Regierung stimmt für Entlassung der Generalstaatsanwältin

Das israelische Kabinett stimmt für die Entlassung der Generalstaatsanwältin Baharav-Miara. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.
Von Israelnetz
die israelische Generalstaatsanwältin Baharav-Miara

JERUSALEM (inn) – Die israelische Regierung hat bei einer Kabinettssitzung am Montag für die Entlassung der Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara votiert. Die Entscheidung fiel einstimmig. Medienberichten zufolge nahm Premier Benjamin Netanjahu (Likud) nicht an der Abstimmung teil.

Als Begründung für die Abstimmung wurde mangelndes Vertrauen in die Generalstaatsanwältin genannt. Das Kabinett hatte Baharav-Miara eingeladen, an der Sitzung teilzunehmen. Sie lehnte jedoch ab. In einem Brief an die Kabinettsmitglieder warnte sie, dass ihre Entlassung, die sie als politisch motiviert betrachtet, der Demokratie einen „tödlichen Schaden“ zufügen würde.

Bereits im März stimmte die Regierung für eine Absetzung von Baharav-Miara. Damals intervenierte das Oberste Gericht nach Klage durch die Oppositionspartei Jesch Atid und blockierte die Entlassung. Gleiches wird nun erneut erwartet. Justizminister Jariv Levin (Likud) hatte sich besonders für die Entlassung Baharav-Miaras stark gemacht. Er sprach von „unpassendem Verhalten“ und „erheblichen und lang anhaltenden Meinungsverschiedenheiten“ zwischen ihr und der Regierung. Dadurch sei eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich.

Baharav-Miara geriet mit Netanjahus Regierung schon häufiger in Konflikt, wenn sie sich aktiv gegen deren Vorhaben stellte, die aus ihrer Sicht nicht gesetzkonform sind. Etwa, als sie die legale Grundlage für die Ernennung von David Zini zum neuen Chef des Inlandsgeheimdienstes Schabak bezweifelte. Dessen Vorgänger wurde wegen „fehlenden Vertrauen“ entlassen. Kritiker sehen aber vielmehr dessen Vorwürfe an die Regierung, im Zuge des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober versagt zu haben, als wirklichen Grund. Zudem ermittelte seine Behörde wegen Korruption gegen Netanjahu

Einzigartiger Posten

In Israel hat der Generalstaatsanwalt unter anderem die Aufgabe, Regierungsentscheidungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Rolle ist nicht gesetzlich festgelegt. In einer wörtlichen Übersetzung lautet der Posten „Rechtsberater der Regierung“.

Zutreffender wäre die Wendung „Kontrolleur“, da er prüft, ob Handlungen der Regierung rechtskonform sind. Seine Einschätzung ist dabei „bindend“, wobei das Ausmaß dieser Bindekraft umstritten ist. Sie ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Generalstaatsanwalt gerichtlich gegen die Regierung vorgehen kann.

Verschiedene Regierungen haben sie im Lauf der Jahrzehnte durch Beschlüsse definiert, zum Teil nahmen sie dabei Empfehlungen von Fachausschüssen an. Auf diese Weise ist ein äußerst machtvoller Posten entstanden, den es so in keiner anderen Demokratie gibt – was die Einschätzung dazu erschwert. Der Generalstaatsanwalt ist zudem oberster Strafverfolger und vertritt den Staat vor dem Obersten Gericht. (mas)

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10 Antworten

  1. Regierung stimmt für Entlassung der Generalstaatsanwältin. Wer hat Recht? Die Regierung.

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      1. Ja, liebe Sarah, weniger ist mehr. Aber Kriegszeiten brauchen stabile Regierungen. Ein Regierungswechsel jetzt wäre für Israel eine Katastrophe.

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  2. Tja, jetzt müsste sich mal jemand äußern, der sich beruflich mit Staatsrecht auskennt. Fällt genau in mein Gebiet, aber wenn die Antwort zu gut ausfällt, dann erscheint mein Text natürlich nicht. Ist mir schon einige Male aufgefallen. Das ist sehr traurig, liebes Israel Netz. Es geht Euch nämlich nicht um Sachthemen, sondern Ihr betreibt diese Plattform offensichtlich aus privatem Amusement.
    Das ist verantwortungslos. Äußert Euch bitte mal. Hier stimmt nämlich vieles nicht. Warum kann ich Blub und Ludovico beispielsweise nicht antworten? Warum erscheint ein kurzes, moralethisches Statement zu Euren ellenlangen theologoischen Ausführungen nicht? Es war sachlich richtig, freundlich und alles andere als dumm. Rätsel über Rätsel. Aber hier geht es ja fair und mit offenem Visier zu, nicht wahr?

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  3. Sarah,
    wäre, hätte … Fahrradkette.
    Wo ist Ihre klare, sachliche Meinung zum Bericht?
    Ich finde auch, „die Regierung hat Recht“
    Trennung von Staat und Justiz, statt zu viel Richterstaat – genau wie Trennung von Staat und Religion.
    Denn Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes.

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  4. Vorab: Das israelische Kabinett kann den Generalstaatsanwalt durch Wahl bestimmen und entlassen. Frau Baharav-Miara ist entlassen worden. Das wurde in einem Eilverfahren angefochten. Eilverfahren bedeutet: Es werden schnell überschlägig die Rechtsgüter, Recht auf Verbleiben im Amt und Rechtmäßigkeit der Entlassung gegeneinander abgewogen. Der oberste Gerichtshof entscheidet nun innerhalb von 30 Tagen über die Rechtmäßigkeit der Entlassung. Währenddessen darf kein Nachfolger benannt werden. Die Generalstaatsanwältin Israels hat eine andere Funktion als Staatsanwälte in Deutschland. Deutsche Staatsanwälte sind weisungsgebundene Beamte. In Israel ist die Generalstaatsanwältin faktisch der mächtigste Mensch, sie bestimmt allein, was in staatsrechtlichen Angelegenheiten das öffentliche Interesse ist. Auch über den Kopf des Ministerpräsidenten hinaus. Der Ministerpräsident hat keinen Zugang zu den Grundrechten und kein Klagerecht, wenn die Generalstaatsanwältin dies so bestimmt. Das liegt daran, dass Israel keine Verfassung hat, sondern nur ein Flickwerk aus einzelnen Grundrechten. Der Generalstaatsanwalt definiert somit allein, was das öffentliche Interesse ist.
    Die Generalstaatsanwältin hat in der Vergangenheit alle elementaren Entscheidungen der Regierung blockiert, im Namen des öffentlichen Interesses. Sie kann bespielsweise den Regierungschef mit einem Strafverfahren bedrohen, wenn dieser nicht in ihrem Sinne Entscheidungen trifft und ihn so permanent erpressen.
    Gegner Netanjahus würden natürlich argumentieren, „zum Wohle Isreals“.
    In knapp einem Monat weiß man, ob ein Nachfolger benannt werden darf oder nicht. Grüße.

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    1. @ Gast

      Total interessant deine Ausführungen, danke!

      Ich frage mich schon lange, welche Kritikpunkte bspw. Netanjahu bewegen, das Justizsystem zu reformieren. Und jetzt komme mir bitte keiner mit der altbekannten Keule „Weil er Dreck am Stecken hat und sich einem gerechten Verfahren/Strafe entziehen möchte“. Das habe ich schon tausendmal gehört.

      Bei einem Workshop habe ich einmal versucht, einiges mehr über das israelische Justizsystem, seine Organisation, Befugnisse, Begrenzungen bzw. Gewaltenteilung zu erfahren. Aber alles blieb sehr schwammig und oberflächlich. Der Referent konnte keine wirklichen Details benennen, die mich weiter und mehr Licht ins Dunkel gebracht hätten.

      Und das Internet hat mir auch nicht das gebracht, wonach ich suchte.

      Manchmal ist es schwer, zu einem Thema Sachinformationen zu finden. Selbst wenn sich allerorten viele zu einem Thema äußern, merkt man oft schnell, dass leider zum Großteil nur Halbwissen und Polemik die Diskussion beherrscht. Schade.

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  5. Nur Einheit macht stark. Leider sind in Isreal immer noch diese Wahrheit immer noch zu wenig bekannt. Sonst würde diese kläglichen Stimmen, die Frieden mit Terroristen auf dem Rücken von Geiseln austragen wollen, um die Terroristen am Ende noch mit einem Staat zu belohnen, endlich mal verstummen. Mit Einheit würde alle die Widersacher von Außen schamrot werden, wenn sie am Ende einsehen, das Sieg über das Böse Freiheit bedeutet, nicht nur für Israel, sondern auch für das notleidende Volk unter den Terroristen. Wobei dieses jahrelang die Terroristen geduldet hat. Das kann sich natürlich auch nicht lohnen. Daher muss die Freiheit am Ende an Bedingungen geknüpft werden. Und diese formulieren ganz sicher nicht diese kläglichen Stimmen, egal ob sie aus Israel, der UN oder von eine sog. Herrn Guiterrez kommen.

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  6. Dass Netanyahu seit Jahren versucht, die Gewaltenteilung auszuhebeln (wie auch eingige andere Staats-und Regierungschefs, die zunächst demokratisch an die Macht gekommen sind), ise m.E. offensichtlich. „Generalstaatsanwältin Baharav-Miara hat das Vertrauen der Regierung nicht mehr“ – und wie idt es mit Umgekehrt?

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