Bei Paramount hat sich in den vergangenen Monaten viel verändert. Seit der im Juli vollzogenen Fusion mit dem Unternehmen Skydance Media steht das Studio unter neuer Führung: David Ellison, Sohn des Unternehmers Larry Ellison, positioniert das Traditionshaus selbstbewusst im Zentrum einer Debatte, die Hollywood spaltet. Und Ellison macht unmissverständlich klar, wie Paramount zu den Boykottaufrufen gegen Israel steht – nämlich ablehnend.
Bereits im September verwarf Paramount öffentlich den Appell der Initiative „Film Workers for Palestine“ (Filmschaffende für Palästina), israelische Filmfestivals und Produktionshäuser zu meiden. Doch Ellison beließ es nicht bei Worten. Er setzte auch innerhalb des eigenen Studios Akzente: So übernahm Paramount kurzerhand die internationale Ausstrahlung der israelisch-amerikanischen Serie „Red Alert“, die den 7. Oktober aus Sicht von Überlebenden erzählt.
Laut einem Bericht der „Los Angeles Times“ drängte Ellison persönlich darauf, „Red Alert“ beim Streamingdienst Paramount+ zu platzieren. Der 42-Jährige tat dies trotz des Widerstands einer internen Mitarbeitergruppe, die sich gegen eine „einseitige“ Darstellung aussprach.
Hinzu kommt die Entscheidung, die Journalistin Bari Weiss – profilierte Kritikerin von Antisemitismus und offenen Israel-Boykotten – als neue Chefredakteurin von „CBS News“ zu installieren. Für Ellison ist diese Richtung offenbar programmatisch: Offenheit, Austausch und die Ablehnung kultureller Ausgrenzung.
Boykottkampagne gegen israelische Filminstitutionen
Die pro-israelische Positionierung ist bemerkenswert in einer Zeit, in der zahlreiche Künstler zum Israel-Boykott aufrufen. Der bereits erwähnte Appell von „Film Workers for Palestine“ hat inzwischen mehr als 5.000 Unterzeichner.
Die Initiatoren erklärten, dass sie von nun an nicht mehr mit israelischen Filmfestivals, Rundfunkanstalten oder Produktionsfirmen zusammenarbeiten. Begründung: Israel sei „in Genozid und Apartheid verwickelt“. Unterstützt wird dieser Vorwurf von Stars wie Tilda Swinton, Javier Bardem, Joaquin Phoenix, Emma Stone und Mark Ruffalo.
Paramount war das erste große Studio, das öffentlich auf den Boykottaufruf reagierte – und ihn klar zurückwies. In einer Stellungnahme vom 12. September erklärte das Unternehmen, man glaube an die „Kraft des Geschichtenerzählens, um Menschen zu verbinden, Verständnis zu fördern und die Ereignisse unserer Welt zugänglich zu machen“.
Kreative aufgrund ihrer Nationalität zum Schweigen zu bringen, fördere weder Frieden noch Dialog, hieß es weiter. Die Unterzeichner des Boykotts verfehle das Ziel: „Wir brauchen mehr Austausch, nicht weniger.“
Wachsender Widerstand
Gut einen Monat später folgte Warner Bros. Discovery und wurde damit das zweite große Hollywood-Studio, das den Boykott ablehnt. Das Unternehmen betonte am 16. Oktober gegenüber dem Fachmagazin „Variety“, seine Richtlinien untersagten jede Form von Diskriminierung – „einschließlich Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Religion oder Nationalität“.
Ein Boykott israelischer Filminstitutionen verletze diese Grundsätze, erklärte Warner Bros., und widerspreche dem Anspruch des Studios, ein inklusives Umfeld für Künstler und Mitarbeiter zu schaffen. Man respektiere politische Positionen und Aktivismus, aber werde geschäftlich nicht auf Diskriminierung setzen.
Bereits am 25. September hatte die überwiegend jüdisch geprägte Organisation „Creative Community For Peace“ (CCFP; Kreative Gemeinschaft für Frieden) einen offenen Gegenbrief veröffentlicht. Er erhielt die Unterstützung von 1.200 Unterzeichnern aus der Unterhaltungsbranche, darunter Liev Schreiber, Patricia Heaton und Mayim Bialik.
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Die Initiative wirft dem Boykottbündnis vor, „Zensur, politische Verzerrung und die Ausgrenzung einer ganzen Kulturszene“ zu fördern. Israelische Filmkultur sei pluralistisch, debattenfreudig und keineswegs staatlich einheitlich – viele der ins Visier genommenen Festivals zeigten regelmäßig regierungskritische oder kontroverse Produktionen.
CCFP fordert stattdessen künstlerische Zusammenarbeit, Dialog und den Schutz der Meinungsfreiheit. Der Boykott hingegen spalte die Filmbranche und verschärfe politische Fronten, anstatt Wege zu Verständigung und Frieden zu öffnen.
Boykottkampagne weist Kritik zurück
Die Initiative „Film Workers for Palestine“ reagierte umgehend darauf und warf den Studios sowie der CCFP vor, ihren Aufruf bewusst falsch darzustellen. Der Boykott richte sich nicht gegen israelische Einzelpersonen, betonten die Organisatoren, sondern ausschließlich gegen „komplizenhafte Institutionen“, die am „genozidalen Vorgehen“ Israels beteiligt seien.
Die Kampagne bezeichnet sich selbst als „anti-rassistisch, gewaltfrei und im internationalen Recht verankert“. Kritiker halten dagegen, dass die Praxis des Boykotts zwangsläufig einzelne Filmschaffende treffe und in der Wirkung keine klare Trennlinie zwischen Menschen und Institutionen ziehe.
Von: Tobias Köchling
2 Antworten
„Filmschaffende für Palästina“ oder für die Hamas?
Die „Filmschaffenden für Palästina“ haben vermutlich noch nie einen israelischen Film gesehen. Israelische Filme, zumindest die, die es ins Ausland schaffen, sind meist eher gesellschaftskritisch, mit mehr oder weniger Humor. Ich denke da zum Beispiel an „Kippur“ oder „Kadosh“, aber auch viele andere, die sich mit internen israelischen Problemen befassen. Ein Film ist mir in Erinnerung, der sich mit den Schwierigkeiten einer Frau befasst, die von ihren Ehemann den Scheidungsbrief haben möchte, um eine neue Beziehung eingehen zu können (leider mit einer schlechten französischen Schauspielerin ).