RAMAT GAN (inn) – Michael Smuss, der letzte überlebende Kämpfer des Warschauer Ghetto-Aufstands, ist im Alter von 99 Jahren in Israel gestorben. Seine Frau bestätigte gegenüber israelischen Medien am Donnerstag den Tod des Holocaust-Überlebenden am 21. Oktober. Am Freitag wurde er in Ramat Gan beigesetzt.
Michael Smuss kam 1926 in der Freien Stadt Danzig zur Welt. Aufgrund von Repressionen seitens der Nationalsozialisten zog die Familie 1938 nach Lodz und ein Jahr später, nach dem deutschen Überfall auf Polen, floh er mit seinem Vater nach Warschau. Im Jahr 1940 wurde er in das Warschauer Ghetto gebracht. Dort wurden rund 400.000 Juden auf engstem Raum eingesperrt, ihr Alltag war von Hunger und Seuchen geprägt.
Vorbereitung für den Widerstand
Smuss schloss sich bald der Widerstandsbewegung im Ghetto an. Einem Familienmitglied zufolge sei er in der „Jüdischen Kampforganisation“ aktiv gewesen, berichten israelische Medien.
Er habe für die Nazis Helme reparieren müssen, wodurch er Zugang zu Substanzen hatte, die auch zur Herstellung von Molotowcocktails benötigt werden. Davon habe Smuss immer mal wieder etwas abzweigen und an die Widerstandsorganisation weiterreichen können. Die Brandsätze hätten sie auf den Dächern nahe des Eingangs gelagert. Außerdem habe er Waffen geschmuggelt. „Das Ziel des Widerstands war es, die schrecklichen Taten der Nazis zu stoppen.“
Als am 19. April 1943 die Nationalsozialisten das Ghetto räumen und die Gefangenen deportieren wollten, begann der Aufstand. Hunderte jüdische Männer griffen zu den Waffen und führten einen verzweifelten Kampf gegen die Besatzungsmacht. Fast vier Wochen lang währte der Widerstand, bevor die Deutschen ihn zerschlagen konnten.
Schüler über den Holocaust aufklären
Die meisten Kämpfer des Warschauer Ghettos überlebten den Aufstand nicht. Michael Smuss gehörte zu den wenigen, die mit dem Leben davon kamen. Nach Kriegsende emigrierte er zunächst in die Vereinigten Staaten und später nach Israel. Er heiratete zwei Mal und wurde Maler. Außerdem habe der Überlebende Schulklassen in Deutschland besucht und über den Holocaust aufgeklärt, berichtet die „Times of Israel“.
Noch im September wurde Michael Smuss für diese Arbeit mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert (CDU), der ihm die Auszeichnung überreichte, drückte nun auf X seine Trauer über Smuss‘ Tod aus.
Sad to learn that Michael Smuss has died, last survivor of the Warsaw Ghetto Uprising.
— Steffen Seibert (@GerAmbTLV) October 23, 2025
He devoted his life to Holocaust education. I will never forget Zikaron BaSalon with him. Only last month I was honoured to present him with the Federal Cross of Merit. יהיה זכרו ברוך. pic.twitter.com/9JqCWJCCKp
Die „Times of Israel“ indes zitiert Smuss‘ Verwandten mit dem Hinweis auf einen besonderen Charakterzug des Verstorbenen: „Trotz seiner Erfahrungen behielt er seinen unverkennbaren Sinn für Humor.“ (mw)
9 Antworten
Michael Smuss möge uns allen in guter Erinnerung bleiben.
Hervorzuheben ist auch, dass er – wie viele Andere – auch an deutschen Schulen über die Shoa gesprochen hat als Zeitzeuge.
Sein bewegtes Leben ist Vorbild für seine Nachwelt.
Es freut mich sehr, dass Michael Smuss trotz seiner sehr schwierigen Kindheit und Jugend 99 Jahre alt geworden ist. Mein Vater wurde 1927 in Breslau geboren. Er ist vor 11 Jahren gestorben. Der Verlust von Zeitzeugen ist immer mit Wehmut behaftet.
Mit Michael (Wer ist wie Gott) hat wieder ein Zeitzeuge die Erde verlassen. Danke für den Mut zum Widerstand und den Kampf gegen die Nazis. Danke für die Aufklärung an deutschen Schulen, die immer weniger wird.
Möge Gott im Himmel Sie belohnen und die himmlischen Heerscharen Sie mit Freude begrüßen. Ruhe in Frieden. ✝️
Mich beschleicht manchmal auch die Befürchtung, dass bald neben den Zeitzeugen der Shoah auch die christlichen Freunde Israels aussterben werden angesichts dessen, in welchem Altersspektrum sich diese ebenfalls befinden. Der Großteil unserer Jugend verschließt größtenteils entweder die Augen vor der Gefahr des Antisemitismus und der Gefahr für die Existenz Israels oder solidarisiert sich mit den laut schreienden Israel- und Juden-Feinden. Eine bedenkliche Entwicklung, die sich derzeit offenbart.
@Caja
Da magst du Recht haben, Caja. Ich gehöre jetzt auch zum älteren Semester, meine beiden Söhne und ihre Frauen äussern keine Meinung zu Israel. Seit einem Gespräch, das in ein Streitgespräch mündete, hab ich’s nicht weiter versucht, da ich keinen Ärger in der Familie wollte. Man mag das als unehrlich oder als Vermeidungshaltung meinerseits bezeichnen. Aber ich schaffe in Israel keinen Frieden, wenn ich in der Familie Unfrieden habe. Ich weiß nicht, ob meine Enkel das heute in der Schule lernen. Nach Sophie von der Tann zu beurteilen, die mich heute bei der Tagesschau wieder nervte, werden sie eher lernen, dass Israel die Palästinenser unterdrückte und ermordete. Und so werden Israelfreunde zu Feinden gemacht, gegen die es zu demonstrieren gilt. Irgendwann, in den nächsten Jahrzehnten, werden unsere Stimmen verstummen. Ich hoffe aber, dass sich in gläubigen Kreisen doch noch junge Menschen finden, die sich interessieren. Ahmad Mansour und andere versuchen die Geschichte wachzuhalten. Vor vielen Jahren gab es noch Organisationen wie Aktion Sühnezeichen, FSJ u.a., wo wir Jungen in Shave Zion, Israel mitgearbeitet haben und meine Schwester in Norwegen. Ich möchte hoffen, dass es solch engagierte Judend noch gibt. Lg Ella
Caja, Ihre Sorge ist berechtigt. Es werden immer weniger. Ella, ich kann Dich verstehen. Man will und sollte Frieden halten. Ich habe keine Schwiegertöchter, aber der Einfluss der „Angeheirateten“ kann Konfliktpotenzial bergen. Man hört das immer wieder. Es braucht weise Reaktionen und Entscheidungen. 🙏
@ Marita
Danke, dass du Verständnis hast. Oft fühle ich, ich sollte mehr sagen. Aber weniger ist manchmal mehr. Ich trage mein Davidsstern-Kettchen, poste meine Israelmeinung im Handy und durch unsere Israelreisen wissen sie, wo wir stehen. Ich hab schon erlebt im Bekanntenkreis, dass Großeltern ihre Enkel nicht sehen dürfen. Sowas möchte ich auf keinen Fall riskieren, denn auf die Kinder hab ich ja ein bisschen Einfluss, wie letztens, als mich unsere Nele (7) fragte, woher ich weiß, ob es Gott gibt. War ein tolles Oma-Enkelin-Gespräch.
Ich grüße dich und deinen Mann herzlich.💝
Danke Dir, Du machst das grossartig, liebe Ella, und das , was Du in die Herzen der Enkelkinder säst , durch Deine Zeit , Deinen Einsatz, Deine Liebe und Dein Vorbild, Deine Gebete, ist aufgezeichnet in der Ewigkeit und wird zu Gottes Zeit Früchte tragen. Auf diesem Weg gehen wir weiter mit unserem unsichtbaren Begleiter, erfreuen uns an seiner Gnade. Es geht weiter mit Gnade und endet mit Gnade. Du bist (nicht nur ) für die Enkelkinder sehr wertvoll. Mein Mann und ich grüssen auch herzlich. 🩷
@ Ella und Marita
Ihr habt recht mit eurer Haltung „Ich schaffe in Israel keinen Frieden, wenn ich in der Familie Unfrieden habe.“ Und letztlich überzeugend sind nicht die Worte, sondern das Tun. Irgendwann wird dann das Samenkorn aufgehen, das in der Familie durch das Vorleben gepflanzt wurde, davon bin ich überzeugt. Auch ich bedränge meine drei Kinder nicht mit meinen Vorstellungen, es gibt vielfältige Gründe für ihre Zurückhaltung, die sie jetzt noch umtreibt. Manches erschließt sich erst in der Rückschau. Bis dahin übe ich mich in Nachsicht und Geduld. Manches von dem, für das meine Eltern eintraten, habe ich auch erst lange Zeit später verstanden und teilen können. Also lasst uns weiter versuchen, als Vorbild und nicht durch Belehrung und Druck zu überzeugen. Und das nicht nur im Hinblick auf unsere Familie, sondern auch sonst in unserem Lebensumfeld.