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Abromeits Israel-Äußerungen klingen nach palästinensischer Propaganda

Mit seinen Aussagen über Israel bei der Allianzkonferenz hat Hans-Jürgen Abromeit für Wirbel gesorgt. Sie klingen eher nach palästinensischer Propaganda als dass sie von Kenntnis der Region zeugen, findet Nahost-Experte Ulrich W. Sahm in seinem Kommentar.
Palästinensern in Jerusalem mit jordanischem Pass steht es frei, die israelische Staatsbürgerschaft anzunehmen – die meisten entscheiden sich allerdings dagegen

Hans-Jürgen Abromeit, 64, ist Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Nach dem Studium absolvierte er sein Vikariat in Jerusalem. Er ist Vorsitzender des Jerusalemsvereins und stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins für die Bethlehem-Akademie „Dar al-Kalima“ (Haus des Wortes), einer palästinensischen Einrichtung, sowie der Deutschen Bibelgesellschaft. Angesichts dieses Weges sollte man bei ihm ein gewisses Grundwissen über den Nahen Osten voraussetzen können.

Seine Äußerungen bei der Allianzkonferenz in den vergangenen Tagen lassen daran zweifeln. Thema seines Seminars: „Zwei Völker – ein Land. Eine biblische Vision für Frieden zwischen Israel und Palästina“. Abromeits Thesen hat die evangelische Nachrichtenagentur idea aufgegriffen und veröffentlicht: Laut idea „resultiert“ für Abromeit „aus dem Schuldbewusstsein der Deutschen infolge des Holocausts eine Überidentifikation mit dem Staat Israel. Es werde bewusst nicht unterschieden zwischen dem biblischen Israel und dem heutigen Staat. Das führe aber zu einer Vermischung der theologischen und der politischen Ebene. Ferner werde das Eintreten für die Sicherheit des Staates Israels von deutschen Repräsentanten zur Staatsräson erklärt, so Abromeit. Da sich der israelische Staat als jüdischer Staat verstehe, folge daraus prinzipiell die Benachteiligung der Palästinenser und eine Zurücksetzung ihrer berechtigten Sicherheitsinteressen.“

Mit wem identifiziert sich der Bischof?

Zunächst einmal fragt sich, ob es überhaupt eine „Identifikation“ jeglicher Art Deutschlands mit Israel gibt. Anhand des deutschen Abstimmungsverhaltens in der UNO und innerhalb der EU kann man das gewiss nicht festmachen. Von einer „Überidentifikation“ ganz zu schweigen. Bei aller Kritik an der israelischen Politik steht fest, dass nichts den Verbrechen von Deutschen an Juden auch nur im Entferntesten gleichkommt. Wenn dem Bischof das heutige, kaum noch vorhandene „Schuldbewusstsein“ nachgeborener Deutscher wegen des millionenfachen Massenmordes an unschuldigen jüdischen Zivilisten zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu viel ist, fragt sich, wie er dann dazu kommt, ausgerechnet dem jüdischen Staat Moral zu predigen. Warum legt Bischof Abromeit so viel Wert darauf, Israel zu kritisieren? Warum ist ihm das „berechtigte Sicherheitsbedürfnis“ der Palästinenser ein Anliegen, ohne dass er erwähnt, wie sehr die palästinensische Führung sowohl ihre eigenen Zivilisten gefährdet als auch ständig Mordanschläge auf Israelis ausübt? Warum wird hier Israel verantwortlich gemacht?

Kritiker Israels lieben bekanntlich hinkende Vergleiche, indem sie erst die Israelis zu „Tätern“ machen und Palästinenser auch nach Mordanschlägen als „Opfer“ bezeichnen. Anschließend wird den Israelis unterstellt, „wie die Nazis“ gegen ihre Opfer (Palästinenser) vorzugehen. Dass diese „Opfer“ mit Selbstmordattentaten, Raketenbeschuss und anderem Terror agieren, wird unter „legitimer Widerstand“ verbucht. Wäre es nicht angesichts der Fakten an der Zeit, die wahren Täter zu benennen?

Vermischung von Theologie und Politik

Der Bischof meint weiter, dass das Phänomen der Überidentifikation „zu einer Vermischung der theologischen und der politischen Ebene“ führe. Wo vermischen sich diese beiden Ebenen, wenn Deutschland Waren aus den besetzten Gebieten kennzeichnen lässt oder Israel wegen Angriffen im Gazastreifen verurteilt, nachdem die Hamas-Organisation Tausende Raketen auf israelische Städte abgeschossen hat? Gab es jemals Mahnwachen in deutschen Kirchen gegen die Hamas?

Vor einigen Jahren noch vermischte sich vor allem bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die Theologie mit der politischen Ebene, als es zu jedem israelischen „Vergeltungsschlag“ hieß, dass der gerade amtierende Premierminister gemäß dem (falsch interpretierten) Bibelspruch „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ handle. Dieses hat die dpa-Redaktion glücklicherweise eingestellt. Zumal es abstrus ist, einem verantwortlichen Politiker zu unterstellen, dass er vor militärtaktischen oder politischen Entscheidungen sich erst einmal einen passenden Vers in der Bibel sucht.

Wer wird zurückgesetzt?

Weiter beklagt Abromeit, dass die Bundeskanzlerin die „Sicherheit Israels“ zur „Staatsräson“ erklärt habe. Niemand weiß bis heute, was dieser Spruch wirklich bedeutet. Falls gemeint sein sollte, dass Merkel im Ernstfall die Bundeswehr nach Israel schicken könnte, lachen sogar Israelis, dass sie wohl erst einmal Ersatzteile nach Deutschland schicken müssten, um die Hubschrauber zum Fliegen und die Panzer zum Fahren zu bringen.

Danach folgt die kühne Behauptung: „Da sich der israelische Staat als jüdischer Staat verstehe, folge daraus prinzipiell die Benachteiligung der Palästinenser und eine Zurücksetzung ihrer berechtigten Sicherheitsinteressen.“

Haben Türken und andere ausländische Minderheiten in Deutschland etwa dadurch Nachteile, dass sich die Bundesrepublik als „deutscher Staat“ versteht? Das Gleiche gilt für Norweger, Schweizer und Franzosen. Oder stört Abromeit, dass viele Juden in ihrem jüdischen Staat die jüdische Religion praktizieren? Er sollte wissen, dass in Israel nur die von der Knesset beschlossenen Gesetze gelten und nicht die Halacha, das Religionsgesetz. Selbst Deutschland ist keine Theokratie oder ein „christlicher Staat“, nur weil der Sonntag und christliche Feste zu gesetzlichen Feiertagen erhoben worden sind, während in Israel übrigens nicht einmal der Sabbat gesetzlicher Ruhetag ist. Jeder, ob Christ, Moslem oder Jude, kann sich in Israel seinen wöchentlichen Ruhetag selbst auswählen. Ausgerechnet arabische Staaten verstehen sich als „islamisch“ und haben teilweise sogar die Scharia, also das muslimische Religionsgesetz, zum geltenden Staatsrecht erhoben. Müsste Abromeit das nicht genauso kritisieren?

In der gesamten Region kann jeder ausschließlich in Israel die Religion nach seiner Façon ausleben, darf seine Religion sogar ganz ablegen. Alle Bürger, auch die Atheisten unter den Israelis, sind gleichermaßen geschützt. So ist unklar, wie „daraus prinzipiell die Benachteiligung der Palästinenser und eine Zurücksetzung ihrer berechtigten Sicherheitsinteressen“ resultieren sollen. Meint Abromeit die arabischen Christen und Muslime in Israel? Die haben bekanntlich die gleichen Rechte. Oder spricht er von den Palästinensern, die von der Hamas oder dem seit über zehn Jahren nicht mehr durch Wahlen legitimierten Abbas unterdrückt werden? Was hat Israel mit diesen Missständen zu tun? Die Vorwürfe des Bischofs sind auch angesichts der Tatsache seltsam, dass außerhalb Israels im ganzen Nahen Osten Christen und andere Minderheiten verfolgt werden.

Von welchen Sicherheitsinteressen ist die Rede?

Das Wort „Sicherheitsinteressen“ wird im Normalfall nur bei Staaten angewandt. Die „berechtigten Sicherheitsinteressen“ der Palästinenser werden (solange sie unter israelischer Kontrolle leben) im täglichen Leben von der israelischen Polizei geschützt. In Ramallah, im Gazastreifen und in den sonstigen Autonomiegebieten trägt die palästinensische Polizei die Verantwortung.

Sollte Abromeit allerdings militärische Sicherheitsinteressen meinen, so ist festzustellen, dass die Palästinenser bis heute keinen Staat haben und laut Verträgen auch nicht über ein eigenes Militär verfügen dürfen. Gleichzeitig existieren sehr wohl paramilitärische Einheiten, die aus palästinensischem Gebiet heraus Mordanschläge auf israelische Zivilisten durchführen.

Den Zionismus nicht verstanden

Abromeits Ausführungen zum Zionismus enthalten weitere Verdrehungen. Mit seinem Vorwurf, dass der politische Zionismus nicht an die Linie der alttestamentlichen Propheten anknüpfe, bezeugt er vor allem seine Unkenntnis der Geschichte. Seit wann ist es Pflicht eines Staates, sich aus einer Religion heraus zu gründen? Die Geschichte des Zionismus im 19. Jahrhundert hat andere Wurzeln. Es handelte sich um eine säkular-weltliche politische Bewegung, die von der jüdischen Orthodoxie wegen „Gotteslästerung“ hart bekämpft wurde. Erst infolge des deutschen Völkermordes verstanden auch die frommen Juden, dass sie ohne einen eigenen Staat keine Überlebenschance hätten.

Abromeit widerlegt dann mit Zahlen den vermeintlich „zionistischen“ Spruch „Volk ohne Land in ein Land ohne Volk“. Dieser Spruch ist allerdings 1853 von dem britischen Pastor Lord Shaftesbury geprägt worden. Später wurde er den Zionisten untergeschoben, als hätten sie ihn erfunden. Heute entspricht es einem Griff in die Mottenkiste palästinensischer Propaganda, ihn weiterhin zu verwenden. In den Schriften von Theodor Herzl, dem Begründer des Zionismus, kommt er jedenfalls nicht vor.

Abromeit politisiert weiter mit der Aussage, der „Nahostkonflikt zeige, dass mit Waffengewalt kein Frieden einkehren werde“. Der pazifistisch klingende Satz gilt nur für Weltgegenden, die eine eindeutige militärische Klärung bereits hinter sich haben. Das beste Beispiel dafür ist Deutschland. Ohne die Waffengewalt der Alliierten würden die Nazis heute noch herrschen.

Ohne Waffengewalt und die militärische Fähigkeit, sich zu verteidigen, wäre der Staat Israel nicht entstanden. Und ohne Waffengewalt würde Israel auch nicht mehr existieren. Aber auch ohne Israel gäbe es wohl kaum weniger Gewalt im Nahen Osten. Meint Abromeit etwa, dass all die muslimischen Bruderkriege rund um Israel schlagartig beendet wären, sowie Israel aufhört, sich zu verteidigen? Oder wäre es für ihn wünschenswert, wenn Juden im Nahen Osten sich wehrlos abschlachten lassen würden? Weiß er nicht, wie viele alte jüdische Gemeinden im Nahen und Mittleren Osten und in Nordafrika zerstört worden sind, wie viele Pogrome es dort gab und dass über 850.000 Juden aus arabischen Ländern in Israel Zuflucht gefunden haben?

Wer darf wo wählen?

Er behauptet zu den besetzten Gebieten: „so dürften dort lebende Juden im Gegensatz zu den dort lebenden Palästinensern wählen.“ Das klingt fast wie eine Aufforderung an Israel, das Westjordanland zu annektieren. Auch in Deutschland dürfen nicht alle Menschen wählen, sondern nur deutsche Staatangehörige. Abromeit fordert in seinen Ausführungen im Gegenzug auch nicht, allen Israelis ein Wahlrecht in den palästinensischen Autonomiegebieten einzuräumen, wo es früher mal ein Parlament gab, das Präsident Abbas 2006 nach dem Wahlsieg der Hamas aufgelöst hat.

Die Frage ist zudem, wen Abromeit als „Palästinenser“ bezeichnet und ob er auch die israelischen Araber meint. Denn die haben volles Wahlrecht in Israel. Die Palästinenser in Jerusalem besitzen übrigens einen jordanischen Pass, dürfen aber zum palästinensischen Parlament wählen. Ein israelisches Angebot, die Staatsbürgerschaft anzunehmen und dann natürlich in Israel wahlberechtigt zu sein, haben die meisten abgelehnt.

Abromeit fährt laut idea fort mit Äußerungen wie: „In Israel finde zudem eine religiöse Aufladung des Handelns statt. Während sonst weltweit versucht werde, zwischen der Sphäre der Politik und der Religion zu unterscheiden, gelte das für die Politik des Staates Israel, etwa in der Siedlungspolitik, nicht.“

Diese Sicht widerspricht der Wirklichkeit vor Ort. Die Siedlungspolitik entstand aus rein pragmatisch-militärischen Erwägungen heraus. Dazu gehört die Gründung der Stadt Ma’aleh Adumim 1994, als den Israelis klar wurde, dass Jerusalem an seiner Ostflanke schutzlos möglichen Attacken der arabischen Welt ausgesetzt war. Andererseits ignoriert der Bischof die durchaus religiösen Elemente bei den Feinden Israels und darunter auch den Palästinensern. Warum rufen die regelmäßig bei Terrorattacken „Allahu Akbar“ und welche Ursprünge haben arabische Vernichtungsträume gegen Israel, wenn sie behaupten, dass keine „Ungläubige“ im Gebiet der „Umma“ geduldet werden dürften?

Nicht kenntnisreich

Gegenüber dem Christlichen Medienmagazin pro äußerte er sich empört über israelische Schikanen gegen einen guten Bekannten, dem professionellen palästinensischen Propagandisten und „Friedensaktivisten“ Daud Nassar aus Bethlehem. Obgleich Nassar vermeintlich „alle Dokumente“ besaß, lehnte das israelische Militärgericht eine erneute Behandlung seines Falles ab. Reine „Schikane“ also. Eine journalistische Nachfrage damals bei den israelischen Behörden und beim Gericht ergab jedoch ein etwas anderes Bild: Nassars Anwälte hatten keine Vollmacht des von ihnen vertretenen Klägers vorgelegt und die übliche Gerichtsgebühr nicht entrichtet. Deshalb wurde dessen Anklage schon bei der Pforte zum Gericht abgelehnt und ist gar nicht erst den Richtern vorgelegt worden. Kein Gericht, auch nicht in Deutschland, würde eine Klage ohne Entrichtung der Gebühr und ohne die Vollmacht des Klägers akzeptieren. Für einen Propagandisten wie Nassar macht es sich aber gut, Israel der Schikane zu bezichtigen und diese kleinen „Versäumnisse“ gegenüber seinem „guten Bekannten“ Abromeit zu verschweigen.

Ebenfalls beklagt er, dass die Zahl der Christen in Bethlehem drastisch abgenommen habe. Er erklärt aber nicht, wieso die christlichen Gemeinden in Bethlehem noch blühten, solange Israel die Geburtsstadt Jesu besetzt hielt, während die Christenflucht erst mit der Übernahme durch die Palästinensische Autonomiebehörde und zügellose Übergriffe der Moslems auf die Christen ab 1994 zunahm.

Warum stellt Bischof Abromeit die Zusammenhänge in Israel so einseitig dar, dass sie nach palästinensischer Propaganda klingen? Kenntnisreich sind seine Äußerungen jedenfalls nicht.

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