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Diplomatischer Eklat in Chile

Chiles Präsident lässt den neuen israelischen Botschafter auflaufen und stößt damit den jüdischen Staat vor den Kopf. Das chilenische Außenministerium versucht, den Eklat wieder einzufangen.
Von Israelnetz

SANTIAGO DE CHILE (inn) – Als der chilenische Linkspolitiker Gabriel Boric im Dezember vergangenen Jahres zum Präsidenten seines Landes gewählt wurde, horchten israelische Medien auf: Boric war da bereits für seine israelkritische Haltung bekannt. Ein „Anti-Zionist“ sei er, schrieb die „Jerusalem Post“, ein „beißender Israel-Kritiker“, meinte die „Times of Israel“.

Nun, neun Monate später, ist es zum offenen Eklat zwischen Israel und Chile gekommen. Am Donnerstag hatte der neue israelische Botschafter im Land, Gil Artzjeli, sein Beglaubigungsschreiben an das 36-jährige Staatsoberhaupt übergeben wollen – ein Standardvorgang in der internationalen Diplomatie, der eigentlich nicht mehr als eine Formalität ist.

Palästinensischer Jugendlicher getötet

Medienberichten zufolge hielt sich der Botschafter am Vormittag bereits beim Präsidentenpalast La Moneda in Santiago de Chile auf, als er informiert wurde, dass Boric ihn nicht empfangen werde. Aus chilenischen Regierungskreisen hieß es gegenüber dem Nachrichtenportal „ex-ante“, die Beglaubigung sei in den Oktober verschoben worden, weil es einen „Vorfall mit Kindern“ in Gaza gegeben habe. Es sei ein „sehr sensibler“ Tag.

Offenbar bezog sich dies auf den Tod eines palästinensischen Jugendlichen, der am Donnerstag bei einer Razzia der israelischen Armee tödlich von einer Kugel getroffen worden sein soll. Der Vorfall spielte sich allerdings in Dschenin im nördlichen Westjordanland ab, und nicht in Gaza, dem Küstenstreifen am Mittelmeer.

Die chilenische Tageszeitung „La Tercera“ schrieb am Donnerstag, Außenministerin Antonia Urrejola habe versucht, Boric von der „Unüberlegtheit der Entscheidung“ zu überzeugen; der Präsident habe seinen Entschluss jedoch durchgesetzt mit dem Argument, er sei derjenige, der die Außenpolitik bestimme. Bemerkenswert: Am selben Tag empfing der chilenische Staatschef unter anderen den Botschafter Saudi-Arabiens zur Beglaubigung.

Außenministerium entschuldigt sich

Am Nachmittag lud das Außenministerium den israelischen Botschafter zum Gespräch mit einer Unterstaatssekretärin. Laut „La Tercera“ soll die Politikerin darauf verwiesen haben, dass es vor der Ausladung entsprechende Anfragen aus der palästinensischen Gemeinde Chiles gegeben habe. Schätzungen zufolge leben in Chile rund 500.000 Menschen mit palästinensischen Wurzeln. Sie gelten als die größte palästinensische Gemeinschaft außerhalb des Nahen Ostens.

Artzjeli zufolge dauerte das Treffen mehr als eine Stunde. Die Unterstaatssekretärin habe sich „wiederholt bei mir und beim Staat Israel entschuldigt“. Für ihn sei es ein „unangenehmer Vorfall“, doch „mein Volk hat in den vergangenen viertausend Jahren Schlimmeres durchgemacht“. Man werde über den Vorfall „zum Wohle Chiles und Israels“ hinwegkommen. Die Entschuldigung akzeptiere er. Von Israels Außenministerium war bis Freitagmittag keine Stellungnahme bekannt.

Kritik auch in Chile

Die Entscheidung Borics rief auch in Chile zahlreiche Kritiker auf den Plan. Mehrere Politiker äußerten sich beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die Vorsitzende der chilenisch-israelischen Parlamentariergruppe, die parteilose Senatorin Carmen Aravena, erklärte laut Medienberichten, der Vorfall sei eine „Beleidigung“ für Israel und gefährde die bilateralen Beziehungen. An einen „derart schwerwiegenden Zwischenfall“ in der Außenpolitik Chiles könne sie sich nicht erinnern.

Doch auch aus dem regierungstragenden Lager kam Kritik: Der Vorsitzende des auswärtigen Senatsausschusses, Jaime Quintana, schrieb auf Twitter: „Wir müssen die Qualität unserer bilateralen Beziehungen bewahren.“ Man vertrete seine Ansichten gegenüber anderen Staaten „mit mehr und nicht mit weniger Diplomatie“.

Unterstützung erhielt Boric unterdessen aus der palästinensischen Gemeinde Chiles. „Um Menschenrechte zu verteidigen, muss man mutig sein“, erklärte der Abgeordnete Jorge Brito, der palästinensische Wurzeln hat und die chilenisch-palästinensische Parlamentariergruppe leitet. „Als Parlamentariergruppe schätzen wir die Entscheidung und unterstützen das Außenministerium bei den Bemühungen, die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte einzufordern.“

Jüdische Gemeinde soll israelische Besatzung kritisieren

Zur Borics israelkritischen Einlassungen aus der Vergangenheit zählt unter anderem ein Vorfall von 2019: Zum jüdischen Neujahrsfest hatte die jüdische Gemeinde Chiles ihm einen Gruß zukommen lassen, in dem sie sich zu einer „inklusiveren, solidarischeren und respektvolleren Gesellschaft“ bekannte. Boric reagierte, indem er die Vereinigung öffentlich dazu aufrief, Israels Besatzungspolitik zu kritisieren.

Boric hatte die Stichwahlen im Dezember 2021 mit knapp 56 Prozent der Stimmen für sich entschieden. Von den 111 Chilenen, die von Israel aus an der Wahl teilnahmen, votierten hingegen laut der seinerzeitigen chilenischen Wahlauskunft nur 33 für ihn. (ser)

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9 Antworten

  1. Der Linke Boric tut auch dem chilenischen Volk nicht gut. Er ist ein Antisemit, hetzt sein Volk auf, was Menschen nie gut tut, solche Politiker, egal in welche Richtung man lügt und hetzt.
    Er ist von Pal-Arabern umgeben. Da muss er gegen Israel sein.
    Kassieren eigentlich diese Pal-Abgeordnete in Chile Flüchtlingsgelder in 4.5. Genration?

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  2. Es wäre wünschenswert, wenn es mehr Politiker mit Rückgrat gäbe wie den chilenischen Präsidenten.

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    1. @Bjoern
      Sie meinen wohl eher, dass es wünschenswert wäre, wenn es noch mehr Politiker mit Israelhass gäbe, wie dieser unsägliche chilenische Präsident.
      Durch die Ablehnung der neuen Verfassung, hat Präsident Boric erstmal eine Niederlage einstecken müssen – gut so. Denn durch diese Neue Verfassung könnte sich Chile in ein zweites Venezuela verwandeln, so befürchtete die Mehrheit. „Eine radikale Linke hat mit dem Rücken zum Rest des Landes gearbeitet.“, und sie ausgeschlossen. Linke haben ein Problem mit demokratischen Systemen/Regierungen.

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    2. Am besten wäre ein „judenreines Chile“, Zynismus Ende.

      Wer vor Terroristen einknickt und dazu gehört auch die PA, hat kein Rückgrat. Er kriecht vor Terrorismus. Schande!

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      1. Es gibt doch keinen Antisemitismus, es gibt nur Israelkritik. Und die ist ja verboten. Zynismus Ende.

        Aber wehe, es kritisiert jemand die Palästinenser. Den Präsidenten, die Judenmörder, die Terroristen, da heulen die Unterstützer vor Wut auf.

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  3. Rückgrat, Luley, wie lächerlich. Dieser regressive linke und antiisraelische Präsident verweigert eine diplomatische Formalität, weiß aber nicht einmal, ob ein von Palis behaupteter Vorfall in Gaza oder im Westjordanland stattgefunden hat. Nur gut, daß es in Chile offenbar auch starke politische Kräfte gibt, die solchen israelfeindlichen Zinnober nicht mitmachen.
    Derweil findet dieser Präsident natürlich Zeit, vom saudi-arabischen Botschafter das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen. Diese Heuchelei ist typisch für regressive Linke: mit Islamfaschisten ist die Zusammenarbeit hervorragend während das demokratische Israel symbolisch beleidigt werden muss. Eine Schande.

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  4. Es wäre doch wünschenswert, das der chilenische Präsident bei den ohne demokratische Legimimation regierenden Abbas und Co. aus der PLO die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte einfordern würde.

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  5. Hallo, der Präsident Chiles bestimmt die politischen Richtlinien. Wenn er die israelische Besatzungspolitik kritisiert, ist es nicht antisemitisch. Es kommt nicht darauf an, wo der palästinensische Jugendliche ( Kind ) erschossen wurde – sondern das er von Besatzungssoldaten erschossen wurde.

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