Zu den perfiden Aktionen des Terrormassakers der Hamas gehörte die Verschleppung von 251 Menschen in den Gazastreifen. Zwanzig Tage später startete Israel eine Bodenoffensive. Sechs Wochen nach dem Massaker vereinbarten die Hamas und Israel einen „Geiseldeal“, bei dem die Terrorgruppe als Druckmittel die Geiseln nutzte. Israel stimmte einer Feuerpause zu, ab dem 24. November 2023 gab die Hamas 105 Geiseln frei, vorwiegend Frauen und Kinder. Israel wiederum entließ 240 sogenannte „Sicherheitshäftlinge“ aus seinen Gefängnissen.
Bereits damals berichteten die Frauen und Kinder, die aus dem Gazastreifen zurückgekehrt waren, von Hunger und demütigenden Handlungen. Auch erzählten sie, dass männliche Israelis gefoltert worden seien. Schon bei diesen Rückkehrern dokumentierte das medizinische Personal in Israel massive Unterernährung.
In einem persönlichen Gespräch sagte ein philippinischer Gastarbeiter eine Woche nach seiner Befreiung vorsichtig: „Zu mir waren sie nicht gut. Doch zu den Israelis waren sie noch viel schlechter.“
Einige Wochen später erzählte er einem amerikanischen Sender, wie er die drei Abschnitte Klopapier, die er täglich erhielt, dazu nutzte, sie an der feuchten Tunnel-Wand abzureiben, um sie dann langsam auszulutschen und zu kauen. „Der Hunger war furchtbar“, sagte er knapp. Was die Geiseln damals erzählten, war unvorstellbar – „schon“ nach wenigen Wochen.
Mit der Auslöschung der Hamas und der Befreiung aller Geiseln hat Israel zwei Ziele für den Krieg definiert. Mehr als ein Jahr militärischer Druck seitens Israel auf die Hamas dezimierte zwar die Zahl der Terroristen zu einem großen Teil, doch die Zahl der durch das Militär befreiten Geiseln blieb im einstelligen Bereich. Israel sah sich erneut gezwungen, ein Abkommen mit den Terroristen auszuhandeln. Mehrere Versuche scheiterten, erst nach einer Drohung des Alt-Neu-Präsidenten der USA, Donald Trump, kam es zu einer Einigung. Für die Freigabe von mehr als 1.000 Häftlingen, von denen ein großer Teil verurteilt war, erhielt der jüdische Staat 33 seiner Bürger zurück – wobei acht von ihnen nicht mehr am Leben waren.
Was die Rückkehrer nach und nach von ihren Schrecken berichten, lässt Zuhörern den Atem stocken. Doch auch diejenigen, die über viele Monate Zuhause warteten und um die Befreiung ihrer Angehörigen kämpften, haben bemerkenswerte Erfahrungen durchgemacht. Israelnetz dokumentiert einen kleinen Teil.
Dreijähriger erkennt Vater
Or Levy (33) nahm mit seiner Frau Einav am Musikfestival Nova teil. Ihren damals knapp zweijährigen Sohn Almog hatten sie über das Wochenende bei Ors Eltern untergebracht. Vor den Raketen flohen sie in einen Bunker. Weil Or von den Terroristen verschleppt wurde, bekam er nicht mehr mit, dass Einav von einer Granate getötet wurde. Almogs Großeltern und Onkel erzählten dem Jungen, dass seine Mutter nicht mehr lebt.
Ors Bruder fragte im israelischen Radio: „Doch was erzählt man einem Zweijährigen, wenn sein Vater entführt wurde?“ Die Familie entschied sich, dem Jungen zu sagen, dass sein Vater sich verlaufen habe. 490 Tage nach der Entführung, an dem Tag, bevor er zurückkam, sagten sie dem Jungen, sein Vater habe den Weg zurück gefunden und sei auf dem Weg nach Hause. Die Begegnung zwischen den beiden sei emotional gewesen, erzählte der Onkel nach der Freilassung: „Papa, du warst lange weg“, habe er gesagt. „Das stimmt“, antwortete sein Vater. Der inzwischen Dreijährige fügte hinzu: „Papa, du siehst ganz anders aus.“ Sein Vater stimmte zu. Darauf fragte der Junge: „Papa, wann kommt Mama zurück?“ Als Or zu weinen anfing, beantwortete der Junge seine Frage selbst. Ernst sagte er: „Mama kommt nicht zurück. Sie ist tot.“
Freund wartet auf Soldatin
Nur drei Tage vor ihrer Entführung hatte die Soldatin Liri Albag ihren Kurs als Späherin abgeschlossen und wurde in der Basis Nachal Os stationiert. Sie war erst 18 Jahre alt, hatte jedoch bereits Schweres hinter sich. Im April 2023 wurde ihr Freund Nir Alboro als Soldat bei einem Terroranschlag in der Gegend um Hebron schwer verletzt. Als Albag davon hörte, brach sie sofort ihre Amerika-Reise ab und „ließ mich keinen Moment mehr allein“, schrieb Alboro auf seinem Instagram-Account. „Sie war immer da, auch als ich mich mehreren Operationen unterzog und sich mein Zustand verschlechterte.“
Bevor Albag befreit wurde, schrieb er: „Meine Freundin wurde im Schlafanzug aus ihrem Bett entführt. Erst nach vier Tagen teilte die Armee uns mit, dass sie entführt wurde. Ich kenne niemanden, der so hilfsbereit ist wie Liri und ich glaube, dass diese Geschichte eines Tages ein Ende haben wird.“ 477 Tage nach ihrer Entführung teilte Alboro ein Foto der beiden, auf das er schrieb: „Mein Herz ist wieder ganz.“
Das eingelöste Versprechen
Sahar Kalderon und ihr Bruder Eres (14) wurden zusammen mit ihrem Vater aus dem Kibbuz Nir Os verschleppt. Die beiden Teenager kamen im November 2023 frei. Ihr Vater Ofer (53) flehte die damals 16-Jährige an, alles zu tun, um ihn herauszuholen. Er würde auf sie zählen und überleben. Sahar kämpfte nicht nur gegen die Erinnerung an ihre eigenen Erlebnisse. In Interviews und auf Demonstrationen forderte sie die Freilassung ihres Vaters.
Mehr als 14 Monate nach ihr wurde auch Ofer freigelassen. Die Bilder gingen um die Welt: Die Freude, die darin zum Ausdruck kommt, als die vier Kalderon-Kinder ihren Vater wieder in den Armen halten, ist unbeschreiblich. Zwischen Lachen und Weinen rief Sahar ihrem Vater zu: „Papa, es ist vorbei!“
Frei nach 498 Tagen
Avital Dekel-Chen war im 7. Monat schwanger, als ihr Mann Sagi aus dem Kibbuz Nir Os entführt wurde. Erst einen Tag vor seiner Rückkehr teilten ihm die Terroristen mit, dass seine Familie überlebt habe. Als der 36-Jährige nach 498 Tagen nach Hause kam, erzählte ihm seine Frau von seiner dritten Tochter. „Weißt du noch, wie du sie immer genannt hast, als ich mit ihr schwanger war?“ „Masal (Glück)“, antwortete er prompt.
„So lautet jetzt ihr Name“, antwortete sie. „Sie heißt Schachar (Morgenröte) Masal.“ Überglücklich nahm er seine Frau in die Arme, sie sind seit Teenager-Tagen ein Paar. Das Glück war auch Dekel-Chens Eltern anzusehen: Sein Vater drückte ihn fest an sich. Kaum hörbar flüsterte er ihm zu: „Willkommen zurück!“ (mh)
6 Antworten
Militärischer Druck seitens Israel auf die Hamas bis zur Auslöschung dieser Terrorbande. Ja, so ist das.
Wenn ich diese Berichte lese, kommen mir unaufhaltsam die Tränen der Wut über das Geschehene, der Trauer um all die Verlorenen und Tränen um all diejenigen, die in den Tunneln elend zugrunde gehen. Ich stelle mir vor, wie in der Zeit ohne Hilfslieferung auch die Geiseln nichts bekamen. Wieviele sind überhaupt noch am Leben? Alle Deals waren nötig, aber schlecht, denn sie haben Hamas beflügelt und belohnt. Hunderte Mörder und Attentäter im Gegenzug zu den wenigen unschuldigen Israelis. Hamas geht auf keinen neuen Deal ein und lässt die Geiseln nicht frei. Und so geht ein Krieg weiter und weiter und tötet Geiseln und Soldaten.
Manchmal fällt mir da sogar das Beten schwer. Aber den Triumph, meine Hoffnung und meine Zuversicht aufzugeben, geb ich den Terroristen nicht. Gott ist an der Seite Israels und ich auch. 🙏🎗🇮🇱
Shabat Shalom
Es ist große Trauer in mir, wenn ich die Folterungen und Grausamkeiten der Hamas lese.
Es ist Zeichen, dass es Frieden nur OHNE Hamas geben kann.
Ich wünsche allen zurückgekehrten Geiseln alles Gute.
Ich wünsche der IDF alles Gute mit Gideon’s Streitwagen.
Wir müssten viel mehr Aufmerksamkeit für die Opfer der Hamas haben, besonders für die Geiseln, die immer noch in in deren Gewalt sind. Und auch für die mutigen arabischen Demonstranten in Gaza, die von Hamas gefoltert und getötet wurden. Stattdessen konzentriert sich die deutsche Aufmerksamkeit einseitig auf das durch den Krieg gegen Hamas verursachte Leid in Gaza. Ich halte es für richtig, dass die Hilfslieferungen wieder aufgenommen wurden. Aber ich schäme mich für alle meine deutschen Mitbürger und Politiker, für die das (andauernde !) Leiden der Opfer von Hamas längst in den Hintergrund gerückt ist.
Wie kann die Ideologie Hamas ausgerottet werden? Sie muss ausgerottet werden, denn sie fordert Israels Tod, Israels Vernichtung!
@Maria
Ich fürchte, das geht nicht vollständig und wenn, wird es Generationen dauern. Das Denken des Nationalsozialismus konnte auch nicht ausgerottet werden. Wie wir heute sehen, hat er noch immer viele Anhänger. Aber ich stimme Ihnen zu, Hamas muss vernichtet werden, egal wie lange es dauert.