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Streit um Theaterstück in München

In einem Münchner Theater steht eine jüdisch-arabische Liebesgeschichte auf dem Spielplan. Jüdische Studenten schauen sich das Stück an und erheben schwere Vorwürfe. Das Theater setzt die Vorstellungen aus.
Von Israelnetz

MÜNCHEN (inn) – Der jüdische Biogenetiker Eitan verliebt sich in einer New Yorker Bibliothek in Wahida, eine Doktorandin mit arabischem Hintergrund. Die beiden begeben sich auf eine Identitätssuche, auch in Israel; wegen der Liebe kommt es zum heftig ausgetragenen Konflikt mit Eitans Familie.

Das ist die Geschichte, die das Theaterstück „Vögel“ erzählt. Es stammt aus der Feder des libanesisch-kanadischen Autors Wajdi Mouawad. Uraufgeführt wurde es 2017 in Paris, seitdem gab es auch zahlreiche Inszenierungen in Deutschland. Auch in Israel war das Stück bereits zu sehen. Nun hat sich das Metropoltheater in München der Geschichte angenommen – und sieht sich Antisemitismusvorwürfen ausgesetzt.

Israelbezogener Antisemtismus?

Erhoben wurden sie als erstes von der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD) und dem Verband jüdischer Studenten in Bayern. Vier Angehörige der beiden Gruppen hatten sich Ende Oktober die von Intendant und Regisseur Jochen Schölch konzipierte Iszenierung angesehen. Am 11. November dann zeigten sie sich in einem offenen Brief „entsetzt“ über „das Ausmaß des darin zur Schau getragenen Antisemitismus“.

Die Studenten werfen dem Stück „Scho’ah-Relativierung und Vergleiche zwischen dem jüdischen Staat und Nazi-Deutschland“ vor und wollen „antisemitische Narrative“ ausgemacht haben. In „Vögel“ werde „israelbezogener Antisemitismus salonfähig“ gemacht. Der Brief sowie in der „Jüdischen Allgemeinen“ und bei der „Welt“ veröffentlichte Kommentare von JSUD-Chefin Anna Staroselski machen die Vorwürfe an einigen Zitaten konkret.

So soll der Jude Eitan an einer Stelle die Frage aufmachen: „Wenn Traumata Spuren in den Genen hinterließen, die wir unseren Kindern vererben, glaubst du, unser Volk ließe dann heute ein anderes die Unterdrückung erleiden, die es selbst erlitten hat?“ Das ist offenbar auf den Umgang Israels mit den Palästinensern bezogen.

An anderer Stelle klagt Eitan laut den Studenten seinen Großvater an, dieser könne nicht „ständig alles, was passiert, mit seinem Scheiß-KZ vergleichen“. Gespielt wird Eitan laut Metropoltheater von Leonard Dick, einem Schauspieler, der selbst jüdische Wurzeln hat, wie er bereits Anfang Oktober in einem vom Theater veröffentlichten Video erzählte.

Einladung „zur kollektiven Schuldentlastung“

Kern der von den Studenten erhobenen Vorwürfe ist, dass mit Passagen wie diesen Antisemitismus und Scho’ah-Relativierung über den Umweg der jüdischen Protagonisten legitimiert werde. Dem Publikum werde vermittelt, „dass ihre eigenen antisemitischen Ressentiments kein Tabu sind und frei geäußert werden könnten, da dies angeblich auch innerhalb jüdischer Familien normalisiert sei“.

Staroselski schreibt in der „Welt“, das deutsche Publikum werde „zur kollektiven Schuldentlastung eingeladen“. Ihrzufolge wird auch der israelisch-palästinensische Konflikt „unterkomplex und einseitig“ dargestellt, etwa durch eine israelische Soldatin, die im Stück eine Rolle spielt. Die Studenten forderten von der Stadt München, „die Finanzierung des Stückes zu streichen“. Die Stadt hat dieses Verlangen vorerst zurückgewiesen.

Stück vorerst ausgesetzt

Regisseur Schölch reagierte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur auf die Vorwürfe, indem er darauf verwies, dass „Vögel“ „als Stück der Stunde gesehen und als der moderne ‚Nathan der Weise‘ bezeichnet“ werde. Unter diesen Voraussetzungen habe er das Stück inszeniert und „kein Wort dazugetan“. Die Studenten hätten Zitate aus dem Zusammenhang gerissen.

Am Mittwoch wies das Theater in einer Stellungnahme darauf hin, dass es „bisher nirgendwo zu solchen Vorwürfen gekommen“ sei. Umso mehr bedauere man, „welche Verletzungen durch den Text ausgelöst wurden und dass sich im Zusammenhang mit dieser Aufführung Menschen herabgesetzt fühlen“.

Für Sonntag hat das Theater zu einer Sondervorstellung eingeladen, darunter Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde München, des Münchner Stadtrats und der Studentenverbände. Im Anschluss soll ein offenes Gespräch stattfinden. Bis dahin werden alle Vorstellungen von „Vögel“ ausgesetzt.

Medienberichten zufolge wollen die Studenten nicht zu der Sondervorstellung gehen. Aus dem Münchner Kulturreferat hieß es jedoch, beide Seiten hätten sich auf einen nicht-öffentlichen Austausch geeinigt. (ser)

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14 Antworten

  1. Die Kulturellen!
    In der BRD steigt der Judenhass. Was sind das für sogenannte Künstler? Für eine Rolle machen manche alles.
    Der Autor, könnte er nicht im Libanon künstlerisch die Hisbollah beschreiben?
    OT: Am Rabbinerhaus, Synagoge Essen, meldeten Anwohner Einschusslöcher. Staatsschutz ermittelt.

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  2. „Das ist offenbar auf den Umgang Israels mit den Palästinensern bezogen.“

    Wer sagt denn das es so gemeint ist? Wer solche gedankliche Assoziationen hat, ist wohl eher selbst ein Antisemit.

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    1. Mario, meiner Ansicht nach unsensibel und destruktiv, Ihr Kommentar; vor allem der letzte Satz.. Ich würde mir Gedanken über Ihre eigenen Assoziationen machen – Ich bin auch am üben. Und das empfiehlt übrigens auch Oswald Chambers: „Bemüht Euch darum den Mund zu halten und euch um euren eigenen Kram zu kümmern“. Er nennt das eine freie Übertragung von 1. Thessalonicher 4.10-12. Ich nehme an das Am Israel chai ein Jude oder eine Jüdin ist und sich somit um seinen/ihren eigenen Kram kümmert.

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  3. Wenn man ganz still ist, kann man vielleicht den Applaus von den Herrschenden aus dem Iran hören. Aber Gott sei dank sind Juden in Deutschland nicht mehr ganz still.

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  4. Ich kenne das Theaterstück und dessen Autor nicht, kann mir allerdings schlechterdings nicht vorstellen, dass dieses Stück, das unter anderem in Israel mit großem Erfolg gespielt wurde, antisemitisch ist. Glauben die Handvoll Protestler wirklich, ein israelisches Theater würde ein Stück zeigen, in dem „zur kollektiven Schuldentlastung eingeladen“ werde. Schuldentlastung der Deutschen, wohlgemerkt.
    Ich nehme stark an, dass sich hier wieder mal „cancel culture at its best“ zeigt, weil der Nahost-Konflikt nicht einseitig nur durch eine israelische Brille gesehen wird, sondern auch eine palästinensische Sichtweise berücksichtigt wird, und das geht natürlich gar nicht! Man würde womöglich merken, dass der Gründungsmythos von Israel mit der Realität denkbar wenig zu tun hat.

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    1. Der Gründungsmythos Israels? Wo ist denn der Staat Palästina, Herr Luley? Wer hat ihn denn verhindert, Herr Luley? Wird Zeit, dass SIE endlich die Realität zur Kenntnis nehmen.

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  5. Wenn ein Theaterstück, das in Israel erfolgreich gespielt wurde, in Deutschland als „antisemitisch“ diskreditiert wird (von einer Handvoll Leutchen!), dann ist wahrscheinlich die Tatsache, dass sich Israel nicht für die Fußball-WM in Katar hat qualifizieren können, sicher auch antisemitisch, oder etwa nicht?

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    1. Ach ja, Israel ist nicht bei der WM,weil es die Quali nicht schaffte.

      Aber sagen wir mal, Israel wäre dabei. Würde der Iran gegen Israel antreten? Und wenn nein, warum nicht, Herr Luley?

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  6. Vielleicht sollte sich ein Libanese gar nicht an ein solches Thema wagen, denn er wird von seiner Geschichte her fast nur antisemitisch schreiben können (man schaue nur hier in den Kommentaren, von wem er in Schutz genommen wird).

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  7. Zur „Cancel Culture“, wie sie sich wieder einmal in Müchen zeigt: „Wie kommt es zu diesem Despotismus lautstarker, offensiver, nicht repräsentativer Minderheiten? Eine Meinung ist nie bloss jemandes Meinung. In meiner Meinung reden die Stimmen anderer mit. Ich befinde mich in einem sich ständig verändernden Meinungsumfeld. Minderheiten können das Meinungsumfeld auf eine Weise manipulieren, dass der Schein entsteht, es handle sich um einen Mainstream.

    Das geschieht heute vor allem in sozialen Netzwerken, wo man ohnehin nicht sicher ist, ob die Meinungen von realen Personen oder Bots – also Pseudopersonen – stammen. Das Biotop des Cancelns ist die Anonymität. Der deutsche Journalist und Autor Michel Friedman äusserte sich jüngst in einem Interview zur AfD: «In Deutschland haben wir rund 15 Prozent AfD-Wähler. Dass die so laut tönen, dass man meint, es seien viel mehr, liegt nicht einfach nur daran, dass die so laut sind. Es liegt daran, dass die anderen 85 Prozent so leise sind. Müde, fett und eigentlich gelangweilt von der Demokratie.»
    (Quelle: Journal 21; Schweiz)

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  8. Wer erhob wann welche Vorwürfe?

    Am 8. November brachte Michael Movchin, Vorstandsvorsitzender des Verbandes jüdischer Studenten in Bayern (VJSB), die Münchner Aufführung öffentlich mit Antisemitismus in Verbindung. Am 11. November veröffentlichten der VJSB und die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) einen offenen Brief mit dem Vorwurf: „In ,Vögel‘ wird Holocaust-Relativierung sowie israelbezogener Antisemitismus salonfähig gemacht. (…) Wir fordern die Stadt München dazu auf, die Finanzierung des Stückes zu streichen!“ Am 18. November führte JSUD-Präsidentin Anna Staroselski diese Kritik in einem Gastbeitrag in der Zeitung Die Welt weiter aus. In diesem heißt es: „Der Kulturbetrieb in Deutschland ist durchtränkt mit Antisemitismus – nicht erst seit diesem Jahr. Wir aber werden nicht mehr schweigen.“ Am gleichen Tag entschloss sich das Metropoltheater, alle noch geplanten Vorstellungen abzusetzen, auch eine Sondervorstellung, bei der sich Mitglieder des Stadtrats eine Meinung hätten bilden sollen.

    Eine Hand voll eingefleischter Israel-Anbeter gehen an die Öffentlichkeit und schreien „Antisemitismus“, und schon sinkt alles in den Staub! Es ist nicht zu fassen. Zum Glück wird das Stück, das sogar in Israel lange erfolgreich gespielt wurde, demnächst wieder gezeigt. Die Kritik daran ist hahnebüchen! Man will lediglich erreichen, dass den Nahostkonflikt betreffend nur EINE Perspektive erlaubt ist, nämlich die zionistische. Und das geht gar nicht! Wer über die Shoah spricht, muß auch über die Nakba sprechen und umgekehrt!

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  9. Komisch, da fordert jemand, dass beide Perspektiven erlaubt sind. Da gibt man zu, das Stück gesehen zu haben, aber man fühlt sich dazu berufen, darüber eine Meinung zu haben. Vielleicht haben ja, die, die dagegen protestiert haben, das Stück gesehen. Aber die haben keine Meinung zu haben, schon gar keine pro-israelische. Denn das geht ja gar nicht. Da geht eine Handvoll eingefleischter Palästina-Anbeter an die Öffentlichkeit und fordert die zielgenaue Bombardierung auf Tel Aviv, legitimiert den Mord an Siedlern. Man bezeichnet Abbas als dement, wenn er etwas sagt, das vielleicht kontraproduktiv sein könnte. Betet ihn aber an, wenn es um die Bezahlung von Judenmörder geht. Wenn er auffordert, die Al Aksa zu verteidigen, ob wohl die noch nie in Gefahr war.

    Wo bleibt die Gleichberechtigung, wenn man Juden untersagen will, in die Machpela zu gehen und zu beten? Wo bleibt das Einschreiten, wenn zum hundersten Mal das Josefsgrab bei Nablus geschändet wird?
    Wo war der Aufschrei als Terroristen die Geburtskirche in Bethlehem besetzen und die Kirche geschändet haben?

    Kein Nachkomme von Juden würde von einem Scheiß-KZ sprechen. Zu tief sitzt in dem Volk dieses Verbrechen. Wer heute die Israelis mit den Nazis vergleicht hat eines vergessen: die Juden haben den Deutschen nichts getan, sie hatten einfach nur die falsche Religion. Aber Israel reagiert auf Terror. Und dieser Terror hat eine Wurzel. Das Land hat muslimisch zu sein und nicht jüdisch. Und dafür tut man alles.
    Ob Israel immer richtige Mittel einsetzt, darüber kann man reden. Aber dann auch über den Terror der PA.

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  10. Das Stück ist von einem kanadischen Autor, es wurde weltweit , auch in Israel aufgeführt. Ohne Proteste.
    Es ist, wenn überhaupt, antizionistisch und nicht antisemitisch.
    Ausserdem
    ist die Schauspielkunst nicht dazu da, keine provozierenden Figuren auf die Bühne zu stellen. seit der Antike, der Wiege des Theaters in Griechenland, soll Theater der Katharsis dienen, dem Nachdenken über gesellschaftliche Strukturen.. ohne Tabus, in aller Kunstfreiheit. Das Stück nimmt keine politische Haltung ein, sondern zeigt nur Gedankenanregungen auf.
    Im Sinne Taboris, der als Jude sehr viel solche Stücke geschrieben hat.
    Die Studenten in München zeigten nur ihre offensichtliche Unkenntnis über Theaterkunst, ihre Unfähigkeit abstrakt zu denken..indem sie sich identifiziert haben statt den Anstoss zum neutralen Nachdenken aufzunehmen… und zu sehen, dass das Stück keine politische oder antisemitische Haltung einnimmt, sondern provokant nachforscht..
    Theaterfiguren sind keine 1:1 reale Menschen , sondern Kunstfiguren..

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