Seit 1988 lebt Georg Rössler in Israel, zwei Jahre zuvor schloss er sein Studium an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg ab. Weitere Fächer waren evangelische Theologie und Jura. Er ist mit einer israelischen Frau verheiratet, die aus dem aschkenasischen Judentum stammt. In Jerusalem befasst er sich mit Gewaltprävention und engagiert sich im Israelisch-Deutschen Forum. Ferner organisiert er Reisen unter dem Prädikat „Fair Travel“ – sie sollen sowohl Israelis als auch Palästinensern ein angemessenes Einkommen ermöglichen.
Aus Rösslers Sicht ist die deutsche Tagespresse voller überflüssiger Informationen über Israel: „Warum ist jede Ohrfeige in Jerusalem eine Schlagzeile wert?“ Auf diese Frage hat er auch eine Antwort gefunden: „In Jerusalem findet die Auferstehung statt. Im Kidrontal findet das Jüngste Gerichts statt. Vom Ölberg wird der Messias kommen.“ Dass diese Vorstellung in unterschiedlichen Religionen verbreitet ist, zeigten die jüdischen und muslimischen Friedhöfe in der Nähe des Goldenen Tores der Altstadt.
„Wir alle haben Aktien in Jerusalem“, meint der Deutsch-Israeli in seinem Vortrag am Samstag. Dies sei „Teil unseres unterschwelligen Bewusstseins“. Und deshalb blicke die Welt nach Jerusalem, weil sie wissen wolle: „Wie stehen meine Weltende-Aktien?“Doch die Lösung für den Nahostkonflikt liege nicht in einer Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern, betont Rössler. Denn es handele sich um einen regionalen Konflikt. Der Iran, Saudi-Arabien und auch einige Golfstaaten kämpften um eine Vormachtstellung auf der historischen Landbrücke Palästina. Diese Länder kennzeichneten sich durch „unbegrenzte finanzielle Ressourcen, einen ungehemmten ideologischen Exportwillen und keine demokratische Kontrolle“. Das Bruttosozialprodukt sei gering, die Ausfuhr von Rohstoffen bestimme die Wirtschaft.
Der Judaist ist davon überzeugt, dass die westliche Welt einen Beitrag gegen dieses Herrschaftstreben leisten könne: „Sie müssen alle grün wählen“, fordert er die Zuhörer in Wetzlar auf. Wenn der industrielle Westen ungehemmt Ressourcen aus dem Iran und Saudi-Arabien kaufe, dürfe sich niemand wundern, „dass es im Nahen Osten knallt“. Doch wenn die Staaten auf dem Rohöl sitzen blieben, müssten sie eine vernünftige Volkswirtschaft ausbilden. „Dann hätten sie weder Zeit noch Geld, um ideologisch wildern zu gehen.“
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