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Yad Vashem ehrt Lübecker Ehepaar

Der Lübecker Pfarrer sprach sich offen gegen Antisemitismus aus. Deswegen wurde er in den sofortigen Ruhestand versetzt und inhaftiert. Viele Jahre nach seinem Tod würdigt Israel seinen Einsatz innerhalb des NS-Regimes.
Von Israelnetz
Ägidienkirche in Lübeck 1929

JERUSALEM / LÜBECK (inn) – Der Pastor Wilhelm Jannasch und seine Frau Elisabeth (geb. Heuer) setzten sich während des Nationalsozialismus für Juden und Christen jüdischer Herkunft ein. Die Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem hat sie dafür bereits 2020 in die Liste der „Gerechten unter den Völkern“ aufgenommen. Das berichtete das Kommunikationswerk der Nordkirche Ende März.

Frühzeitiger Ruhestand wegen „falscher“ Äußerungen

Wilhelm Jannasch (1888–1966) war bis 1934 lange Jahre Hauptpastor der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck. Den NS-Staat lehnte er ab und sprach sich gegen Antisemitismus aus. Deshalb versetzte ihn die Lübecker Kirchenleitung 1934 in den Ruhestand. 1935 war er für sieben Tage inhaftiert.

Im selben Jahr ging das Ehepaar nach Berlin. Auch dort äußerte Jannasch weiterhin seine Missbilligung des Staates. Er setzte sich für eine deutsche Kritik der Kirche an Ausgrenzung, Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Minderheit ein.

Opposition als Antwort auf Gleichschaltung

Der Pastor war Teil der Oppositionsbewegung Bekennende Kirche. Diese hatte sich als Antwort auf die Kirchenpolitik des NS-Regimes gebildet. Diese Politik folgte dem Totalitätsanspruch der nationalsozialistischen Ideologie – eine Gleichschaltung war auch in der Kirche vorgesehen. Eine protestantische Minderheit wehrte sich gegen diese Gleichschaltung. Die bedeutende Denkschrift „An den Führer und Reichskanzler“ der Bekennenden Kirche gab Jannasch am 4. Juni 1936 persönlich in der Reichskanzlei ab.

Ab 1939 war Jannasch Pfarrer der Notgemeinde der Bekennenden Kirche in Berlin-Friedenau. Viele rassistisch Verfolgte erhielten hier Unterstützung in Form von Unterkunft, Arbeit, Lebensmitteln oder Seelsorge. Außerdem war das Ehepaar in Netzwerke zur Rettung und Unterstützung von verfolgten Juden eingebunden. Laut Yad Vashem sollen sie mitgeholfen haben, das Ehepaar Max und Ines Krakauer zu verstecken.

Außerdem trug Jannasch 1943 dazu bei, dass Gesetzespläne zur Zwangsscheidung sogenannter Mischehen nicht weiterverfolgt wurden. Dies tat er laut Datenmaterial mit seiner Reise nach Breslau, wo er sich mit dem katholischen Kardinal Adolf Bertram bezüglich Gegenmaßnahmen der großen Kirchen abstimmte.

Keine leichte Recherche

Der spätere Gründungsdekan und Professor für Praktische Theologie an der Johannes-Gutenberg-Universität erhielt 1962 das Große Bundesverdienstkreuz für seine Haltung zur Zeit der nationalsozialistischen Diktatur. Hinzu kamen Jannaschs Wirken im Kirchenkampf und seine Verdienste im Aufbau der Mainzer Theologischen Fakultät.

Die Lübecker Aegidiengemeinde hatte den Historiker Hansjörg Buss mit der Recherche zur Geschichte des Ehepaars beauftragt. Er erklärt, dass aus verständlichen Gründen wenig Schriftliches hinterlassen wurde. Einzelheiten der Geschichte seien deshalb nicht bekannt. Von Elisabeth Jannasch wisse man nur sehr wenig. Sicher sei aber, dass sie die Aktivitäten ihres Mannes mitgetragen und aktiv unterstützt habe. Die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern“ vergibt die Gedenkstätte Yad Vashem seit 1963. Sie soll „Nichtjuden, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um Juden zu retten“ ehren, wie es auf der Webseite von Yad Vashem heißt. Der Staat Israel und das jüdische Volk will damit seiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen. (kkr)

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2 Antworten

  1. Es ist aus meiner Sicht sehr erfreulich, dass zunehmend auch Christen jüdischer Abstammung (also konvertierte/christlich getaufte bzw. aus solchen Familien stammende Juden oder auch Halbjuden) Beachtung bzw. Erwähnung finden.

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  2. In diesem Bericht ist von „Juden und Christen jüdischer Herkunft“. Diese Unterscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Sie geht davon aus, dass jüdische Menschen, die in Jesus von Nazareth den Messias Israel erkennen und sich auf seinen Namen taufen lassen, zwar „jüdischer Herkunft“ sind, aber keine Juden mehr. Wer dies vertritt, müsste folgerichtig auch vertreten, dass die Jünger Jesu und die übrigen Angehörigen seiner ersten Gemeinde in Jerusalem aufgehört haben, Juden zu sein – ganz entgegen ihrem Selbstverständnis. Juden bleiben Juden – unabhängig davon, welcher religiösen Überzeugung sie sich zuwenden. An dieser Stelle sind die Nationalsozialisten konsequent gewesen: Sie haben sich für die religiösen Überzeugungen von Juden nicht interessiert. Was hindert uns daran, heute von jüdischen Jesus-Nachfolgern, von jüdischen Christen oder – mit der heute verbreiteten Bezeichnung – von messianischen Juden zu sprechen?

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