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Alles nur ein Missverständnis?

Für Hetz-Beiträge gegen Juden ist die Facebook-Seite der Fatah in den vergangenen Jahren immer wieder in internationalen Medien kritisiert worden. Der Verantwortliche der Seite wiegelt nun ab: Die Beiträge würden völlig falsch interpretiert. Nicht alle glauben ihm das.
Die offizielle Facebookseite der Fatah sorgt wegen ihrer umstrittenen Inhalte immer wieder für Diskussionen

RAMALLAH (inn) – Das Bild von einem Messer mit palästinensischer Flagge, das auf einen religiösen Juden einsticht; Texte mit Lobeshymnen palästinensischer Terroristen für den Tod von Israelis; die stolze Behauptung, die politische Partei des Präsidenten Mahmud Abbas in der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Fatah, habe in der Vergangenheit 11.000 Israelis getötet – all das sind Beiträge, die in den vergangenen Jahren auf einer Seite der sozialen Internetplattform Facebook zu sehen waren. Die Seite trägt den Titel „Die Bewegung zur nationalen Befreiung Palästinas, Fatah – Die offizielle Seite“.

Eine Frage der Wahrnehmung

Doch wer sich an diesen Dingen stört, hat sie vermutlich einfach nur missverstanden. Das behauptet jedenfalls der Redakteur der Seite, Munir al-Dscharub, in einem Interview der Onlinezeitung „Times of Israel“. Die Beiträge hätten lediglich symbolische Inhalte wiedergegeben; niemals aber habe es auf der Seite einen Aufruf zur Gewalt gegeben. Al-Dscharub ist gleichzeitig Leiter der Mobilisierungsabteilung der Fatah, die sich mit den Aktivitäten der Partei an der Basis beschäftigt.

Auf dem Bild mit dem blutenden Juden steht auf Hebräisch und Arabisch: „Seid vorsichtig, ihr Verrückten. Das hier ist Jerusalem.“ Das Bild wurde im Oktober 2015 auf der Facebook-Seite veröffentlicht, als eine Gewaltwelle gegen Juden in Fahrt kam. Palästinenser und israelische Araber gingen mit Messern auf Juden los, versuchten sie mit dem Auto zu überfahren oder schossen auf sie. Zu dem Foto sagt Al-Dscharub, es habe „symbolischen Charakter“. Gewalt würde es nicht fördern. Stattdessen zeige es, wie die palästinensische Flagge die (jüdischen) Siedlungen angreife. „Ziel des Fotos ist nicht, die Attacken zu fördern, sondern unsere Ablehnung gegenüber den Siedlungen zu zeigen, diese sind durch den Siedler repräsentiert.“

Dass es sich bei dem Juden um einen Siedler handle, sei offensichtlich, erklärte Al-Dscharub weiter, da dieser direkt „neben der Al-Aqsa-Moschee in Ostjerusalem“ stehe. Die PA beansprucht das von Israel annektierte Ostjerusalem als seine Hauptstadt und betrachtet daher die Bewohner Ostjerusalems als Siedler.

Wenig Verständnis für Bilder

Kritiker wie Itamar Marcus, Leiter der Organisation „Palestinian Media Watch“ (PMW), reagieren auf diese Behauptung mit Unverständnis. PMW berichtet regelmäßig über kontroverse Beiträge auf der Seite. „Woher weiß er, dass ein palästinensischer Teenager dieses Bild als Metapher versteht?“, sagte er gegenüber der „Times of Israel“. „Selbst wenn ich Al-Dscharub glauben sollte, dass er das Bild als Metapher versteht, glaube ich nicht, dass wir davon ausgehen können, dass junge Palästinenser es auch so verstehen.“ Marcus ist überzeugt: „Was er sagt, ist eine totale Verzerrung der Wirklichkeit. Die Beiträge der Seite haben immer wieder junge Palästinenser dazu angestachelt, gewalttätige Attacken gegen Juden auszuführen.“

PMW hat auf seiner Homepage einen eigenen Bereich, der sich mit Hetze in den sozialen Medien von PA und Fatah beschäftigt. Laut Angaben der „Times of Israel“ sind dort seit 2012 mehr als 100 Beiträge aufgeführt.

Auch andere Einrichtungen haben sich mehrfach gegen die Seite und die von Al-Dscharub gestalteten Inhalte ausgesprochen. Ofir Gendelman, israelischer Regierungssprecher für den arabischen Bereich, schrieb auf Twitter über Al-Dscharub: „Er lügt wie gedruckt. Er weiß, dass das Bild nicht nur symbolisch ist. Was er sagt, ist klarer Betrug.“

Haltung der Fatah zur Seite unklar

Während Al-Dscharub behauptet, dass jeder Beitrag zweifellos die offizielle politische Haltung der Fatah repräsentiere, gibt es Stimmen in der Partei, die dem widersprechen. Osama Qawasma, der für die Presseabteilung der Fatah arbeitet, sagt gegenüber ToI: „Die Facebookseite gibt lediglich die Haltung der Mobilisierungsabteilung der Fatah wieder. Offizielle politische Positionen der Fatah werden ausschließlich durch die Presseabteilung bekanntgemacht.“ Warum sich die Parteiführung bisher gegen eine Sperrung der Facebookseite gewehrt hat, erklärt Qawasma nicht.

Die Fatah unterhält insgesamt elf verschiedene Abteilungen. Ein weiterer Bereichsleiter, der anonym bleiben möchte, bezeichnet die Facebookseite als „eine Gruppe von Amateuren“. Auch andere Bereichsleiter versuchen, die Bedeutung der Seite herunterzuspielen. Einer sagt: „Ich schwöre bei Allah, dass ich von dieser Seite noch nie gehört oder sie besucht habe.“

Al-Dscharub wiederum behauptet, dass Fatahfunktionäre ihn in der Vergangenheit angerufen hätten und um die Löschung bestimmter Beiträge gebeten hätten. Die Seite müsste in den Reihen der Fatah also bekannt sein. Namen und Beispiele nannte Al-Dscharub nicht. Viele der Inhalte der Seite generiere er selber. Zudem arbeiteten ein Grafikdesigner und zwölf Freiwillige an der Seite mit. Etwa 500 US-Dollar wende er monatlich dafür auf, dass die Inhalte ein größeres Publikum erreichen.

Aktuell ist die Seite von 155.776 Personen abonniert, 146.741 Personen haben ihre Zustimmung durch ein „Like“ bekundet. Die Seite weise jeden Monat zig Tausende von Besuchern auf, sagt Al-Dscharub. Dreimal bereits habe Facebook ihm und seinen Freiwilligen Warnungen bezüglich der geteilten Inhalte gesendet. „Ich bin ständig in Sorge, dass Facebook die Seite schließt.“ Einmal, im Jahr 2015, sei dies tatsächlich geschehen. Zwei Jahre später habe er die Seite wiederaufgebaut.

Itamar Marcus von „Palestinian Media Watch“ betont, er weise Facebook nicht auf jeden einzelnen problematischen Post hin. Doch vor einigen Tagen habe er einen langen Bericht über die Seite an Facebook gesendet. Darin belegt er jeden einzelnen Beitrag, in der die „Fatah ihre Facebookseite nutzt, um Gewalt und Terror zu verherrlichen“.

Al-Dscharub sieht sich indessen als Opfer: „Israel hat eine ganze elektronische Armee von Leuten, die sich jeden Tag über Inhalte der Seite beschweren.“

Von: mh

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