JERUSALEM (inn) – Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) hat den Soldaten für deren Einsatz seit dem 7. Oktober 2023 gedankt. Anlass war am Donnerstag der nationale Gedenktag für die Gefallenen des „Eisenschwerter“-Krieges und die zivilen Opfer. Er ist zwei Tage nach dem Fest Simchat Tora, dem jüdischen Datum des Hamas-Massakers.
„Der Kampf ist nicht vorüber“, sagte Netanjahu bei einer Zeremonie auf dem Jerusalemer Herzlberg. „Aber eins ist heute klar: Wer seine Hand gegen uns erhebt, weiß jetzt, dass er einen sehr hohen Preis für diese Aggression zahlen muss. Wir sind entschlossen, den Sieg zu vollenden, der unsere Lebensordnung für viele Jahre gestalten wird.“
Er drückte den Dank der Nation an alle Soldaten aus, die im Krieg gekämpft hätten: „Juden, Drusen, Christen, Muslime, Beduinen, Tscherkessen und Mitglieder anderer Gruppen – sie standen Schulter an Schulter, um die Kriegsziele zu erreichen“. Netanjahu ergänzte: „Vom Tal der Tränen erreichten wir den Berg Hermon und die Himmel von Teheran – und die herzzerreißende Umarmung der Geiseln mit ihren Lieben.“ Um vorwärts zu kommen, sei nationale Einheit notwendig.
Herzog: Historische und zutiefst emotionale Tage
Staatspräsident Jizchak Herzog dankte im Namen des Staates den Hinterbliebenen: „Danke für die Söhne, die Sie aufgezogen haben – mutige Kämpfer, die nicht zögerten, als sie gerufen wurden, den Staat Israel zu retten, den Feind zu besiegen und die Geiseln heimzuholen. Kämpfer, die Fotos von Geiseln in ihren Taschen trugen und Stärke in ihren Herzen.“
Herzog sagte weiter: „Liebe Freunde, es besteht kein Zweifel, dass diese Tage historisch und zutiefst emotional sind – erfüllt sowohl mit Erleichterung, also auch mit tiefem Schmerz und mit Trauer. Wo jetzt unsere Lieben aus der Hand der Mörder zu uns zurückkehren, manche in ihre Häuser und zur Heilung, andere zu einer würdevollen Bestattung, hat eine ganze Nation zwei Jahre lang gekämpft, um diesen Augenblick zu erreichen.“
Derzeit befinden sich noch die Leichname von 19 Geiseln in den Händen der Terroristen. Beide Politiker forderten die Rückgabe der sterblichen Überreste. Indes wurden die getöteten Geiseln Guy Illus, Eitan Levy, Muhammad al-Atrasch und Inbar Haiman in Israel beigesetzt.
Gedenken an getötete Zivilisten
Eine eigene Gedenkveranstaltung gab es am Donnerstag für zivile Opfer des Massakers vom 7. Oktober. Dabei wurde auch derjenigen gedacht, die seitdem bei Terroranschlägen und Angriffen ums Leben kamen. Netanjahu versicherte bei der Zeremonie: „Unser Kampf gegen Terror wird mit voller Kraft weitergehen. Gleichzeitig werden wir unser Land weiter mit gewaltigem Schwung aufbauen.“
Der Regierungschef erinnerte auch an die Toten durch iranische Raketen während der Operation „Volk wie ein Löwe“ im Juni. Ebenso nannte er Jaron Lischinsky und Sarah Lynn Milgram, die für die israelische Botschaft in Washington gearbeitet hatten. Im Mai wurden sie vor dem jüdischen Museum in der US-Hauptstadt ermordet. „Alle Terror-Opfer leben unter uns“, sagte Netanjahu laut der „Jerusalem Post“. „Wir klammern uns für sie umso stärker an unser Heimatland. Wir gehören zu diesem Land, und es gehört zu uns.“
Präsident Herzog bat im Namen des Staates Israel um Vergebung dafür, dass er seine Bürger an jenem Tag nicht habe beschützen können. „Nichts kann Ihre Welt heilen, die zerstört wurde“, sagte er – und forderte eine gründliche Untersuchung des Desasters.
Initiative der Eltern von Shani Louk
Die Zeremonie für zivile Opfer hatten die Eltern der ermordeten Deutsch-Israelin Shani Louk angeregt. Die Mutter Ricarda Louk sagte mit Bezug auf den 7. Oktober: „An jenem Tag sahen wir ein Foto von Shani, wie sie entführt wurde und in einem weißen Toyota lag, umgeben von Gazaner, die fröhlich feierten. Dieses Bild wird für immer in unser Bewusstsein eingegraben sein – in das von unserer Familie und von jedem Bürger im Land, zusammen mit dem Bewusstsein vom Rest der Welt.“
Shanis Vater Nissim Louk fügte an: „Schauen Sie Shanis Bild an. Es veranschaulicht den absoluten Gegensatz zwischen Gut und Böse, zwischen der Schönheit und der Grausamkeit der Menschheit.“
Eli Scharabi: „Aus dem Zerbrochenen werden wir aufbauen“
Die ehemalige Geisel Eli Scharabi meldete sich per Video. Der Israeli war am 8. Februar nach 491 Tagen von der Hamas freigelassen worden. Er erzählte, wie Terroristen sein Haus im Kibbuz Be’eri überfallen und seine Ehefrau und die beiden Töchter ermordet hatten. Auch sein Bruder Jossi lebt nicht mehr: Er wurde in der Geiselhaft ermordet und am Montag nach Israel zurückgebracht.
„Aus dem Zerbrochenen werden wir wieder aufbauen, durch die Entscheidung, durch Erinnern, durch Hoffnung, durch Verantwortung“, sagte Scharabi. „Ich habe mein Haus verloren, aber nicht mein Fundament. Ich habe die Menschen verloren, die mir am wichtigsten waren, aber nicht meinen Glauben. Das können wir von den Menschen lernen, die wir verloren haben – nie aufgeben.“ (eh)
3 Antworten
Netanjahu: „Der Kampf ist nicht vorüber“. Ja, dem kann man nur zustimmen.
Die Aufnahmen des geschändeten Körpers von Shani Louk und die um sie herumtanzenden, jubelnden und spuckenden Männer, Frauen und Kinder in Gaza haben meine Vorstellung von den „unschuldigen Zivilisten“ nachhaltig beeinflusst. Wer es noch nicht getan hat, sollte sich eine knappe Stunde Zeit nehmen und das Interview mit Elie Sharabi in der ARD-Mediathek anschauen. Auch da ist von „Zivilisten“ die Rede.
Sehr ermutigend! Es ist tröstlich, dass an ALLE Opfer und Geiseln gedacht wird. Egal welcher Nationalität und welcher Religion. Das ist Einheit und Zusammenhalt. Da ist sowohl der einzelne Mensch, als auch die gesamte Nation wichtig. Leider gibt es sowas in Europa kaum. Jeder will zwar Rechte haben und kaum jemand Verantwortung tragen. Unsere Gesellschaft befindet sich in einer gefährlichen Abwärts-Spirale.