Meinung

Im Tunnelblick

In Sabine Adlers aktuellem „Israel“-Buch mutieren die Protagonisten des Nahostkonflikts zu Teenagern, die pubertierend übereinander herfallen. Sie fragen nicht nach den Ursachen des Konfliktes und der Vorgeschichte des Massakers am 7. Oktober 2023.
Von Benedikt Vallendar

Immerhin, in altbewährter Manier gelingt es der langjährigen „Deutschlandfunk“-Korrespondentin Sabine Adler auch in ihrem neuesten Buch „Israel. Fragen an ein Land“ überzeugende Stimmungsbilder zu zeichnen und die anhaltende Spannung in der israelischen Gesellschaft überzeugend zu skizzieren.

Sie lässt Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zu Wort kommen, derweil persönliche Wertungen dezent vermieden und Querverbindungen mit interessantem Hintergrundwissen kredenzt werden. Wer sich schlau machen möchte zur Seelenlage des modernen Israel und der aktuellen Lage in Gaza, ist daher mit diesem Buch gut bedient. 

Der gelungene Kamerablick, mit dem Sabine Adler ihre Leser durch israelisches Zeitgeschehen geleitet, gerät jedoch ins Taumeln, wo es um die tieferen Ursachen des Nahostkonflikts und das Massaker vom 7. Oktober 2023 geht, will sagen: um die Frage, wer hier eigentlich Täter und wer Opfer ist. Und ob der Blick auf das Tunnelsystem in Gaza, wo jüdische Geiseln mehr als zwei Jahre auf ihre Freilassung warteten, vielleicht doch einer Weitung und Andersausrichtung bedurft hätte.

Geiseln als Kollateralschäden

Die Geiseln, unter denen Israel bis zum 13. Oktober in kollektiver Schockstarre litt, wirken bei Adler wie Kollateralschäden, deren Verursacher mit militärischen Mitteln zu bekämpfen viele, aber nicht alle in der israelischen Gesellschaft bereit sind; und denen sie erstaunlich viel Raum zur Selbstdarstellung einräumt. 

Bei allem Bemühen, dem Leser den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis zu erklären und Zusammenhänge zu erörtern, verliert sich das Buch an zahlreichen Stellen in Alltagsschilderungen aus Gaza und dem Westjordanland. Juden und Araber mutieren zu Halbwüchsigen, die nur der Umstände halber einander bekriegen und so tun, als würden ihre Scharmützel zur gottgegebenen D.N.A. des Nahen Ostens gehören.

Dass Juden seit Jahrtausenden rund um den Globus verfolgt werden, war der Autorin allenfalls eine Randbemerkung wert. Und auch, dass nur der Staat Israel imstande ist, ihnen Sicherheit und Gemeinschaft zu geben. Die in der früheren DDR sozialisierte Verfasserin wäre gut beraten gewesen, deutlicher auch auf die historischen Umstände der Staatsgründung Israels einzugehen, statt sich detailverliebt im Innenleben seiner westlich geprägten Gesellschaft zu suhlen. 

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Das Buch will „Fragen an Israel“ stellen. Und unterlässt es doch sträflich, den unerklärlichen Hass auf Juden zu hinterfragen; deren Verfolgung und Vernichtung, wo immer seit der Spätantike sie versucht hatten, sich niederzulassen, einzugliedern und dazuzugehören; so auch bei der Staatsgründung 1948 und in den Jahrzehnten zuvor, als Juden aus aller Welt nach Palästina reisten, um zum Aufbau des von Abraham gegebenen Landes beizutragen.

Unter ihnen ist die Familie des israelischen Polizeiministers Itamar Ben-Gvir, an dem sich Sabine Adler auch persönlich abzuarbeiten scheint, indem sie ihm vorwirft, indirekt die blutigen Geschäftsinteressen der Hamas zu vertreten. Dass Ben-Gvir als Minister im Kabinett Benjamin Netanjahu pointiert und mitunter auch überspitzt die Interessen seines Landes im In- und Ausland vertritt, macht ihn in Augen der Autorin zu einem „Populisten“, dessen Begrifflichkeit sich jedoch auch im modernen Israel immer mehr abzunutzen scheint. 

Aggressionpotential des Iran verschwiegen

Was viele und vielleicht auch Sabine Adler gerne verdrängen: Nur wenige Stunden nach seiner Gründung im Mai 1948 fielen auf Israel Bomben, was in den Folgejahren stets schlimmer wurde, da die Bomben zeitweise auch an Bushaltestellen und in Tanzlokalen explodierten. Immer wieder gab und gibt es Gruppen, die Israel die Existenz absprechen und sich an Allmachtsphantasien gegenüber dem jüdischen Staat ergötzen. 

Es passt zum Buchtenor, dass darin auch das von vielen unterschätzte Aggressionspotential des Islam systematisch verschwiegen wird: Eine in muslimischen Kreisen weit verbreitete faschistoide und menschenverachtende Gedankenwelt, der Israel seit zwei Jahren militärische Grenzen setzt, indem es die Hamas aus ihren Löchern bombt. Damit richtet es eine deutliche Warnung an all jene, die Juden wo auch immer auf der Welt nach dem Leben trachten. 

Sabine Adler: „Israel. Fragen an ein Land“, Ch. Links, 270 Seiten, 24 Euro, ISBN 978-3-96289-240-1

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22 Antworten

  1. Ich muss mir das erstmal in der Bücherei anschauen, bevor ich dazu etwas kommentiere.
    Entweder kommt ein OKAY von mir oder eine Warnung !!!
    SHALOM

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    1. Da Sabine Adler in der ehemaligen DDR (Sachsen-Anhalt) aufgewachsen ist, kann sie nicht objektiv über Israel schreiben. In der DDR wurde Arafat bei seinen Staatsbesuchen hofiert, und seine PLO-Propaganda war dem SED- Politbüro äußerst willkommen.

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      1. @Julia Mückenheim
        „Da Sabine Adler in der ehemaligen DDR (Sachsen-Anhalt) aufgewachsen ist, kann sie nicht objektiv über Israel schreiben.“

        Bescheinigen Sie folglich ALLEN in der bolschewistischen Ex-Ostzone Aufgewachsenen, sie könnten „nicht objektiv über Israel“ schreiben? Sie meinen das doch so, wie es dasteht (s. oben), nicht im Ernst?

        S. Adler (62) hat meines Wissens in den 1980er Jahren an der berüchtigten Sektion Journalistik an der Universität Leipzig studiert. Damit ist vieles gesagt. Journalisten-Ausbildung in einer kommunistischen Diktatur – wer kann sich heute da hineinversetzen?
        Aus welchem Grund entschließt sich eine Person, Anfang der 1980er Jahre im Ostblock Journalistik zu studieren? Bekanntlich ein Studium unter den Augen des SSD (und des KGB).
        In der Zeit Breschnews, Andropows, Tschernenkos. (Towarischtsch Gorbatschow kam ja erst im März 1985 an die Macht. Der Platzhalter Moskaus in Ostberlin war bestenfalls ein Hinterbänkler.)

        Zu Frau Adlers Buch. Ich habe heute nach dem Seminar in einer Buchhandlung darin geblättert und quergelesen. Mein Eindruck? Ich schließe mich der Bewertung von @Paula MIshan und @Klaus an.
        ———————————–
        Mein herzlicher Dank gilt Herrn Benedikt Vallendar, dem Verfasser dieses Israelnetz-Beitrags. Seine Rezension ist so ausgewogen, sprachlich so ausgefeilt, hier und da hintergründig – kurzum: Diese Rezension ist – wie soll ich’s nur ausdrücken? – sie ist das Beste an dem Buch. 😊
        Damit ist auch die Frage, ob ich zu den Lesern des Buches zählen werde, beantwortet. Ich werde diese Schwarte nicht lesen.

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    2. Ich hab gestern nachmittag mal in unserem Bücherladen in das Buch reingeschaut und mir in meinen Augen wichtige Passagen zu Gemüte geführt. Ich werde mir dieses Buch nicht kaufen.
      Die ersten Kapitel sind noch ganz okay und geben ein adäquates Bild von der Stimmung im Land her, obwohl die Gründe dafür nur oberflächlich hinterfragt werden. Danach verliert sie sich in Banalitäten des Alltags fast so, als ob die Gründe, deretwegen sie Fragen an ein Land stellt,plötzlich nebensächlich sind.
      Mein Fazit: lohnt sich nicht für mich, ich kenne informativeres Material.
      SHALOM

      5
  2. Sabine Adler, bei so vielen Auszeichnungen sollte man denken, sie würde Israel und die Palästinenser gut kennen. Nein, sie will nur das Buch verkaufen ohne von Linksextremisten und Islamisten gestört zu werden.

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      1. @Peter
        Meine Ehefrau, beste Vorleserin von allen. Sie liest vor, wir alle hören aufmerksam zu, einschlafen dabei strengstens verboten.

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  3. Nachdem Frau Adler, der göttliche/biblische Blick fehlt, hat es für mich überhaupt keine Aussagekraft. Die Bibel ist das alleinige Kursbuch für Israel und die Nationen Lieber Gruß Martin

    Liebe Redaktion was fehlt dem Kommentar, dass er nicht veröffentlicht werden kann, darf meine Meinung nicht gesagt werden?

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  4. Ich hatte bei Lanz, wo sie vor einiger Zeit eingeladen worden war, auch das Gefühl, sie weicht aus, kontextualisiert und will nicht eindeutig Stellung beziehen. Ich schätze sie sehr für ihre Bücher zur Ukraine, aber für ein Buch zum Thema Israel, seiner Geschichte sowie der Hintergründe und Dynamik des Gaza-Kriegs bedarf es mehr als ausweichende Positionen.

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  5. Sie ist eine im deutschen Staatsfernsehen und den hier herrschenden Medien etablierte Journalistin. Der Grund: sie ist antirussisch und ‚Israelkritisch‘ gepolt, vertritt eben die ganz traditionelle deutsche Ideologie.

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  6. Keine Frage, die links-islamistische Allianz steht- wenn in dem Buch auch nur „gemäßigt“ . Dieser Brabbelbrei
    einer „Gutmenschin“ der furchtbar viel Verständnis für die armen Opfer hat, ist doch der deutsch-bürgerliche „Ich hab nix gegen Juden, aber Israel“ Wahn. Diese Frau meint wirklich sie hat Verständnis für die Situation- Nein hat sie nicht( ihr braucht die Schwarte gar nicht zu lesen) denn sie macht solch ein “ Du-Du Du ! Geste, wenn sie über die Israelische Politik spricht. Machen übrigens viele Latent- Antisemiten. Sie wissen es aber nicht- weil durchs Brennglas auf Juden gucken, ist eine internalisierte unbewusste Lebenshaltung, denn : Auf die Juden ( wer immer das ist) muss man aufpassen- und gucken- ob die Shoah nicht doch richtig war, denn das liegt unter der perversen “ Israelkritik“. Wie wärs mit Sudankritik- oder Russenkritik? Gibts nicht. Tja!
    Paula

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    1. @Paula MIshan
      Vielen Dank für den Tipp das Buch nicht zu lesen. Klaus und Alida stimmen dem ebenso zu. Dann spare ich mir das.

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  7. Die Überschrift der Buchkritik tritt es haargenau, Tunnelblick, denn jeder Kommentar dazu entsteht durch einen „Tunnelblick“, aus einer eigenen subjektiven Position heraus. So ehrlich sollte jeder sein, denn keiner ist im Besitz der Wahrheit. Es gibt nur verschiedene Positionen zu diesem komplexen Konflikt.

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  8. Sie nennt die Dinge beim Namen, keine vorschnelle Verurteilung bevor man das Buch auch wirklich gelesen hat.Man traut ihr zu über den Krieg in der Ukraine objektiv zu schreiben, warum also nicht auch über Israel.

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  9. Das Buch sollte jeder lesen!!! Vielleicht nehmen wir dann unsere rosarote Brille über Israel endlich ab.Die Juden waren schon immer ein kriegerisches Volk.

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    1. Was ist denn das für ein antisemitischer Spruch Frau Niemann? Geht’s noch? Ist es nicht so,das die Juden schon immer angegriffen und verfolgt wurden? Sie sollten mal Ihre antisemitische Brille abnehmen. Hat etwa Israel am 7.10 den Gazastreifen angegriffen? Geiseln genommen,Menschen auf brutalste Weise getötet? Hamas hat immer noch tote Geiseln. Das ist ok für Sie Frau Niemann? Ich glaub, ich falle vom Glauben ab! Herr hilf!🤦‍♀️🤦‍♀️🤦‍♀️🤦‍♀️🙉🙉🙈🙈🙈🙈

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      1. @Manu
        Liebe Manu, dein Glaube ist viel zu wichtig, um für so einen Kommentar verloren zu gehen. Was will man erwarten von Menschen, die einseitig informiert sind. Ich versteh dich, es ist nicht zu fassen, dass Menschen bezüglich Israel so einen Tunnelblick haben und nicht sehen wollen, wer das Böse ist, nicht sehen wollen, dass Israel mit allen Völkern in Frieden leben will und nur seine Ruhe haben möchte. Diese Menschen sind zu bedauern. Da muss man beten, dass Gott ihnen die Augen öffnet.
        Ich grüße dich ganz herzlich. 🫂💝🐿 Ella

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    2. Stimmt Frau Niemann, um den Anhängern der Judenmördern ihre Argumente um die Ohren hauen zu können. Dass diese ihre anhimmelnde rosarote Brille abnehmen werden, darf man bezweifeln. Judenmord ist ja geil.

      Sagen Sie mal wo waren Sie am 7.10.23? Wie fanden Sie denn die Abschlachtung von Israelis? Das Vergewaltigungen? Wie fanden Sie es, dass die Terroristen – sorry natürlich Freiheitskämpfer – mit abgeschnitten Brüsten Fußball spielten? Oder die Geiseln bei der Verschleppung in den Gazastreifen mit Eisenstangen geschlagen wurden? Die Juden sind kriegerisch. Lupenreiner antisemitischer Satz übrigens.
      Aber was ist die Hamas dann für Sie? Oder die PA, die Geld fürs Judenmorden zahlt? Von dem umliegenden Staaten ganz zu schweigen. Was war denn 1948?

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    3. @Renate Niemann
      Haben Sie sich verschrieben? Die Hamas ist wohl schon immer ein kriegerisches Volk gewesen. Ich habe das Buch nicht gelesen und werde es auch nicht tun, denn es gibt bessere Autoren, die über Israel schreiben. Israel ist so kriegerisch, wie es sein muss, wenn es sich seit Staatsbeginn gegen seine arabischen Feinde wehren muss. Wer eine nationale Heimstätte für sein Volk schaffen will, muss es gegen Terroristen und rassistisch motiviertem Judenhass verteidigen. Oder sehen Sie das anders?
      Wer will nochmal die Juden ins Meer treiben? Wer schickt seit 20 Jahren Raketen beinahe täglich nach Israel?
      Manu hat es schon geschrieben, wer überfiel das friedliche Israel in ihren Betten und ermordete Kinder, Frauen, ganze Familien? 😬🙈🙏🎗🇮🇱

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    4. Frau Niemann, diesen Satz vom kriegerischen Volk höre ich in Deutschland immer wieder.
      Israel stimmt 1947 einer Zweistaatenlösung zu. Was ist der Dank ? Versuchte Vertreibung.
      Israel räumt die jüdischen Siedlungen in Gaza. 1985 Rückzug Israels aus der südlibanesischen Sicherheitszone. Als Antwort : Terror ! Denken Sie nach, ob Sie gerecht urteilen. Vor einigen Jahren war ich mit einer Reisegruppe in den Golan–Höhen unterwegs. Wir fuhren in Jeeps. Selbst da wurde von Syrien aus herübergeschossen. Mitten am Tag. Ohne Grund will man Israel vernichten.

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  10. @Christin
    👏👏👏
    Das ist wirklich mal eine Lüge von Frau Niemann. Eine ganze große!!!!

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