Peretz wollte nicht bei Knessetwahlen kandidieren

Die Pädagogin Peretz, die 1963 mit ihrer Familie aus der marokkanischen Stadt Casablanca einwanderte, wurde 2019 vor den Knessetwahlen im April von mehreren Parteien hofiert: der Neuen Rechten, Kulanu und der linksgerichteten „Jesch Atid“. Doch sie lehnte die Angebote ab und teilte mit, sie wolle die öffentliche Arbeit außerhalb des politischen Rahmens fortsetzen. Denn so könne sie mehr bewirken.

Doch nun hat sie entschieden, in anderer Funktion politisch tätig zu werden. Auf Facebook schrieb Peretz, sie habe in den vergangenen Monaten viel über eine mögliche Kandidatur nachgedacht. „In den letzten Jahren bin ich viel durchs Land gereist. Ich durfte die israelische Gesellschaft in ihrer Vielfalt treffen“, ergänzte sie. „Bei diesen Begegnungen hörte ich Ihre Stimme, die mich zur Kandidatur aufruft, für ein Amt, das ich mir nie für mich gewünscht hatte. ‚Eine Stimme rief mich, und ich ging, ich ging, weil eine Stimme mich rief‘, sagte Hannah Szenes, und ich teile das mit ihr.“

Damit zitiert die Israelin eine ungarische Widerstandskämpferin, die aus einer assimilierten jüdischen Familie stammte. Während der Scho’ah versuchte die Fallschirmjägerin, Juden zu retten. Sie wurde im November 1944 als 23-Jährige von den Nationalsozialisten gefasst und ermordet.

Auch Peretz versprach, die verschiedenen Gruppen der gespaltenen israelischen Gesellschaft einander näher zu bringen. Sie wäre die erste Frau, die in Israel zur Präsidentin gewählt wird. Eine amtierende Präsidentin gab es bereits 2007: Nachdem Mosche Katzav das Amt wegen Vergewaltigungsvorwürfen niedergelegt hatte, übernahm Knessetsprecherin Dalia Itzik den Posten für mehrere Monate. Katzav wurde später zu einer Haftstrafe verurteilt. Itzik kandidierte 2014 und verlor die Wahl gegen Rivlin.

Zu wenige Unterschriften für Glick

Nicht genügend Unterschriften für eine Kandidatur erhielten diesmal der Sänger und Schauspieler Jehoram Gaon, der frühere Avoda-Abgeordnete Michael Ben-Sohar, der ehemalige Likud-Abgeordnete Jehuda Glick und der Juraprofessor Schimon Schitrit, der bereits für die Avoda im Parlament saß. Zudem zog Wirtschaftsminister Amir Peretz vor zwei Wochen seine Kandidatur zurück.

Rabbiner Glick sagte laut der Nachrichtenseite „Arutz Scheva“ als Reaktion auf das Scheitern: „Wie immer gibt es einen Regisseur für das Drehbuch, der die Dinge am besten ausrichtet. Ich wollte neue gute Energien in die Institution des Präsidentenamtes bringen, und es war mir nicht vergönnt. Ich wünsche allen hervorragenden Kandidaten viel Erfolg.“

Wenn im ersten Wahlgang kein Kandidat die absolute Mehrheit von 61 Stimmen erhält, reicht beim zweiten Versuch eine einfacheMehrheit. Die Amtszeit des israelischen Staatspräsidenten dauert sieben Jahre, eine Wiederwahl ist nicht möglich. Bis zum Jahr 2000 war eine Amtsperiode fünf Jahre lang, und der Präsident konnte einmal wiedergewählt werden.

Von: eh

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