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Haredi-Konzert beschäftigt Politik und Gerichte

Bis zum Obersten Gericht ging der Streit: Wegen der Geschlechtertrennung im Publikum hat ein ultra-orthodoxes Konzert im Vorfeld für viel Aufregung gesorgt. Am Ende fand die Veranstaltung wie geplant statt.
Konnte letztlich in Afula auftreten: Sänger Moti Steinmetz

AFULA (inn) – Für politischen und juristischen Streit hat in Israel ein Konzert mit dem ultra-orthodoxen Sänger Moti Steinmetz als Hauptkünstler in der nordisraelischen Stadt Afula gesorgt. Weil Vertreter der haredischen Gemeinschaft darauf bestanden, dass Frauen und Männer auf den Zuschauerrängen getrennt voneinander sitzen, gerieten sie mit säkularen Politikern und Aktivisten aneinander. Nach mehreren juristischen Runden fand das Konzert am Mittwochabend wie geplant statt.

Am Sonntag hatte zunächst ein lokales Gericht in Nazareth den Organisatoren der Veranstaltung verboten, eine Geschlechtertrennung etwa mit Schildern zu erzwingen. Eine freiwillige Separierung der Geschlechter sei gleichwohl möglich, hieß es weiter. Die Stadt bedauerte die Entscheidung und hob hervor, dass es von über 300 Konzerten nur bei dieser einen Veranstaltung eine Geschlechtertrennung geben solle.

Das Gericht war von der Organisation „Israelisches Frauennetzwerk“ angerufen worden. Im Nachrichtensender „i24News“ erklärte Rachel Stomel, die für eine andere Frauenorganisation aktiv ist, man müsse klar unterscheiden zwischen selbstgewählter Segregation und staatlicherseits auferlegter Geschlechtertrennung. Hier handle es sich um eine „staatliche Veranstaltung“, verwies sie darauf, dass das in einem öffentlichen Park stattfindende Konzert von der Stadt mitfinanziert wurde. Deshalb sei die Geschlechtertrennung unzulässig.

Lapid: „Wir sind hier nicht im Iran“

Im politischen Israel schlugen die Wellen wegen der Gerichtsentscheidung am Sonntag hoch: Verkehrsminister Bezalel Smotritsch vom rechten Wahlbündnis „Jamina“ wetterte gegen das „dumme“ Justizsystem und eine „fundamentalistisch-progressive Dummheit“. Zugleich bezeichnete er Premierminister Benjamin Netanjahu als „schwach“, weil dieser nur zusehe und nichts tue. Kurzzeitig stand deshalb die Entlassung des Ministers im Raum. Netanjahu bestellte Smotritsch ein. Dieser musste sich entschuldigen. Zustimmung erhielt der Urteilsspruch indes von Jair Lapid, der gemeinsam mit Benny Gantz die Liste Blau-Weiß in die anstehenden Knessetwahlen führt. „Wir sind hier nicht im Iran“, erklärte der liberale Politiker.

Am Mittwoch dann entschied dasselbe Gericht in Nazareth allerdings über einen Berufungsantrag der ultra-orthodoxen Schass-Partei von Innenminister Arje Deri. Der nun urteilende Richter hob die vorige Entscheidung wieder auf. Als Kompromiss schlug er vor, neben den getrennten Bereichen für Männer und Frauen einen dritten, gemischten Sektor einzurichten. Das Konzert konnte daraufhin wie geplant stattfinden. Laut dem konservativen Nachrichtenportal „Arutz Scheva“ kamen am Mittwochabend einige tausend Haredim auf dem Veranstaltungsgelände zusammen. Eine Trennwand teilte das Publikum in Männer und Frauen.

Deri: „Das hier ist ein jüdischer Staat“

Vorbei war der Streit damit jedoch noch nicht: Während das Konzert bereits einige Zeit lief, kamen die Richter des Obersten Gerichts in Jerusalem zu dem Schluss, dass das Gericht in Nazareth seine Kompetenzen überschritten habe. Es sei nicht dazu befugt gewesen, die ursprüngliche Entscheidung über das Verbot der Geschlechtertrennung wieder aufzuheben. Auch dieser Urteilsspruch sorgte bei den Ultra-Orthodoxen für Empörung. Die obersten Richter hätten „einmal mehr bewiesen, dass Gleichberechtigung aus ihrer Sicht aufhört, wenn es um Haredim geht“, erklärte ein Schass-Anwalt. Ein anderer Anwalt sprach von „säkularem Extremismus“.

Die Veranstaltung ließ sich durch den Urteilsspruch der obersten Richter jedoch nicht mehr aufhalten. „Der gesunde Menschenverstand hat gesiegt“, freute sich Innenminister Deri, der auf der Konzertbühne zu den Besuchern sprach. „Verloren haben jene, die versuchten, uns unsere Lebensart zu verbieten.“ An Lapid gerichtet sagte Deri: „Es ist richtig: Das ist nicht der Iran. Das ist ein jüdischer Staat.“ Erfreut stimmte der Politiker mit Sänger Steinmetz zum Duett an. Für kurze Aufregung am Rande des Konzerts sorgte der Bürgermeister von Tiberias, Ron Kobi, der sich unter die Menschen gemischt hatte. Kobi ist für seinen Kampf gegen ultra-orthodoxe Einflüsse bekannt. Sicherheitskräfte geleiteten ihn unter wütenden Rufen der Konzertbesucher aus der Menge.

Unterdessen zeichnet sich bereits der nächste Streit ab: Laut der Onlinezeitung „Times of Israel“ hat sich das „Israelische Frauennetzwerk“ mit einem Brief an die Bürgermeisterin von Haifa gewandt. Die Politikerin solle ein Konzert Ende August verhindern, zu dem nur Männer als Besucher zugelassen sind, so die Forderung. Bei der Veranstaltung ist unter anderem ein Auftritt von Moti Steinmetz geplant, demselben Sänger wie in Afula.

Von: ser

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