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Vielfalt des Judentums

Israel definiert sich als jüdischer Staat. Doch im Judentum gibt es unterschiedliche Strömungen, die dort in kleinerer oder größerer Zahl vertreten sind.
Das Judentum ist vielfältig und bunt. Die Klagemauer in Jerusalem stellt für viele Juden den heiligsten Ort dar.
Woher kommt das Wort Jude? Bild: Jüdische Männer mit Gebetsschal (Tallit) in der Jerusalemer Altstadt Die hebräische Bezeichnung für einen Juden lautet „jehudi“. Dieses Wort leitet sich vom Namen des vierten Sohnes vom Stammvater Jakob ab – Jehuda. Die Bezeichnung „jehudi“ bezog sich zunächst nur auf dessen Nachkommen, also Mitglieder des Stammes Juda. Nach der Teilung des zuvor von König Salomo regierten Staatsgebietes hieß das Nordreich Israel – ein Beiname Jakobs – und das Südreich Juda. Später wurde das Gebiet südlich von Jerusalem als „Jehuda“ bekannt, die deutsche Übersetzung ist „Judäa“. Die Bezeichnung „Palästina“ führte der römische Kaiser Hadrian im Jahr 135 ein. Der Begriff „Jude“ bezeichnet einerseits eine ethnische Abstammung, die seit der römischen Zeit über die Mutter bestimmt wird. Andererseits bezieht er sich auf eine Glaubensrichtung. Ein Übertritt zum Judentum geschieht bei Männern durch Beschneidung, das Untertauchen im rituellen Tauchbad und ein Glaubensbekenntnis. Frauen reinigen sich nur im Tauchbad und bekennen ihren neuen Glauben. Ihre Kinder sind ebenfalls Juden. Foto: Israelnetz/mh
Woher kommt das Wort Jude? Bild: Jüdische Männer mit Gebetsschal (Tallit) in der Jerusalemer Altstadt Die hebräische Bezeichnung für einen Juden lautet „jehudi“. Dieses Wort leitet sich vom Namen des vierten Sohnes vom Stammvater Jakob ab – Jehuda. Die Bezeichnung „jehudi“ bezog sich zunächst nur auf dessen Nachkommen, also Mitglieder des Stammes Juda. Nach der Teilung des zuvor von König Salomo regierten Staatsgebietes hieß das Nordreich Israel – ein Beiname Jakobs – und das Südreich Juda. Später wurde das Gebiet südlich von Jerusalem als „Jehuda“ bekannt, die deutsche Übersetzung ist „Judäa“. Die Bezeichnung „Palästina“ führte der römische Kaiser Hadrian im Jahr 135 ein. Der Begriff „Jude“ bezeichnet einerseits eine ethnische Abstammung, die seit der römischen Zeit über die Mutter bestimmt wird. Andererseits bezieht er sich auf eine Glaubensrichtung. Ein Übertritt zum Judentum geschieht bei Männern durch Beschneidung, das Untertauchen im rituellen Tauchbad und ein Glaubensbekenntnis. Frauen reinigen sich nur im Tauchbad und bekennen ihren neuen Glauben. Ihre Kinder sind ebenfalls Juden.
Ultra-Orthodoxe, National-Religiöse, Säkulare Bild: Die Kopfbedeckung Kippa tragen gläubige und säkulare Juden Seit der Staatsgründung wird die jüdische Bevölkerung des modernen Israel in mindestens drei Strömungen geteilt: Die Haredim, die Gottesfürchtigen, die im Deutschen meist als ultra-orthodox bezeichnet werden; die Datiim-le‘umim, die Nationalreligiösen, sowie die Chilonim, die nicht-religiösen Juden, von denen sich manche als jüdische Säkulare und andere als Anhänger einer säkularen jüdischen Kultur bezeichnen. Häufig lassen sich diese Menschen allein anhand ihrer Kleidung einordnen: Die Männer der Haredim haben Schläfenlocken, tragen schwarze Kippot oder Hüte, eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Die Frauen sind häufig in dezenten Farben, aber einfarbig, gekleidet. Dabei reichen die Röcke der Mädchen über das Knie, verheiratete Frauen tragen eine Kopfbedeckung. Auch die Frauen der Nationalreligiösen tragen Röcke und nach der Heirat eine Kopfbedeckung. Allerdings sind diese deutlich anders gebunden und meist sehr farbenfroh. Die Kleidung der Männer ist nur anhand der bunten Häkelkippas in unterschiedlichsten Größen und der biblisch gebotenen Schaufäden vom säkularen beziehungsweise im Westen üblichen Kleidungsstil zu unterscheiden. Im Gegensatz zur Schulbildung der Haredim, die vor allem das Studium jüdischer Schriften enthält, unterscheidet sich der Lehrplan der Nationalreligiösen kaum von dem der anderen staatlichen Schulen. Beide Gruppierungen halten die von der jüdischen Tradition festgelegten 613 Gebote, essen koscher und halten den Schabbat. Weil sich ihre theologischen und auch die alltäglichen Überzeugungen voneinander unterscheiden, haben sie nicht allzu viele Berührungspunkte. Die Haredim sind in zahlreiche Strömungen gegliedert und versuchen, sich von allen modernen Einflüssen fernzuhalten. Sowohl in den Gottesdiensten als auch im Alltag praktizieren sie eine rigorose Geschlechtertrennung. Oft ist die Zugehörigkeit zu ihren Rabbinern, an deren Vorgaben sie sich streng halten, anhand der Form ihrer Hüte oder Strümpfe zu erkennen. Zwar werden die Chilonim oft als säkular bezeichnet. Doch dieser Begriff muss anders definiert werden als in Europa, denn viele von ihnen sind sich ihrer jüdischen Herkunft sehr bewusst. Sie feiern die Feste und haben durch die staatliche Schulbildung auch eine große Bibelkenntnis. Zwischen den Chilonim und den Nationalreligiösen stehen die Reformjuden beziehungsweise die Massortim, die Traditionellen – sie tragen nicht unbedingt eine Kippa, haben aber eine koschere Küche und auch sonst ist ihnen das Judentum sehr wichtig. Frauen als Rabbinerinnen sind bei ihnen teilweise zugelassen und Ehen zwischen Juden und Nichtjuden überwiegend zwar nicht erlaubt, sie dürfen aber gesegnet werden. In den vergangenen Jahren wurden die Grenzen zwischen diesen Gruppierungen fließender. Einer Umfrage des Instituts für Jüdische Politik JPPI zufolge bezeichneten sich noch 2013 nur 3,9 Prozent der israelischen Juden als Reformjuden. 2018 waren es 12 Prozent. Foto: Israelnetz/mh
Ultra-Orthodoxe, National-Religiöse, Säkulare Bild: Die Kopfbedeckung Kippa tragen gläubige und säkulare Juden Seit der Staatsgründung wird die jüdische Bevölkerung des modernen Israel in mindestens drei Strömungen geteilt: Die Haredim, die Gottesfürchtigen, die im Deutschen meist als ultra-orthodox bezeichnet werden; die Datiim-le‘umim, die Nationalreligiösen, sowie die Chilonim, die nicht-religiösen Juden, von denen sich manche als jüdische Säkulare und andere als Anhänger einer säkularen jüdischen Kultur bezeichnen. Häufig lassen sich diese Menschen allein anhand ihrer Kleidung einordnen: Die Männer der Haredim haben Schläfenlocken, tragen schwarze Kippot oder Hüte, eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Die Frauen sind häufig in dezenten Farben, aber einfarbig, gekleidet. Dabei reichen die Röcke der Mädchen über das Knie, verheiratete Frauen tragen eine Kopfbedeckung. Auch die Frauen der Nationalreligiösen tragen Röcke und nach der Heirat eine Kopfbedeckung. Allerdings sind diese deutlich anders gebunden und meist sehr farbenfroh. Die Kleidung der Männer ist nur anhand der bunten Häkelkippas in unterschiedlichsten Größen und der biblisch gebotenen Schaufäden vom säkularen beziehungsweise im Westen üblichen Kleidungsstil zu unterscheiden. Im Gegensatz zur Schulbildung der Haredim, die vor allem das Studium jüdischer Schriften enthält, unterscheidet sich der Lehrplan der Nationalreligiösen kaum von dem der anderen staatlichen Schulen. Beide Gruppierungen halten die von der jüdischen Tradition festgelegten 613 Gebote, essen koscher und halten den Schabbat. Weil sich ihre theologischen und auch die alltäglichen Überzeugungen voneinander unterscheiden, haben sie nicht allzu viele Berührungspunkte. Die Haredim sind in zahlreiche Strömungen gegliedert und versuchen, sich von allen modernen Einflüssen fernzuhalten. Sowohl in den Gottesdiensten als auch im Alltag praktizieren sie eine rigorose Geschlechtertrennung. Oft ist die Zugehörigkeit zu ihren Rabbinern, an deren Vorgaben sie sich streng halten, anhand der Form ihrer Hüte oder Strümpfe zu erkennen. Zwar werden die Chilonim oft als säkular bezeichnet. Doch dieser Begriff muss anders definiert werden als in Europa, denn viele von ihnen sind sich ihrer jüdischen Herkunft sehr bewusst. Sie feiern die Feste und haben durch die staatliche Schulbildung auch eine große Bibelkenntnis. Zwischen den Chilonim und den Nationalreligiösen stehen die Reformjuden beziehungsweise die Massortim, die Traditionellen – sie tragen nicht unbedingt eine Kippa, haben aber eine koschere Küche und auch sonst ist ihnen das Judentum sehr wichtig. Frauen als Rabbinerinnen sind bei ihnen teilweise zugelassen und Ehen zwischen Juden und Nichtjuden überwiegend zwar nicht erlaubt, sie dürfen aber gesegnet werden. In den vergangenen Jahren wurden die Grenzen zwischen diesen Gruppierungen fließender. Einer Umfrage des Instituts für Jüdische Politik JPPI zufolge bezeichneten sich noch 2013 nur 3,9 Prozent der israelischen Juden als Reformjuden. 2018 waren es 12 Prozent.
Samaritaner Bild: Eine Kunstvoll hergerichtete samaritanische Laubhütte Die heutigen Samaritaner führen ihre Linie auf die Israeliten zurück, die vor dem babylonischen Exil im Norden Samariens lebten. Sie selbst gingen nicht ins Exil, daher glauben sie, dass sie dem biblischen Judentum näher sind als die Juden. Als Hauptsitz ihrer Religion erkennen sie nicht Jerusalem an, sondern den „Berg des Segens“ Garizim. Dieser liegt in Samaria, nahe des biblischen Sichem (heute Nablus); dort befindet sich auch der Opferplatz. Die Samaritaner leben zudem auch in Holon bei Tel Aviv, sie sprechen Arabisch und Hebräisch. Ihr liturgischer Dialekt unterscheidet sich vom liturgischen Hebräisch der Juden und stark vom modernen Hebräisch. Politischer und geistlicher Leiter ist der Hohepriester in Samaria, der auch Mitglied des palästinensischen Autonomierates ist. Dieses Amt hat immer der älteste Samaritaner inne. Nach biblischer Überlieferung entstammen die Samaritaner den zehn Stämmen des Nordreiches Israel. Offenbar vermischten sie sich mit mesopotamischen Stämmen, sodass sich ihre religiösen Riten und Feste sowie die Tora stark von denen der Juden unterscheiden. So bauen die Samaritaner ihre Laubhütte im eigenen Haus. Auch heute, nach der Tempelzerstörung, opfern sie Schafe zum Pessachfest. Der Prophet Mose spielt bei ihnen eine viel stärkere Rolle als im Judentum. Weil es heute nur noch knapp 800 Samaritaner gibt und die Zugehörigkeit über den Vater bestimmt wird, heiraten viele Männer Frauen aus Osteuropa. Foto: Israelnetz/Johannes Gerloff
Samaritaner Bild: Eine Kunstvoll hergerichtete samaritanische Laubhütte Die heutigen Samaritaner führen ihre Linie auf die Israeliten zurück, die vor dem babylonischen Exil im Norden Samariens lebten. Sie selbst gingen nicht ins Exil, daher glauben sie, dass sie dem biblischen Judentum näher sind als die Juden. Als Hauptsitz ihrer Religion erkennen sie nicht Jerusalem an, sondern den „Berg des Segens“ Garizim. Dieser liegt in Samaria, nahe des biblischen Sichem (heute Nablus); dort befindet sich auch der Opferplatz. Die Samaritaner leben zudem auch in Holon bei Tel Aviv, sie sprechen Arabisch und Hebräisch. Ihr liturgischer Dialekt unterscheidet sich vom liturgischen Hebräisch der Juden und stark vom modernen Hebräisch. Politischer und geistlicher Leiter ist der Hohepriester in Samaria, der auch Mitglied des palästinensischen Autonomierates ist. Dieses Amt hat immer der älteste Samaritaner inne. Nach biblischer Überlieferung entstammen die Samaritaner den zehn Stämmen des Nordreiches Israel. Offenbar vermischten sie sich mit mesopotamischen Stämmen, sodass sich ihre religiösen Riten und Feste sowie die Tora stark von denen der Juden unterscheiden. So bauen die Samaritaner ihre Laubhütte im eigenen Haus. Auch heute, nach der Tempelzerstörung, opfern sie Schafe zum Pessachfest. Der Prophet Mose spielt bei ihnen eine viel stärkere Rolle als im Judentum. Weil es heute nur noch knapp 800 Samaritaner gibt und die Zugehörigkeit über den Vater bestimmt wird, heiraten viele Männer Frauen aus Osteuropa.
Karäer und rabbinisches Judentum Im 9. Jahrhundert entstanden verschiedene Sekten als Protestbewegung gegen das rabbinische Judentum. Zu ihnen gehören die Karäer, deren Zentrum zunächst in Bagdad lag. Der Name leitet sich vom hebräischen Wort „kara“ ab, das „lesen“ bedeutet – sie sehen sich also als „Leute der Schrift“. Karäer erkennen ausschließlich die Hebräische Bibel als verbindliche Lehre an. Denn sie meinen, dass alle göttlichen Gebote dort festgehalten sind. Die mündliche Tora, die sich unter anderem im Talmud (siehe Bild) findet und die nach rabbinischer Auffassung den gleichen Stellenwert hat wie die schriftliche Überlieferung, lehnen sie ab. Ein Unterschied zeigt sich am Schabbat: Die mündliche Tora gestattet es Juden, ein Feuer zu unterhalten, das vor dem wöchentlichen Feiertag entzündet wurde. Karäer deuten die Schrift hingegen so, dass am Schabbat keine Flamme brennen darf, also bleiben ihre Häuser am Ruhetag dunkel. Vor und nach der Toralesung sowie beim Essen und Trinken sprechen sie Segensworte. Diese enthalten immer einen Hinweis auf Zion. Statt der traditionellen Liturgie nutzen Karäer, ähnlich wie die rabbinischen Juden, für Gebete die Psalmen Davids und andere biblische Abschnitte. Ihre Blütezeit hatte die Bewegung im 10. und 11. Jahrhundert. Heute sind sie eine kleine Minderheit. In Israel leben nach ihren eigenen Angaben etwa 35.000 Karäer, weltweit sind es rund 40.000. Sie werden im jüdischen Staat als „nichtreligiöse Juden“ geführt. Heiraten zwischen den beiden Gruppen sind nur möglich, wenn ein Karäer offiziell zum rabbinischen Judentum übertritt. Foto: Israelnetz/mh
Karäer und rabbinisches Judentum Im 9. Jahrhundert entstanden verschiedene Sekten als Protestbewegung gegen das rabbinische Judentum. Zu ihnen gehören die Karäer, deren Zentrum zunächst in Bagdad lag. Der Name leitet sich vom hebräischen Wort „kara“ ab, das „lesen“ bedeutet – sie sehen sich also als „Leute der Schrift“. Karäer erkennen ausschließlich die Hebräische Bibel als verbindliche Lehre an. Denn sie meinen, dass alle göttlichen Gebote dort festgehalten sind. Die mündliche Tora, die sich unter anderem im Talmud (siehe Bild) findet und die nach rabbinischer Auffassung den gleichen Stellenwert hat wie die schriftliche Überlieferung, lehnen sie ab. Ein Unterschied zeigt sich am Schabbat: Die mündliche Tora gestattet es Juden, ein Feuer zu unterhalten, das vor dem wöchentlichen Feiertag entzündet wurde. Karäer deuten die Schrift hingegen so, dass am Schabbat keine Flamme brennen darf, also bleiben ihre Häuser am Ruhetag dunkel. Vor und nach der Toralesung sowie beim Essen und Trinken sprechen sie Segensworte. Diese enthalten immer einen Hinweis auf Zion. Statt der traditionellen Liturgie nutzen Karäer, ähnlich wie die rabbinischen Juden, für Gebete die Psalmen Davids und andere biblische Abschnitte. Ihre Blütezeit hatte die Bewegung im 10. und 11. Jahrhundert. Heute sind sie eine kleine Minderheit. In Israel leben nach ihren eigenen Angaben etwa 35.000 Karäer, weltweit sind es rund 40.000. Sie werden im jüdischen Staat als „nichtreligiöse Juden“ geführt. Heiraten zwischen den beiden Gruppen sind nur möglich, wenn ein Karäer offiziell zum rabbinischen Judentum übertritt.
Sfaradim und Aschkenasim Bild: Toraschrein einer sephardischen Synagoge in Jerusalem – darin werden die Schriftrollen aufbewahrt Der Begriff „Sfarad“ stammt aus der Hebräischen Bibel. Er bezeichnet eine Gegend, in der israelitische Deportierte lebten (Obadja 20). Wo sich die Region befand, ist nicht überliefert. Später wurde daraus das hebräische Wort für Spanien. Die Vorfahren der sogenannten sephardischen Juden lebten auf der Iberischen Halbinsel. Von dort wurden sie ab dem Jahr 1492 vertrieben. Sie siedelten sich in Nordafrika, Südost- und Nordwest­europa sowie in Nordamerika an. Die Sfaradim prägten einen spanisch-­jüdischen Dialekt, Ladino. Er wird traditionell in hebräischen Buchstaben geschrieben. Ladino enthält nicht nur romanische und hebräische, sondern auch griechische, türkische und arabische Elemente. Sephardische Gelehrte hatten großen Einfluss auf die hebräische Sprachwissenschaft und Poesie. Die Begründer des modernen Hebräisch, das heute Amtssprache des Staates Israel ist, wollten sich von der osteuropäischen Diaspora absetzen. Deshalb übernahnen sie die von den Sfaradim überlieferte Aussprache. Eine besondere Gruppe bilden die Misrachim. Dieses Wort leitet sich von „Misrach“ ab, was „Osten“ bedeutet. Es bezeichnet Juden aus der islamischen Welt. In Nordafrika gibt es eine Überschneidung mit den Sfaradim. Nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 wurden etwa 850.000 Juden aus Ländern wie dem Iran, dem Irak, Syrien, Ägypten oder Marokko vertrieben. Mittlerweile begeht Israel am 30. November einen Gedenktag für diese Flüchtlinge. Das Wort „Aschkenas“ wiederum bezeichnet in der Hebräischen Bibel ein nördliches Volk, das von Gomer, einem Enkel Noahs, abstammt (1. Mose 10,3). Im Mittelalter war es der hebräische Name für Deutschland. Spätestens seit Anfang des 14. Jahrhunderts wurden die Juden, die von dort emigrierten, Aschkenasim genannt. Sie prägten eine eigene Tradition mit einer besonderen Aussprache des Hebräischen. So sagen sie nicht „Schalóm“, sondern „Schólem“. Zur Blüte kam ihre Kultur in Osteuropa. Die gemeinsame Sprache war Jiddisch, ein deutsch-jüdischer Dialekt, der hebräische und slawische Elemente enthält. Aschkenasische Juden haben eigene Speisevorschriften beim Pessach-Fest, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. So müssen sie etwa nicht nur auf gesäuertes Brot verzichten, sondern auch auf Reis. Aschkenasische Juden, unter anderem aus Russland, dominierten die ersten Einwanderungswellen nach Palästina am Ende des 19. Jahrhunderts. Während der Scho‘ah wurden zahlreiche aschkenasische Juden von den Nationalsozialisten ermordet. Viele Überlebende halfen nach 1948 mit, den Staat Israel aufzubauen. Foto: Israelnetz/mh
Sfaradim und Aschkenasim Bild: Toraschrein einer sephardischen Synagoge in Jerusalem – darin werden die Schriftrollen aufbewahrt Der Begriff „Sfarad“ stammt aus der Hebräischen Bibel. Er bezeichnet eine Gegend, in der israelitische Deportierte lebten (Obadja 20). Wo sich die Region befand, ist nicht überliefert. Später wurde daraus das hebräische Wort für Spanien. Die Vorfahren der sogenannten sephardischen Juden lebten auf der Iberischen Halbinsel. Von dort wurden sie ab dem Jahr 1492 vertrieben. Sie siedelten sich in Nordafrika, Südost- und Nordwest­europa sowie in Nordamerika an. Die Sfaradim prägten einen spanisch-­jüdischen Dialekt, Ladino. Er wird traditionell in hebräischen Buchstaben geschrieben. Ladino enthält nicht nur romanische und hebräische, sondern auch griechische, türkische und arabische Elemente. Sephardische Gelehrte hatten großen Einfluss auf die hebräische Sprachwissenschaft und Poesie. Die Begründer des modernen Hebräisch, das heute Amtssprache des Staates Israel ist, wollten sich von der osteuropäischen Diaspora absetzen. Deshalb übernahnen sie die von den Sfaradim überlieferte Aussprache. Eine besondere Gruppe bilden die Misrachim. Dieses Wort leitet sich von „Misrach“ ab, was „Osten“ bedeutet. Es bezeichnet Juden aus der islamischen Welt. In Nordafrika gibt es eine Überschneidung mit den Sfaradim. Nach der Gründung des Staates Israel im Mai 1948 wurden etwa 850.000 Juden aus Ländern wie dem Iran, dem Irak, Syrien, Ägypten oder Marokko vertrieben. Mittlerweile begeht Israel am 30. November einen Gedenktag für diese Flüchtlinge. Das Wort „Aschkenas“ wiederum bezeichnet in der Hebräischen Bibel ein nördliches Volk, das von Gomer, einem Enkel Noahs, abstammt (1. Mose 10,3). Im Mittelalter war es der hebräische Name für Deutschland. Spätestens seit Anfang des 14. Jahrhunderts wurden die Juden, die von dort emigrierten, Aschkenasim genannt. Sie prägten eine eigene Tradition mit einer besonderen Aussprache des Hebräischen. So sagen sie nicht „Schalóm“, sondern „Schólem“. Zur Blüte kam ihre Kultur in Osteuropa. Die gemeinsame Sprache war Jiddisch, ein deutsch-jüdischer Dialekt, der hebräische und slawische Elemente enthält. Aschkenasische Juden haben eigene Speisevorschriften beim Pessach-Fest, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben. So müssen sie etwa nicht nur auf gesäuertes Brot verzichten, sondern auch auf Reis. Aschkenasische Juden, unter anderem aus Russland, dominierten die ersten Einwanderungswellen nach Palästina am Ende des 19. Jahrhunderts. Während der Scho‘ah wurden zahlreiche aschkenasische Juden von den Nationalsozialisten ermordet. Viele Überlebende halfen nach 1948 mit, den Staat Israel aufzubauen.
Ultra-Orthodoxie: Zuwendung oder Abkehr Bild: Drei Ultra-Orthodoxe Männer schreiten durch Jerusalemer Straßen Wer der jüdischen Religion den Rücken kehrt, wird gemeinhin als „Choser beSche‘ela“ bezeichnet, wörtlich jemand, der zur Frage zurückkehrt. Wer sich dagegen der Religion zuwendet, ist ein „Choser biTschuwa“, jemand, der zur Antwort zurückkehrt. „Tschuwa“ heißt aber auch „Reue“. Eine wachsende Gruppe sind Ultra-Orthodoxe, die ihrer Gemeinschaft den Rücken kehren. Vielfach bedeutet diese Abwendung auch den Bruch mit der Familie und dem kompletten sozialen Netzwerk. Viele von ihnen nennen sich selbst Joz‘im, Aussteiger. Sie fallen oft aus allen Rastern und brauchen Hilfe von außen, um sich in der modernen Gesellschaft Israels zurechtzufinden. Viele thematisieren in Kunst, Literatur und Filmen ihre Vergangenheit. Sie bekommen großes Verständnis und Sympathie der israelischen Mehrheitsgesellschaft, bleiben jedoch vielfach als Gemeinschaft unter sich. Foto: Israelnetz/mh
Ultra-Orthodoxie: Zuwendung oder Abkehr Bild: Drei Ultra-Orthodoxe Männer schreiten durch Jerusalemer Straßen Wer der jüdischen Religion den Rücken kehrt, wird gemeinhin als „Choser beSche‘ela“ bezeichnet, wörtlich jemand, der zur Frage zurückkehrt. Wer sich dagegen der Religion zuwendet, ist ein „Choser biTschuwa“, jemand, der zur Antwort zurückkehrt. „Tschuwa“ heißt aber auch „Reue“. Eine wachsende Gruppe sind Ultra-Orthodoxe, die ihrer Gemeinschaft den Rücken kehren. Vielfach bedeutet diese Abwendung auch den Bruch mit der Familie und dem kompletten sozialen Netzwerk. Viele von ihnen nennen sich selbst Joz‘im, Aussteiger. Sie fallen oft aus allen Rastern und brauchen Hilfe von außen, um sich in der modernen Gesellschaft Israels zurechtzufinden. Viele thematisieren in Kunst, Literatur und Filmen ihre Vergangenheit. Sie bekommen großes Verständnis und Sympathie der israelischen Mehrheitsgesellschaft, bleiben jedoch vielfach als Gemeinschaft unter sich.
Messianische Juden Bild: Ein Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelium auf Hebräisch Als sich Mitte des ersten Jahrhunderts die ersten christlichen Gemeinden bildeten, bestanden sie vornehmlich aus Juden. Menschen wie Petrus oder Paulus kamen gar nicht auf die Idee, dass sie durch ihren Glauben an Jesus, den Messias, einer anderen Religion angehören könnten. In der Tradition dieser jüdischen Urchristen sehen sich messianische Juden. Viele von ihnen feiern jüdische Feste und halten sich an jüdische Bräuche. Gleichzeitig glauben sie, dass Jesus der Messias ist. Innerhalb der messianischen Juden gibt es verschiedene Strömungen: Manche Gemeinden sind charismatisch geprägt und wirken auf den ersten Blick nicht besonders jüdisch. Andere feiern Gottesdienst mit der Lesung aus der Torarolle und einer Predigt über den Wochenabschnitt der Synagoge. Zusätzlich spielen Texte aus dem Neuen Testament (siehe Bild) bei ihnen eine Rolle. Die einen singen die neuesten Anbetungslieder, die anderen halten sich an das jüdische Gebetbuch mit seinen altvertrauten Melodien. Doch alle diese Gemeinden sind verbunden durch den Glauben an Jeschua HaMaschiach, der hebräische Name für Jesus Christus. Weil sie an Jesus glauben, werden sie vielfach nicht mehr als Juden anerkannt – auch wenn sie von einer jüdischen Mutter abstammen. Dadurch ist es für messianische Juden mitunter schwierig, nach Israel einzuwandern. Denn die Regel, dass jeder Jude ohne weitere Voraussetzungen israelischer Staatsbürger werden darf, trifft für sie nach Auffassung der Rabbiner nicht zu. Die Gesamtzahl der messianischen Juden zu erfassen, ist kaum möglich. Viele nicht-jüdische Christen sind Teil der Gemeinden, so dass dies nicht als Grundlage für eine Zählung dienen kann. Ein Teil der messianischen Juden ist zudem nicht als Mitglied einer Gemeinde registriert. Foto: Israelnetz/mh
Messianische Juden Bild: Ein Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelium auf Hebräisch Als sich Mitte des ersten Jahrhunderts die ersten christlichen Gemeinden bildeten, bestanden sie vornehmlich aus Juden. Menschen wie Petrus oder Paulus kamen gar nicht auf die Idee, dass sie durch ihren Glauben an Jesus, den Messias, einer anderen Religion angehören könnten. In der Tradition dieser jüdischen Urchristen sehen sich messianische Juden. Viele von ihnen feiern jüdische Feste und halten sich an jüdische Bräuche. Gleichzeitig glauben sie, dass Jesus der Messias ist. Innerhalb der messianischen Juden gibt es verschiedene Strömungen: Manche Gemeinden sind charismatisch geprägt und wirken auf den ersten Blick nicht besonders jüdisch. Andere feiern Gottesdienst mit der Lesung aus der Torarolle und einer Predigt über den Wochenabschnitt der Synagoge. Zusätzlich spielen Texte aus dem Neuen Testament (siehe Bild) bei ihnen eine Rolle. Die einen singen die neuesten Anbetungslieder, die anderen halten sich an das jüdische Gebetbuch mit seinen altvertrauten Melodien. Doch alle diese Gemeinden sind verbunden durch den Glauben an Jeschua HaMaschiach, der hebräische Name für Jesus Christus. Weil sie an Jesus glauben, werden sie vielfach nicht mehr als Juden anerkannt – auch wenn sie von einer jüdischen Mutter abstammen. Dadurch ist es für messianische Juden mitunter schwierig, nach Israel einzuwandern. Denn die Regel, dass jeder Jude ohne weitere Voraussetzungen israelischer Staatsbürger werden darf, trifft für sie nach Auffassung der Rabbiner nicht zu. Die Gesamtzahl der messianischen Juden zu erfassen, ist kaum möglich. Viele nicht-jüdische Christen sind Teil der Gemeinden, so dass dies nicht als Grundlage für eine Zählung dienen kann. Ein Teil der messianischen Juden ist zudem nicht als Mitglied einer Gemeinde registriert.

Von: Elisabeth Hausen und Merle Hofer

Diesen Artikel finden Sie auch in der Ausgabe 4/2020 des Israelnetz Magazins. In dieser besonderen Ausgabe dreht sich alles rund um das Thema Religion. Sie können die Zeitschrift kostenlos und unverbindlich bestellen unter der Telefonnummer 06441/5 66 77 00, via E-Mail an info@israelnetz.com oder online. Gerne können Sie auch mehrere Exemplare zum Weitergeben oder Auslegen anfordern.

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