Zwischen Hoffnung und Terror: Israels Botschafter Yoram Ben-Zeev im Interview

"Wenn die Palästinenser sich ehrlich entschließen würden, unsere Hand zu ergreifen, dann könnten sie nicht nur darüber reden, sondern müssten auch wirklich etwas gegen den Terror tun", sagt Israels Botschafter in Deutschland, Yoram Ben-Zeev, im Israelreport-Interview. Wir haben mit Ben-Zeev zudem über 60 Jahre Israel, Kritik an der Politik seines Landes und den Beziehungen zwischen Israel und Deutschland gesprochen.

Israelreport: Herr Botschafter, Israel feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Was waren für Sie persönlich wichtige Stationen in der Geschichte des Staates Israel, die Sie miterlebt haben?

Ben-Zeev: Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen – eines handelt vom Krieg, das andere vom Frieden. Im Jahr 1967 habe ich als Soldat im Sechs-Tage-Krieg gekämpft. In den 90er Jahren habe ich dann an den wichtigsten Friedensgesprächen mit den Palästinensern und Jordaniern teilgenommen. Die Gespräche führten 1993 zur Unterzeichnung der Prinzipienerklärung zwischen Israel und der PLO und im Jahr 1994 zu einem Friedensvertrag mit Jordanien.

Was bedeutet Ihrer Ansicht nach das 60-jährige Bestehen Israels im Hinblick auf die Beziehung zu Deutschland? Beobachten Sie eine Veränderung in den Beziehungen beider Länder?

Als Bundeskanzlerin Merkel mit einer Reihe von Ministern im März nach Israel reiste, war der Besuch ganz dem 60. Jubiläum der Staatsgründung Israels gewidmet. Ich sehe das als einen sehr symbolischen Akt und einen wichtigen Meilenstein in den Beziehungen zwischen unseren Ländern. Angela Merkel hat Israel seit ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren bereits dreimal besucht. Auch Ehud Olmert besuchte Deutschland bereits zweimal seit er Premierminister ist. All dies sind Zeichen für die engen und vertrauensvollen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland – aber auch zwischen den Persönlichkeiten Angela Merkel und Ehud Olmert.

Und wie wird das 60-jährige Bestehen Israel gefeiert? Sind auch Veranstaltungen in Deutschland geplant?

Vor dem Hintergrund der einzigartigen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern ist es besonders erfreulich, dass auch in Deutschland der 60. Geburtstag des Staates Israel gefeiert wird. Die Auftaktveranstaltung im Januar – der Presseball Berlin – stand unter dem Motto „Shalom Israel“. Es ist bemerkenswert, dass neben dem Engagement auf politischer Ebene auch viele Freundeskreise, Organisationen, Vereine und private Initiativen dazu beitragen, dass das Jubiläum „60 Jahre Israel“ auch hierzulande gefeiert wird. Mich beeindruckt die Vielfalt der Veranstaltungen.

„Verlässliche Partner“

Der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Israel im März war mit einer eindeutigen Botschaft verbunden: Deutschland und Israel sind untrennbar miteinander verbunden, die Bundesrepublik hat eine besondere Verantwortung für Israel. Zudem wurden zwischen beiden Ländern regelmäßige Regierungskonsultationen vereinbart. Ist das ein neues Kapitel in den Beziehungen beider Länder?

Angela Merkel hat in ihrer beeindruckenden Rede im März in der Knesset sehr deutlich gemacht, dass Deutschland ein guter Freund und verlässlicher Partner Israels ist. Mit den Regierungskonsultationen, die nun regelmäßig zwischen Deutschland und Israel stattfinden werden, haben wir in der Tat die Beziehungen zwischen unseren Ländern auf eine neue Ebene gehoben. Natürlich wird die Vergangenheit immer Teil der Gegenwart sein, doch wir wollen auch gemeinsam intensiv für die Zukunft arbeiten. Unter anderem werden wir uns auf die Kooperation in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Tourismus konzentrieren. Auch die Themen Sicherheit, Erziehung und Bildung sowie die wissenschaftliche Zusammenarbeit stehen weiterhin auf der Agenda.

Israel ist auch eine Demokratie unter Beschuss. Tagtäglich ist das Land einer terroristischen Bedrohung durch Extremisten ausgesetzt, die nach seiner Vernichtung trachten. Inwiefern ist Ihrer Ansicht nach diese Tatsache in den Köpfen gerade der Europäer präsent?

In Europa hat sich nach Jahrhunderten von Kriegen und Diktaturen heute eine stabile Friedensordnung etabliert. Die Kulturen Europas wachsen stärker zusammen und die junge Generation in Europa ist mit dem Gefühl aufgewachsen, dass Frieden der Normalzustand ist. Der Staat Israel hingegen befindet sich seit dem Tag seiner Gründung vor 60 Jahren in einem Stadium der Gleichzeitigkeit von Selbstfindung und Selbstbehauptung. Israel kämpft noch immer täglich darum, seine Sicherheit aufrechtzuerhalten und von seinen Nachbarn anerkannt zu werden. Mancher Europäer vergisst bei seiner Analyse der Lage im Nahen Osten oftmals, dass Israels Nachbarn leider nicht Luxemburg, Belgien und die Niederlande sind.

Die tagtägliche Bedrohung verdichtet sich seit Monaten etwa in der Stadt Sderot, die aus dem Gazastreifen unter ständigem Beschuss mit Kassam-Raketen steht. Wie kann Israel gegen diese Angriffe vorgehen?

Israel hat den Gazastreifen im Sommer 2005 vollständig geräumt. Trotzdem beschießen Hamas-Terroristen von dort aus fast täglich israelische Städte und Dörfer mit Raketen. Dies ist ein Zustand, den keine Regierung auf Dauer hinnehmen kann. Die Parallelität von Hoffnung und Terror ist ein Dilemma des Friedensprozesses und seit nunmehr 60 Jahren ein Problem, mit dem sich Israel konfrontiert sieht. Einerseits gibt es Hoffnungen auf Frieden – bei Israelis und Palästinensern. Auf der anderen Seite gibt es den Terror, der sich gegen Israel und seine Bürger richtet. Es sprengen sich immer wieder Selbstmordattentäter in die Luft und Städte wie Sderot und Aschkelon stehen unter dauerndem Raketenbeschuss. Wenn die Palästinenser sich ehrlich entschließen würden, unsere Hand zu ergreifen, dann könnten sie nicht nur darüber reden, sondern müssten auch wirklich etwas gegen den Terror tun. Für uns Israelis ist das Thema Sicherheit entscheidend. Sicherheit ist die Voraussetzung dafür, in Frieden leben zu können. (…)

Was sind Ihre wichtigsten persönlichen Ziele, die Sie in Ihrer Amtszeit als Botschafter Israels in Deutschland erreichen wollen?

Eines der wichtigsten Stichworte ist: Begegnung. Als ein Makler zwischen beiden Völkern möchte ich dazu beitragen, die Menschen näher zusammenzubringen. Wir müssen den Austausch zwischen Deutschen und Israelis weiterhin fördern, damit sie das jeweils andere Land besuchen und sich selbst einen Eindruck von der Lebenssituation der Menschen dort machen können. Es wäre schön, wenn auch ich dazu beitragen kann, den Jugendaustausch weiter voran zu bringen. Vor allem ist es wichtig, dass sich die jungen Generationen füreinander interessieren, denn sie werden die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen gestalten.

Die Fragen stellte Israelnetz-Chefredakteur Andreas Dippel. Das gesamte Interview lesen Sie in der neuen Ausgabe des Israelreport.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen