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Ausstellung der Qumran-Rollen geplatzt

Seit Jahren laufen die Vorbereitungen für eine Ausstellung der Qumran-Rollen in Frankfurt. Weil die Bundesregierung Israel jedoch keine Garantie für die Rückgabe der weltberühmten Schriftrollen geben will, wurde die Ausstellung nun abgesagt.
Auch Teile der Psalmen wurden in den Höhlen von Qumran am Toten Meer entdeckt

FRANKFURT (inn) – Im Frankfurter Bibelmuseum sollten 2019 einige der am Toten Meer gefundenen Qumran-Rollen ausgestellt werden. Es handelt sich um einen der sensationellsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts.

Zwischen 1947 und 1956 entdeckten Beduinen durch Zufall eine ganze Bibliothek von 2.000 Jahre alten Manuskripten, die auf Papyrus oder Pergament kopiert worden waren. Die Texte waren auf Hebräisch, Griechisch oder Lateinisch verfasst, unter ihnen die ältesten erhaltenen Bibeltexte, Schriften der Essener Sekte aus der Zeit Jesu, Geschäftsbriefe und andere Dokumente. Dank des extrem trockenen Klimas am Toten Meer blieben die Texte erhalten.

Forscher vermuten, dass es sich um Teile der Bibliothek des Tempels in Jerusalem handelt. Die Schriftdokumente seien in tönernen Gefäßen in der Wüste versteckt worden, um nicht den Römern in die Hände zu fallen, die im Jahr 70 den Tempel erobert und zerstört haben.

Gefunden wurde auch eine komplette Abschrift des Buches Jesaja. Sie wird heute im „Schrein des Buches“ im Israelmuseum in Jerusalem ausgestellt. Ansonsten kamen zehntausente Schnipsel mit nur wenigen Buchstaben zutage, die nach jahrelanger Forschungsarbeit heute wieder zu Texten zusammengesetzt werden.

Keine Rückgabezusage, falls PA Ansprüche anmeldet

Um zu verhindern, dass die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) oder Jordanien Ansprüche auf die Qumran-Rollen geltend machen, hatte Israel für die Ausstellung eine rechtsverbindliche Rückgabezusicherung von der Bundesregierung gefordert. Aber die wollte diese Garantie nicht geben, erklärt der hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein (CDU).

Aus Sicht des Außenministeriums und der Bundesbeauftragten für Kultur seien die Besitzverhältnisse ungeklärt. „Seit 1967 hält Israel das Gebiet jenseits seiner international anerkannten Grenzen besetzt“, heißt es in einem Bericht der Hessenschau. Tatsächlich kontrollierte Jordanien dieses Gebiet beim Fund der Rollen und bis 1967, als Israel die Gegend eroberte. Doch die Behauptung, dass das Gebiet „jenseits seiner (Israels) international anerkannten Grenzen“ liege, ist eine grundlegend falsche Behauptung. Zwischen Israel und Jordanien wurde 1949 nur eine „Waffenstillstandslinie“ festgelegt, „ohne diplomatische Folgen“, wie es im Vertrag von Rhodos heißt.

Falsche Behauptungen über „anerkannte Grenze“

Diese sogenannte „grüne Linie“ ist jedenfalls keine „international anerkannte Grenze“, wie es in Hessen oder im Auswärtigen Amt in Berlin behauptet wird. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist erst 1995 infolge der Osloer Verträge entstanden. Der Norden des Toten Meeres und so auch Qumran haben nie in ihrem Herrschaftsgebiet gelegen. Ob aus politisch bedingten „Ansprüchen“ der Palästinenser auf alles, was sich je im Gebiet von „Palästina“ befunden hat, darunter auch Tel Aviv und andere „illegale jüdische Siedlungen“, Besitzansprüche auf die Qumranrollen ableiten lassen, ist mehr als fraglich.

Die Vorbereitungen zu der Ausstellung in Frankfurt liefen seit Jahren und waren weit fortgeschritten. Jürgen Schefzyk, Direktor des Frankfurter Bibelmuseums: „Etwas Einmaliges stand dem Museum bevor, das löst große Freude, Energie und Kreativität aus.“ Doch nun ist der Traum geplatzt, die Qumran-Schriftrollen 2019 in Frankfurt auszustellen.

Die Rollen bleiben vorerst in Israel. Denn sie sind in israelischem Besitz. Einige wurden schon im Vatikan, Österreich und in den Niederlanden gezeigt, ohne dass es zu einem Rechtsstreit gekommen wäre, wie jetzt in Deutschland.

Frankfurter Bürgermeister kritisiert Bundesregierung

Der Frankfurter Bürgermeister und Kirchendezernent Uwe Becker hat die Absage des Bibel-Museums für die im Herbst 2019 geplante Qumran-Ausstellung zum Anlass genommen, sein Unverständnis gegenüber der Haltung der Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen:

„Es kann und darf nicht sein, dass das verschobene Koordinatensystem einzelner Bundesminister beziehungsweise von Bundesministerien unser grundsätzliches Verhältnis zu Israel derart beschädigt, dass nun offensichtlich nicht einmal mehr Ausstellungen mit Fragmenten von kulturhistorisch bedeutsamen Bibel-Handschriften aus Israel gezeigt werden können. Wenn sich Deutschland weigert, Israel eine rechtsverbindliche Rückgabezusage für die Leihgaben aus Qumran zu geben (Immunitätszusage), dann baut die Bundesregierung eine Mauer zu den Ursprungsorten des Christentums auf. Denn was für Qumran gilt, gilt dann auch für Bethlehem, Jericho, Ostjerusalem und weitere Stätten des Wirkens Jesu Christi. Entweder hat hier jemand die Dimension dieser Fehlentscheidung nicht überblickt, oder man betreibt eine Politik, die aus meiner Sicht unvereinbar ist mit den grundsätzlichen Beziehungen zu Israel.“

Protestschreiben an Gabriel und Grütters

Während andere europäische Staaten in den zurückliegenden Jahren in vergleichbaren Fällen eine sogenannte umfassende Immunitätszusage gegenüber Israel abgegeben haben, so etwa die Niederlande und Österreich, weigert sich Deutschland, eine solche Erklärung für die Ausstellung des Bibelmuseums gegenüber der Israelischen Antikenbehörde abzugeben.

„Bei aller Rücksichtnahme auf palästinensische Empfindlichkeiten, wiegen die besonderen Beziehungen zu Israel schwerer und die Kulturpolitik darf nicht das Koordinatensystem eigenständig zu Lasten Israels verschieben. Die Bundesregierung muss ihre Positionierung in diesem Fall überdenken und sollte sehr schnell den Scherbenhaufen durch zusätzliche Anstrengungen wieder zusammenkehren und kitten“, erklärte Becker.

Der Bürgermeister richtete zugleich einen Brief mit der entsprechenden Aufforderung an die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Darin setzt er sich für die Durchführung der Ausstellung und das diesbezügliche Engagement der Bundesregierung ein.

Von: Ulrich W. Sahm

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