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Deutschland will IHRA-Antisemitismusdefinition verbreiten

Deutschland hat den Vorsitz der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken übernommen. Hauptziel in der einjährigen Amtszeit ist der Aufbau einer Globalen Task-Force gegen Holocaustleugnung.
Michaela Küchler leitet die deutsche IHRA-Delegation

BERLIN (inn) – Deutschland möchte sich dafür einsetzen, dass sich mehr Länder zur Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken (IHRA) bekennen. Die Bundesrepublik hat am Dienstag in einer feierlichen Zeremonie im Berliner Abgeordnetenhaus den IHRA-Vorsitz von Luxemburg übernommen. Laut Beispielen aus der Arbeitsdefinition kann sich Antisemitismus auch gegen den Staat Israel richten. Seit 2016 haben nach IHRA-Angaben 23 Länder die Definition explizit angenommen (siehe Grafik). Sie geht auf eine deutsch-rumänische Initiative zurück. Die IHRA selbst hat insgesamt 34 Mitglieder, einen Verbindungsstaat und sieben Beobachterstaaten.

Den Arbeitsschwerpunkt will die Bundesregierung während ihres einjährigen IHRA-Vorsitzes auf die Bekämpfung von Holocaust-Leugnung legen, sagte die Sonderbeauftrage des Auswärtigen Amtes für die Beziehungen zu jüdischen Organisationen, Michaela Küchler, vor Journalisten. Küchler ist auch Leiterin der deutschen IHRA-Delegation. Experten sollen innerhalb einer neuen Globalen Task-Force Strategien gegen Lügen und die Trivialisierung des Holocausts im Internet und der Gesellschaft entwickeln. Zudem sollen auch Gedenkstätten in die Überlegungen eingebunden werden. Diese seien in der jüngeren Vergangenheit vermehrt mit der Verfälschung von Fakten konfrontiert, sagte Küchler. Deutschland will eine Million Euro für die Task-Force bereitstellen.

Bereits 2013 hatte die IHRA eine Arbeitsdefinition für Holocaustleugnung und -verfälschung erarbeitet. Sie wurde bisher jedoch ausschließlich von Griechenland angenommen. Laut Küchler will Deutschland die Bekanntheitsgrad der Definition nun steigern. Gelingen solle dies auch durch eine enge Zusammenarbeit mit der deutschen Ratspräsidentschaft der Europäischen Union, die die Bundesrepublik zum zweiten Halbjahr 2020 antritt. Zudem will die Bundesregierung die Arbeit an einer Definition zu Antiziganismus unterstützen.

Bewusste Entscheidung für diesjährigen Vorsitz

Nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt hat sich Deutschland bewusst für den Vorsitz in diesem Jahr beworben. 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz sei 2020 ein wichtiges Gedenkjahr, sagte Küchler. Dabei gehe es jedoch nicht nur darum, zu erinnern, sondern darum, aus der Geschichte zu lernen – für die Gegenwart und die Zukunft. Gleichzeitig betonte Küchler, dass man nicht überall so frei wie in Deutschland erinnern könne. Darum soll die IHRA auch ein Forum für kritischen Austausch sein. Während der deutschen Präsidentschaft sollen in Berlin und Leipzig zwei Vollversammlungen der Organisation stattfinden.

Die Wurzeln der IHRA reichen bis in das Jahr 1998 zurück. Die Initiative kam vom damaligen schwedischen Premierminister Göran Persson. Im Jahr 2000 erarbeiteten beim Stockholmer Forum zum Holocaust 26 Regierungen eine gemeinsame Stellungnahme, die heute als „Gründungsdokument“ der IHRA gilt. „Die Größe des Holocaust muss immer in unserem kollektiven Gedächtnis bleiben“, erklärten die Staats- und Regierungschefs damals.

Im Januar 2020 bekräftigten die Mitglieder ihr Bekenntnis zur Stockholmer Erklärung und gelobten den Opfern der Scho’ah, „sie niemals dem Vergessen preizugeben und ihr Vermächtnis stets zu bewahren“. Innerhalb der IHRA kommen Regierungsvertreter mit Fachleuten zusammen, um über Bildung, Erinnerung und Forschung im Bereich des Antisemitismus und des Holocaust zu diskutieren.

Von: Martin Schlorke und Sandro Serafin

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