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„Keine Toleranz für Antisemitismus“

Der ungarische Premierminister Orbán spricht sich bei seiner Israelreise gegen Antisemitismus aus. Dass der israelische Premier Netanjahu nicht dessen Haltung zum Hitler-Verbündeten Horthy thematisiert, erregt heftige Kritik bei der Opposition.
Jerusalem: Der ungarische Premierminister Viktor Orbán (l.) und sein israelischer Amtskollege Benjamin Netanjahu

JERUSALEM (inn) – „Der Antisemitismus in Westeuropa steigt, während er in Osteuropa abnimmt.“ Das hat der ungarische Premierminister Viktor Orbán in Jerusalem festgestellt. Auf seiner Israel-Reise sprach er am Donnerstag mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu.

Orbán sagte laut der Tageszeitung „Jerusalem Post“, er wolle mit Israel zusammen den Antisemitismus bekämpfen: „Ich will Ihnen sagen, dass es in Ungarn keine Toleranz für Antisemitismus gibt und alle Juden von der Regierung geschützt werden.“ Er sei stolz darauf, dass sich diejenigen, die sich als Juden bezeichnen und einen jüdischen Lebensstil leben, sicher fühlen könnten. Seine Regierung habe viel für die jüdische Kultur im Land getan, Synagogen renoviert, Friedhöfe bewahrt und in Bildung investiert.

Hitler-Verbündeter ein „außergewöhnlicher Staatsmann“

Die Aussagen erscheinen in einem interessanten Licht. Orbán fiel wegen seiner rechtsgerichteten Politik gegen Einwanderung von Flüchtlingen und seiner kritischen Kommentare gegenüber dem in Ungarn geborenen jüdischen Financier George Soros auf. Kritiker haben ihm deswegen vorgeworfen, er würde den Antisemitismus in seinem Land befeuern. Außerdem lobte Orbán den ungarischen Führer und Hitler-Verbündeten im Zweiten Weltkrieg, Miklos Horthy, als „außergewöhnlichen Staatsmann“. Von den 800.000 Juden, die in dieser Zeit in Ungarn lebten, wurden 600.000 Juden – auch unter der Mithilfe ungarischer Bürger – von den Nationalsozialisten ermordet.

Der ungarische Premierminister, der auf seiner dreitägigen Reise keine palästinensischen Vertreter getroffen hat, nannte die Beziehungen zwischen Israel und seinem Land „exzellent“. Er führte das unter anderem auf das gute persönliche Verhältnis mit dem israelischen Premier zurück. Beide seien sie patriotische Führer, die auf diese Weise Gemeinsamkeiten gefunden hätten.

Netanjahu unterstrich, dass die Bedrohung durch den radikalen Islam echt sei und Europa, Israel und die arabischen Nachbarn gefährde. Der israelische Premier bedankte sich bei Orbán für die Unterstützung Ungarns in den internationalen Foren: „Im Juli hat Ungarn die Stellungnahme beim UN-Menschenrechtsrat gegen Antisemitismus unterstützt. Im März haben Sie die renovierte Synagoge in Subotica eingeweiht.“ Orbán habe umgerechnet 30.694 Euro für Renovierungen von Synagogen in Ungarn zugewiesen. Das zeige eine positive Richtung an, die sich Netanjahu in der ganzen Welt wünscht.

Lapid: Freifahrtschein für Ungarn

Der Vorsitzende der Oppositionspartei Jesch Atid, Jair Lapid, kritisierte Netanjahu, weil er Orbán nicht für dessen Kommentare zu Miklos Horthy zur Rede stellte. Dadurch habe er „Israels Stolz“ verletzt. Netanjahu setze hier den Trend fort, den er im vergangenen Monat durch die gemeinsamen Erklärung zum Holocaust mit Polen begonnen habe. Diese Erklärung versucht in Lapids Augen, die Geschichte umzuschreiben und die Polen vom Mord an den Juden im Holocaust freizusprechen.

Orbán hatte sich im vergangenen Jahr zu der Mitschuld von Ungarn am Holocaust geäußert, als Netanjahu das Land besuchte: „Ich habe dem Premierminister gesagt, dass wir uns des Faktes bewusst sind, ein ziemlich schwieriges Geschichtskapitel hinter uns zu haben. Ich will hier klar machen, dass die ungarische Regierung in einer früheren Periode einen Fehler, ja eine Sünde begangen hat, als sie nicht die jüdischen Bürger Ungarns beschützte.“

Protest gegen Yad-Vashem-Besuch

Am Donnerstag besuchten Orbán und seine Ehefrau Anikó Lévai zudem die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Sie legten einen Kranz nieder. Der Premierminister schrieb ihre Namen ins Gästebuch, fügte allerdings keine persönlichen Worte hinzu. Nach dem Besuch wurde Orbáns Konvoi außerhalb des Geländes von wütenden Demonstranten aufgehalten. Sie hielten Transparente, auf denen auf Ungarisch und Hebräisch stand: „Nie wieder“. Auch kritisierten sie Yad Vashem, weil die Verantwortlichen den umstrittenen Gast empfangen hatten. Von der Gedenkstätte hieß es, unter anderem sei es bei der Führung um „Einzelheiten zur Zusammenarbeit ungarischer Behörden mit Nazideutschland unter der Leitung von Miklós Horthy und seinem Nachfolger” gegangen.

Orbán beendete seine Israelreise am Freitag. Zum Abschluss besuchte er die Klagemauer in der Jerusalemer Altstadt.

Von: mm

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