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Mit Handyüberwachung gegen das Virus

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, greift Israel auf die Handydaten der Bürger zurück. Ist dieser Eingriff in die Privatsphäre gerechtfertigt? Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm
Im Kampf gegen das Coronavirus darf Israels Inlandsgeheimdienst auf die Standortdaten der israelischen Handynutzer zurückgreifen

Früher klingelten „Vertreter“ an der Haustür und überredeten die überraschten Bewohner, unnützes Zeug zu kaufen. Heute klingelt das Telefon. Da hagelt es dann „Umfragen“ oder einen Redeschwall zu Versicherungen, politischen Parteien oder anderen Themen. Noch schlimmer ist es im Internet. Wer einmal etwas erworben hat, wird dank der „Cookies“ zielgerichtete Reklame zu diesem oder ähnlichen Produkten auf allen angeklickten Seiten vorfinden. Man kann sich kaum gegen diese Überschwemmung schützen oder sie abstellen. Gegen dieses Vorgehen scheint niemand Einwände zu haben, wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht.

Jede Firma kann einen zielgerichteten Kundenkreis finden. Bei der Telefonauskunft oder im Internet findet man mühelos alle Telefonnummern der Klempner, Glaser oder anderer Berufe aufgelistet, dazu ihre Wohngebiete und jegliche andere „Profile“. Das ist alles legitim und öffentlich.

Die Namen, Kontaktdaten und Telefonnummern der Corona-Patienten sind nur beim Gesundheitsamt gespeichert. Nun hat die Regierung den Inlandsggheimdienst Schabak damit beauftragt, mit den Telefonnummern der Corona-Infizierten zu ermitteln, welche anderen Menschen sich in deren Nähe aufgehalten haben und ob sie mit dem Bus oder mit der Eisenbahn durch das Land gefahren sind. Dank der Smartphone-Technologie lassen sich die Aufenthaltsorte auch rückwirkend erkunden und die Telefonnummern jener Smartphone-Besitzer, die sich in in der Nähe des Betroffenen aufgehalten haben.

Erprobte Methode im Kampf gegen Terror

Israels Geheimdienst nutzt diese technischen Möglichkeiten im Kampf gegen Terror, um Terroristen und deren Bekanntenkreis auszukundschaften. Doch jetzt, wo diese Methode bei unbescholtenen Corona-Kranken angewendet werden soll, um potentiell angesteckte Menschen zu finden, um sie in die Quarantäne zu schicken – zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz der Mitmenschen –, gibt es einen Aufschrei wegen unerlaubten Eindringens in die Privatsphäre. Israel werde so zu einem diktatorischen Überwachungsstaat.

Ist diese Kritik wirklich berechtigt oder entspringt sie eher einer mythischen Angst vor den unheimlichen Machenschaften der Geheimdienste? Niemand weiß, wer all jene im Klub, Konzert, Park oder Bus waren, denen ein Infizierter begegnet ist und die er vielleicht angesteckt hat. Was ist schlimm daran, wenn nun die potenziell Angesteckten per Anruf aufgefordert werden, sich in ihrem Heim aufzuhalten und ihre Umgebung vor weiterer Ansteckung zu schützen?

Das scheint eine moderne und effektive Methode zu sein, die unkontrolliert grassierende Virus-Pandemie in den Griff zu bekommen. Ist es wirklich ein Eingriff in meine Privatsphäre, wenn man mir telefonisch mitteilt, dass ich möglicherweise angesteckt bin, um mich und meine Familie schützen zu können? Oder sollte ich lieber herumlaufen, die Großeltern, Kinder und besten Freunde gefährden und im schlimmsten Fall sogar ihren Tod herbeiführen?

Fragwürdiges Anprangern

Das ist, als wollte man die Polizei daran hindern, Unfallstellen auf der Autobahn oder Baustellen großräumig abzusperren, um weitere Unfälle zu vermeiden. Da könnte man genauso einwenden, dass unsere hochheilige Bewegungsfreiheit in unerträglicher Weise eingeschränkt wird.

Wir teilen freiwillig alle unsere Daten den Fluggesellschaften, dem Reisebüro oder Amazon mit. Mit diesem Wissen wird bewusst Schindluder betrieben, aber es dient auch dazu, uns zu identifizieren, falls das Flugzeug abstürzt. Und ausgerechnet jetzt, wo die „Überwachung“ lebensrettend sein kann, wird der „Überwachungsstaat“ angeprangert, nur weil jene Behörde beauftragt wird, die schon Erfahrung mit solchen Bewegungsprotokollen von Smartphones gesammelt hat.

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