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Omar Barghuti wirft Israel bei Preisverleihung Apartheid vor

Ein Pionier der anti-israelischen Boykottbewegung erhält einen amerikanischen Friedenspreis. Seine Dankesrede nutzt der in Israel ansässige Palästinenser, um den jüdischen Staat zu kritisieren.
Barghuti bei seiner Dankesrede in New Haven

NEW YORK / NEW HAVEN (inn) – Israel ist seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump besonders machttrunken. Diesen Vorwurf hat einer der Mitbegründer der internationalen Boykottbewegung BDS, Omar Barghuti, am Montag in New York geäußert. Die Abkürzung steht für „Boykott, Desinvestition und Sanktionen“.

Barghuti sprach bei einer Veranstaltung an der Columbia-Universität. „Die israelische Regierung ist trunken von Macht und Straflosigkeit, vor allem seit Trump an die Macht kam“, zitiert ihn die israelische Tageszeitung „Ha’aretz“. „Israel hat seine dünne Maske der Demokratie fallen lassen und bewegt sich mit schwindelerregendem Tempo darauf zu, mehr Siedlungen zu bauen.“


Podiumsdiskussion: Alle einig über „israelische Apartheid“

Der Titel der Veranstaltung lautete: „Die Straße zur Freiheit: Eine Podiumsdiskussion mit Omar Barghuti“. Auf dem Podium saß auch die Historikerin Premilla Nadasen, die in Südafrika zur Zeit der Apartheid geboren wurde. Außerdem beteiligte sich Rebecca Vilkomerson, die Geschäftsführerin der Organisation „Jewish Voice for Peace“ (Jüdische Stimme für den Frieden), die Veranstalter war.

Alle drei brandmarkten Israels Umgang mit den Palästinensern als „Apartheid“. Die Palästinenser bezeichneten sie als „eingeboren“, die jüdischen Israelis als „Kolonialisten“. „Die Nakba, die ethnische Säuberung der Palästinenser, ist nie zu einem Ende gekommen“, sagte Barghuti. Das arabische Wort für „Katastrophe“ verwenden Palästinenser für die israelische Staatsgründung im Jahr 1948.

Nach der Veranstaltung weigerte sich Barghuti, mit „Ha’aretz“ zu sprechen. Auf die Interviewanfrage entgegnete er: „Ich gebe den israelischen Leitmedien keine Interviews.“

Pro-israelische Studenten protestierten gegen die Podiumsdiskussion. Der Vorsitzende der pro-israelischen Studentengruppe „Aryeh“ (Löwe), Dore Feith, kritisierte Barghuti: „Er hat weggelassen, dass er einen Abschluss von einer israelischen Universität hat, dass er im Israel von vor 1967 lebt und dass natürlich israelische Araber als Richter und Gesetzgeber dienen. Er hat einen großen Teil der offensichtlichen Realitäten der israelischen Gesellschaft weggelassen.“

Werbung für BDS bei Preisverleihung

Bereits am Sonntag hatte Barghuti an der Yale-Universität in New Haven eine Auszeichnung entgegengenommen: den „Gandhi-Friedenspreis“. Diesen verlieh die im US-Bundesstaat Connecticut beheimatete Gruppe „Promoting Enduring Peace“ (Dauerhaften Frieden fördern). Barghuti widmete seinen Preis „den heldenhaften palästinensischen politischen Häftlingen in den Apartheid-Kerkern“. Sie würden unrechtmäßig festgehalten. Die israelische Regierung versuche, „die BDS-Bewegung zu unterdrücken“, weil deren Unterstützung weltweit wachse. „Wir sind inspiriert durch die südafrikanische Bewegung gegen Apartheid und die Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten.“

Auch der zweite Preisträger, Ralph Nader aus Winsted in Connecticut, kritisierte Israel in seiner Rede: „Wer hat 400-mal mehr unschuldige Männer, Frauen und Kinder getötet als die andere Seite? Die Antwort ist: die israelische Regierung“, sagte der Verbraucher- und Umweltschützer mit libanesischen Wurzeln laut der Lokalzeitung „New Haven Register“. „Staatsterror“ sei viel durchdringender als Terror von Einzelpersonen. „Er wird immer als zum Dienst der nationalen Verteidigung zugehörig legitimiert.“ US-Truppen „können jeden töten“ und Präsidenten ebenso, ohne Erklärung vom Kongress oder Beachtung der Genfer Konvention.

Nader fügte hinzu: „Wir kommen von einer Kultur der Gewalt. Uns wird in der Schule beigebracht, dass Christoph Kolumbus Amerika ‚entdeckt‘ habe. Mein Vater hat mich schnell von diesem Irrtum befreit, als er mir erzählte, dass Kolumbus Amerika auf der Suche nach Gold überfallen und einen ganzen Stamm in der Karibik ausgerottet hat.“ Der Preisträger forderte, das Budget für die Verteidigung zu kürzen.

Universität: Ansichten repräsentieren Yale nicht

Yale indes distanzierte sich von der Veranstaltung: „Eine Studentenorganisation hat Raum für die Verleihung des Gandhi-Preises reserviert, der von einer Organisation vergeben wird, die keine Verbindung zu Yale hat“, teilte die Universität mit. „Yale schätzt Anträge unserer Gemeinschaft, Sprecher und Gruppen einzuladen, in Übereinstimmung mit unserem akademischen Auftrag, den freien Austausch von Ideen zu fördern. Ansichten, die bei diesen Veranstaltungen geäußert werden, sind diejenigen der Einzelpersonen. Sie repräsentieren nicht die Ansichten der Universität als Ganzes.“

Der Palästinenser Barghuti wurde 1964 in Katar geboren. Da er mit einer israelischen Araberin verheiratet ist, hat er ein ständiges Aufenthaltsrecht für Israel. Er lebt in Akko. Im März wurde er wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung festgenommen und steht seitdem unter Hausarrest.

„Promoting Enduring Peace“ verteilte bei der Preisverleihung ein Flugblatt. Darauf stand geschrieben: „Die israelische Regierung, die grimmig jede Kritik und jeden Druck ablehnt, verleumdet BDS-Aktivisten als Betrüger oder Antisemiten. Sie bedroht Palästinenser, die zu BDS aufrufen.“ Deshalb sei Barghuti festgenommen und deshalb seien ihm die Reisedokumente vorübergehend abgenommen worden. Für die Teilnahme an der Preisverleihung hat Israel seine Ausreise in die USA genehmigt.

Von: eh

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