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Zurück zu Obama

Der demokratische Kandidat Biden würde im Nahen Osten einen weniger entschiedenen Ansatz verfolgen als Präsident Trump. Damit ist aber Zwist mit Jerusalem vorprogrammiert. Eine Analyse von Daniel Frick
Biden will Trump im Amt des Präsidenten ablösen

Wenn es nach den Israelis geht, ist die amerikanische Präsidentschaftswahl klar entschieden: In einer am 12. Oktober veröffentlichten Umfrage des Nachrichtensenders „i24 News“ sprachen sich 63 Prozent der Teilnehmer für eine Wiederwahl von Präsident Donald Trump aus, nur 19 Prozent sahen Herausforderer Joe Biden als besseren Amtsträger. Rund 10 Prozent gaben an, es mache keinen Unterschied, wer am 3. November gewinnt.

In dieser Eindeutigkeit lässt sich mühelos der Unterschied zwischen Barack Obama und dessen Nachfolger Trump erkennen. Obama – und mit ihm auch Biden – steht für den im Jahr 2015 unterzeichneten Atomdeal mit dem Iran. Der versorgte das islamistische und israelfeindliche Regime in Teheran aufgrund der Aufhebung der Sanktionen mit Milliardeneinnahmen. Unter anderen profitierte davon die libanesische Terror-Miliz Hisbollah an der israelischen Nordgrenze.

Trump bot in den vergangenen vier Jahren mit seiner entschieden pro-israelischen Politik dazu ein Kontrastprogramm. Zu den Höhepunkten dieser Politik zählen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und der Ausstieg aus dem Atomdeal im Mai 2018.

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Biden hatte im Wahlkampf angekündigt, den Austritt rückgängig zu machen und dann nochmal nachzuverhandeln, „wenn sich der Iran wieder streng an die Regeln des Nukleardeals hält“. So formulierte er es in einem Kommentar für CNN am 13. September. Das allerdings ist eine hohe Hürde. Der Iran verstößt laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) derzeit gegen die Bestimmungen des Deals; manchen Kritikern zufolge tat er das von Anfang an.

Nicht rückgängig machen will Biden indes den Botschaftsumzug. Er stellte jedoch klar, dass er diesen kritisch sieht. Aus seiner Sicht wäre es besser gewesen, wenn Israel dafür „wichtige Zugeständnisse für den Frieden“ hätte machen müssen. Kritisch sieht Biden auch die Auffassung der Trump-Regierung, Siedlungen seien grundsätzlich legal: „Diese Entscheidung schadet dem Anliegen der Diplomatie und bringt uns weiter weg von einer erhofften Zwei-Staaten-Lösung.“

Vorprogrammierter Konflikt

In diesen Worten deutet sich bereits ein Zwist mit dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu an. Denn dieser hatte zuletzt mit Blick auf die Abkommen mit arabischen Staaten immer wieder seine Doktrin betont: Abkommen dieser Art seien möglich durch eine Position der Stärke und ohne Zugeständnisse, die Israel gefährden oder Israelis entwurzeln – sprich: Ohne die Aufgabe des Westjordanlandes oder Ostjerusalems.

Diese unterschiedlichen Ansätze haben in den Obama-Jahren zu eisigen Beziehungen geführt. Angesichts der Abkommen – die Argumente für Netanjahus Ansatz liefern – wird es Biden schwer haben, zu dem Obama-Ansatz zurückzukehren und „Zugeständnisse“ zu fordern. In jedem Fall plant er, die Beziehungen zu den Palästinensern neu aufzubauen. Unter Trump hatten sich diese abgekühlt, auch durch die Schließung des PLO-Büros in Washington Anfang 2019 und die Verlegung des Ostjerusalemer US-Konsulats in die Botschaft. Biden will beide Einrichtungen wieder eröffnen.

Zeitverschobenes Denken

Zugleich prangert der demokratische Kandidat auch die palästinensischen Politiker an: Diese müssten mit Hetze aufhören und Terrorgewalt verurteilen. Außerdem hätten sie in der Vergangenheit Chancen verpasst, zu einem eigenen Staat zu kommen.

Doch auch an solchen Worten lässt sich ein Unterschied zu Trump festmachen: In Trumps Denken hatten Appelle und Ermahnungen dieser Art ihre Zeit – aber die sei nun vorbei. Es habe sich erwiesen, dass auf diese Weise mit Blick auf den Frieden keine Fortschritte zu machen seien. Der im Januar dieses Jahres vorgestellte Nahost-Plan entspricht dieser Haltung: Er ist als vielleicht letztes Angebot zu verstehen, das die Palästinenser annehmen können oder nicht. Diskutiert wird nicht mehr, jedenfalls nicht mehr über Themen wie die Jerusalem-Frage.

In Reaktion auf den Trump-Plan twitterte Biden indes: „Für einen Friedensplan müssen beide Seiten zusammenkommen. Das ist ein politischer Trick, der einseitige Annexions-Manöver nach sich ziehen und den Frieden weiter zurückwerfen könnte. Ich habe mein Leben damit verbracht, die Sicherheit und das Überleben eines jüdischen und demokratischen Israels zu fördern. So tut man es nicht.“

Ein Gemäßigter unter den Demokraten

In den Fragen der Sicherheit hat Biden im Wahlkampf tatsächlich etwas vorzuweisen: Andere Bewerber um die Kandidatur, wie Bernie Sanders, forderten eine Kürzung der Militärhilfen je nach den politischen Entscheidungen in Jerusalem. Biden erteilte diesem Denken eine Absage: „Ich werde angesichts der schweren Bedrohungen, denen Israel ausgesetzt ist, keine Bedingungen für die Sicherheitsunterstützung stellen. Das wäre unverantwortlich.“

Biden gehört damit zu den „Moderaten“ in seiner Partei – und wie sich herausstellt, ist er auch moderater als Obama. Dem Vernehmen nach sprach sich Biden in den letzten Amtstagen Obamas dagegen aus, die berüchtigte Resolution 2334 im UN-Sicherheitsrat durchgehen zu lassen. Obama hätte sie mit einem Veto stoppen können. Israel sieht in der Resolution eine einseitige Verurteilung und in Obamas Manöver den Tiefpunkt der Beziehungen zu den USA.

„Smart“ gegen den Iran

Im Falle eines Sieges wird die spannendste Frage sein, wie es mit den Abkommen zwischen Israel und der arabischen Welt weitergeht. Nach den Worten von Mossad-Chef Jossi Cohen ist Saudi-Arabien willig, würde im Falle eines Biden-Sieges aber abwarten. Nicht ohne Grund: Biden hatte deutlich gemacht, dass er eine kritischere Haltung zu dem Königreich einnimmt als Trump. Er will die Beziehungen „überprüfen“, gerade auch vor dem Hintergrund des Mordes an dem Journalisten Dschamal Chaschoggi im Oktober 2018.

Biden betonte zugleich, er habe auch bezüglich des Regimes in Teheran „keine Illusionen“, was die destabilisierende Rolle im Nahen Osten betrifft wie auch die Bekämpfung von Protesten im Inneren. Doch gebe es einen „smarten Weg“, damit umzugehen. Aktionen wie die Tötung des Kommandeurs der Al-Quds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarde, Kassem Sulaimani, gehören für Biden nicht dazu; dies habe den Iran nur provoziert. Sollte er am 3. November gewinnen, bietet sich die Gelegenheit zu zeigen, wie der von ihm angekündigte „effektivere“ Weg aussieht.

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