„Eine Szene wie aus einem Film“

Archäologen entdecken einen für Israel bisher einzigartigen Sarkophag aus Marmor. Doch was ist so besonders an dem Fund?
Von Israelnetz

CAESAREA / TEL AVIV (inn) – Archäologen haben in Caesarea Maritima einen marmornen Sarkophag ausgegraben. Er ist 1.700 Jahre alt und stammt damit aus der römischen Zeit. Es handelt sich um den ersten Fund dieser Art in ganz Israel.

Auftraggeber der Grabung war die Gesellschaft für die Entwicklung Caesareas, durchgeführt wurde sie von der Israelischen Altertumsbehörde (IAA). Die IAA gab den Fund am 9. Juni bekannt. Gefunden wurde der Sarkophag jedoch schon vor einem Jahr. Archäologen datieren ihn auf das 2. und 3. Jahrhundert nach Christus. Selbst in byzantinischer Zeit wurde er noch verwendet.

Foto: IAA, Facebook
Figuren an der Längsseite des Sarkophags

Das gesamte Grabungsteam war versammelt, als immer mehr Teile des Sarkophags zum Vorschein kamen, darunter Bäume, Götter und Tiere. „Es war wie eine Szene aus einem Film“, kommentierten Nohar Schahar und Schani Amit von der IAA den Fund.

Ein mythologisches Trinkgelage

Eine zentrale Gestalt der Szenerie auf dem Sarkophag ist der Weingott Dionysos, der von zahlreichen mythologischen Gestalten begleitet wird. Dazu gehören die Mänaden als Dionysos‘ weibliches Gefolge sowie der Hirtengott Pan, der Götterbote Hermes, Satyren, Tiger und Löwen.

Außerdem ist Herakles auf einem Löwenfell und mit einem Weinglas in der Hand zu finden. Bei der Szene handelt es sich um einen Trinkwettbewerb zwischen dem mythologischen Helden Herakles und dem Weingott Dionysos. Auf dem Sarkophag ist Herakles liegend dargestellt. Deshalb sei anzunehmen, dass er nicht mehr stehen konnte und als Verlierer aus dem Wettbewerb herausging, interpretiert Schahar die Darstellung.

Foto: IAA, Facebook
Herakles mit einem Weinglas und einem Löwenfell

Einzigartig für die Region ist die Zusammenstellung der abgebildeten Personen. Zwar gebe es aus der Zeit des 2. und 3. Jahrhunderts mehrere Sarkophage mit Dionysos, seinem Gefolge und Wein. Doch das Motiv eines Trinkwettbewerbs war zuvor lediglich von Mosaiken bekannt, zumal es sich bei einem Gelage um eine römische Darstellung in der Kunst handelt.

Weder jüdischer noch christlicher Hintergrund der Auftraggeber

Als Darstellung auf einem Sarg wird die Szenerie als Begleitung des Toten angesehen, der befreit wird und ins Jenseits kommt. Somit handelt es sich nicht nur um die Abbildung einer Feier, sondern das Szenarium ist auch symbolisch zu sehen. Die im Sarkophag bestattete Person muss eine wichtige Persönlichkeit gewesen sein, zumal sich für die Familie in den Darstellungen vermutlich ihre Identität widerspiegelte, vielleicht sogar der Charakter des Toten, wie Schahar angibt.

Allerdings wurde der Sarkophag nach Caesarea importiert, möglicherweise aus dem Nordwesten der heutigen Türkei. Wahrscheinlich hatten der oder die Auftraggeber einen nicht-christlichen beziehungsweise nicht-jüdischen Hintergrund, worauf die Auswahl der Szene schließen lässt.

Im 3. Jahrhundert lebten in Caesarea neben Christen und Juden auch Anhänger anderer Religionen und Kulturen. Die Stadt expandierte und das Gebiet des gefundenen Sarkophags befand sich zu dieser Zeit am Stadtrand in einer Gegend mit Villen und landwirtschaftlichem Anwesen. Da das Areal um den Sarkophag ab dem 6. Jahrhundert als Abfalldeponie verwendet wurde, fanden sich viele Scherben und andere Hinterlassenschaften aus der Stadt. Weitere Auswertungen seien noch im Gange, teils auch für Artefakte mit griechischen Inschriften.

Foto: IAA, Facebook
An dieser Ausgrabungsstätte wurde der Sarkophag entdeckt

Da der Sarkophag beschädigt war, musste er restauriert, gereinigt und zusammengesetzt werden. Gefunden wurde er außerhalb der bekannten Stadtmauern von Caesarea. Das lässt darauf schließen, dass die Stadt ein größeres Einzugsgebiet hatte und reicher war als zunächst angenommen. Auch Rückschlüsse auf die religiösen Vorstellungen und das alltägliche Leben im römischen Reich sind durch den Sarkophag möglich.

Am 12. Juni wurde der Sarkophag im Eretz-Israel-Museum Tel Aviv vorgestellt. Nach weiteren konservierenden Maßnahmen soll er der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Der griechische und römische Einfluss in Israel

Bereits vor der Nutzung des Sarkophags im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus gab es griechische und römische Einflüsse in Israel. Das Seleukidenreich als eines der Nachfolgerreiche Alexanders des Großen umfasste auch das heutige Israel. Im 2. Jahrhundert vor Christus unterstützten die Römer die Juden in dieser Region im Makkabäer-Aufstand gegen die Seleukiden.

Die Römer setzten 40 vor Christus Herodes als Vasallenkönig ein, der stark an der Romanisierung der Region mitwirkte und neben der Tora das römische Recht einsetzte. Das heutige Israel war Teil römischer Provinzen. Nach Aufständen zerstörten die Römer im Jahr 70 nach Christus die Stadt Jerusalem und den Tempel. Die Stadt Caesarea Maritima selbst entstand auf Bestreben Herodes des Großen von 22 bis 10 vor Christus und ist dem Kaiser Augustus gewidmet. (ewe)

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4 Antworten

  1. König Herodes, der stark an der Romanisierung der Region mitwirkte und neben der Tora das römische Recht einsetzte, war, wie die meisten Könige, ein guter König.

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    1. Ja, er hatte mehrere Familienmitglieder und auch seine Frau töten lassen. Auch die Kindermorde in Betlehem gehen auf sein Konto!

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      1. Danke, Michael Bernhard! Sie sind der bester Historiker von allen. Die Quelle war unser Gärtner Ernesto, 20 Semester Alte Geschichtswissenschaft ohne Abschluss.

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  2. Historische Entdeckungen sind immer gut, wenn sie nicht Gefahr laufen, mutwillig zerstört zu werden. Ich habe gehört, dass in Afghanistan sehr alte Bude-Statuen gesprengt worden sind, weil sie den Taliban-Herrschern nicht gefallen haben.

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