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Die schreckliche Mauer von Bethlehem – Eine Frage des Blickwinkels

Eine Mauer, ein Zaun, eine Sperranlage trennt Menschen von Menschen, sperrt ein oder aus. Auf jeden Fall beschränkt sie Bewegungsfreiheit und macht den freien Verkehr von Menschen und Gütern unmöglich. In der Vorweihnachtszeit ist es besonders die zehn Meter hohe Betonmauer, die Israel zwischen Bethlehem und Jerusalem errichtet hat, die kein Weihnachtspilger auf dem Weg zur Geburtskirche übersehen kann – und die deshalb die Gemüter erregt.

„Aus Bethlehem erreicht uns die Klage, dass der israelische Sicherheitswall die Stadt nun völlig eingeschlossen und zu einer Insel gemacht hat… Sie schneidet Bauern den Weg zu ihrem Land ab, sie zwingt Kranke zu weiten Umwegen beim Weg in ein Krankenhaus und erschwert den Zugang nach Bethlehem für Einheimische und für Besucher“, empört sich der württembergische Oberkirchenrat Heiner Küenzlen in einer Stellungnahme seiner Landeskirche im Hinblick auf die Gottesdienste an Heiligabend und Weihnachten 2005.

Zeitgleich mit der Klage des württembergischen Oberkirchenrates, der offensichtlich keinen einzigen Gedanken an die Möglichkeit palästinensischer Propaganda verschwendet hat, verschickt ein palästinensischer Christ aus Bethlehem Vorweihnachtsberichte an seine Spender. Darin berichtet er über Reisen, die er und seine Familie im zurückliegenden Jahr unternommen haben, nach Beirut und Damaskus, nach Tiberias am See Genezareth und Nazareth in Galiläa, Amerika, Spanien und Thailand. Und er ist kein Einzelfall: Viele palästinensische Händler sind ihren Kunden auf die Weihnachtsmärkte Deutschlands nachgereist. „Fast täglich überqueren wir den Grenzübergang zwischen Bethlehem und Jerusalem“, beklagt der Baptistenpastor ein Vorrecht, das Israelis kaum genießen.

Wenn nämlich Juden das Grab ihrer Stammmutter Rachel in Bethlehem besuchen wollen, die weder im Christentum noch im Islam die Rolle einer Heiligen spielt, können sie das nur unter Bewachung ihres Militärs und mit gepanzerten Bussen tun. Wenn jüdische Israelis Bethlehem besuchen wollen, von wo sie nach alttestamentlicher Tradition ihren Messias und Erlöser erwarten, können sie das nur tun, indem sie gegen die Gesetze ihres eigenen Staates verstoßen. Der Besuch der palästinensischen Autonomiegebiete ist Israelis nach israelischem Gesetz verboten, weil die Regierung Entführungen und Lynchmorde fürchtet. Eine Reise zu ihren Jahrtausende alten Wurzeln nach Damaskus oder Baghdad gehört zu den Träumen, die reiselustige Israelis kaum in Worte zu fassen wagen, ganz zu schweigen vom Iran, wo einst das Judenmädchen Ester biblische Berühmtheit erlangte.

Tatsache ist, dass die Sicherheitsmaßnahmen Israels – die übrigens nicht nur Palästinenser, sondern jeder Israelreisende über sich ergehen lassen muss – immer lästig und peinlich, manchmal entwürdigend und ungerecht sind. Richtig ist, dass Israels Sperrwall die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten des palästinensischen Volkes beschneidet. Tatsache ist aber auch, dass heute Palästinenser – und vor allem Christen! – weltweit offensichtlich mehr Reisefreiheit genießen als Israelis.

Wer nur das Leid der einen Seite beklagt, ohne auch zu erwähnen, wie palästinensische Selbstmordattentäter erfolgreich den Friedensprozess von Oslo torpediert und dadurch die Mauer verursacht haben; wer verschweigt, wie Palästinenser durch die zielsicherste Bombe der Menschheitsgeschichte furchtbare Massaker unter israelischen Zivilisten anrichten, die dann auf palästinensischen Straßen auch noch bejubelt werden, der macht sich selbst unglaubwürdig, sei er nun palästinensischer Christ, württembergischer Oberkirchenrat oder auch ein internationaler Gerichtshof.

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3 Antworten

  1. Die Israelis haben 1948 bis zu 70000 Palästinenser aus „ihrem“ Gebiet in überfüllte Lager nach Gaza getrieben. Heute lebt die 4. Generation dieser Flüchtlinge immer noch unter furchtbaren Bedingungen dort. Das bildet auch den Nährboden für endlosen Hass und Gewalt auf die Verursacher dieses Zustandes. Mir tun diese eingeschlossenen Palästinenser im Gazastreifen einfach leid. So möchte keiner leben. Das ist viel schlimmer als dieauer um Berlin war….

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    1. Mir tun die Juden leid. Wer sich einmal mit der Geschichte beschäftigt, weiß, dass Israel schon immer den jüdischen Volk gehörte. Vor mehr als 3000 Jahren war das Gebiet des heutigen Israel ein Teil des jüdischen Reiches. Danach stand es u.a. unter römischer, osmanischer und britischer Herrschaft.
      Nach der Vertreibung durch die Römer hatten die Juden kein eigenes Land mehr. Der Tempel der Juden, das nationale und religiöse Symbol des Volkes, wurde zerstört. Sie lebten als kleine Gruppen in anderen Ländern, wo sie oft diskriminiert und verfolgt wurden. Immer wieder waren die Juden Opfer von Massakern. Durch die Massenmorde der Nationalsozialisten starben in wenigen Jahren rund sechs Millionen Juden.
      Am 29. 11.1947 beschloss die UN-Generalversammlung, Palästina in einen arabischen und einen jüdischen Staat zwischen Jordan und Mittelmeer zu teilen. 1948 wurde Israel gegründet: „kraft des natürlichen und historischen Rechts des jüdischen Volkes und aufgrund des Beschlusses der UNO-Vollversammlung“. Die Araber lehnten den Teilungsplan ab und griffen Israel an.
      Bethlehem z.B. ist nicht nur für die Christen ein bedeutender Pilgerort, sondern auch für die Juden.

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      1. Das stimmt, aber nach 2000 Jahre Abwesenheit durch Vertreibung kann man die Uhr nicht zurückdrehen und insofern nach so langer Zeit auch niemanden entignen bzw. vertreiben. Was wäre wohl, wenn die deutschen Heimatvertriebenen heute nach Polen Tschechien und Kaliningrad gehen würden? Den Juden wurde durch Deutschld größtes Leid zugefügt. Jetzt Schlusstruch und gemeinsam in Drieden zusammenleben! Das wäre ein guter Weg in den Frieden!

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