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Winograd-Abstimmung in Knesset: Knappe Mehrheit für Olmert

JERUSALEM (inn) - Die Knesset hat sich trotz des Winograd-Berichtes mit knapper Mehrheit hinter Israels Premier Ehud Olmert gestellt. In einer symbolischen Abstimmung nahm das Parlament am Montag dessen Rede zum Zweiten Libanonkrieg mit 59 zu 53 Stimmen an, zudem gab es eine Enthaltung. Der Bericht der Winograd-Kommission sieht die "verpasste Chance" in dem Krieg bei der politischen und militärischen Führung Israels. Er wurde am Mittwoch veröffentlicht.

Sechs Mitglieder der Koalition lehnten Olmerts Ausführungen zum Winograd-Bericht ab. Zwei von ihnen gehören seiner eigenen Kadima-Partei an, die restlichen vier der Avoda. Vier arabische Abgeordnete waren abwesend. Auch der frühere Verteidigungsminister Amir Peretz blieb der Abstimmung fern, wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ berichtet.

Während seiner Ansprache wurde der Regierungschef von Eltern beschimpft, die in dem Krieg vom Sommer 2006 ein Kind verloren hatten. „Sie sind nicht mein Premierminister!“, schrie Elipas Baloha, Vater eines Gefallenen. „Ich gebe meine Staatsbürgerschaft zurück.“ Er wurde wegen der Störung aus der Knesset entfernt, die anderen Eltern folgten ihm aus Solidarität. Auch zwei Abgeordnete von der Liste „Nationale Union-Nationalreligiöse Partei“, Uri Ariel und Arieh Eldad, verließen den Saal. Zuvor hatten sie vergeblich versucht, andere Knesset-Mitglieder zu überreden, sich ihnen anzuschließen.

Olmert: „Ich trage Verantwortung für Fehler des Krieges“

In seiner Rede übernahm Olmert „die volle Verantwortung für die Fehler“ des Krieges. Doch er verteidigte die Entscheidung, gegen die Hisbollah in den Kampf zu ziehen: „Es war vor dem Zweiten Libanonkrieg die einmütige Meinung des Verteidigungsapparates, dass Israel im Falle eines Entführungsversuchs oder Raketenangriffs in der gesamten Region unverhältnismäßig heftig reagieren muss.“ Auch sei bekannt gewesen, dass Israel die Katjuscha-Angriffe auf sein Gebiet selbst mit militärischen Mitteln nicht völlig verhindern könne.

Olmert rief der Vollversammlung in Erinnerung, dass anfangs das gesamte politische Spektrum, die Medien und die Öffentlichkeit den Krieg befürwortet hätten. Er übte direkte Kritik an Oppositionsführer Benjamin Netanjahu (Likud): „Sie haben von mir am Freitag, 11. August (2006), von meiner Entscheidung gehört, eine Bodenoperation im Libanon anzuordnen. Und Sie haben gesagt, dass Sie das völlig unterstützten.“ Damit bezog sich der Premier auf die Bodenoffensive in den letzten 60 Stunden des Krieges, bei der 33 israelische Soldaten umgekommen waren. Sie steht im Zentrum der Kritik am Verhalten von Militär und Regierung.

Netanjahu: „Krieg war Misserfolg“

Netanjahu erwiderte nach dem Ende der Rede: „Der Zweite Libanonkrieg war ein Misserfolg.“ Wenn der Begriff „Verantwortung“ keine Bedeutung habe, müssten Dan Halutz und Peretz sofort ihre Ämter wieder übernehmen. Halutz war vor einem Jahr infolge der Diskussionen über seine Rolle als Generalstabschef zurückgetreten. Ranghohe Offiziere hatten vor der Winograd-Kommission ausgesagt, sie hielten ihn für verantwortlich für die Misserfolge im Krieg. Peretz wurde im Mai 2007 bei einer parteiinternen Wahl nicht als Avoda-Vorsitzender bestätigt. Hingegen entschieden sich die Mitglieder für Ehud Barak, der infolgedessen auch den Posten des Verteidigungsministers übernahm.

„Der Premierminister entzieht sich der Verantwortung“, fügte Netanjahu hinzu. „Es wird nicht helfen, die Verantwortung dem Volk, der Opposition oder mir persönlich aufzuerlegen. Wir alle haben den Krieg befürwortet, und selbst heute würden wir das nicht zurücknehmen. (…) Doch wir haben nicht die verfehlte Kriegsführung befürwortet.“

Kritik aus Meretz und Kadima

Kritik am Regierungschef äußerte auch die Meretz-Abgeordnete Sehava Gal-On. „Sie haben Ihren Krieg ums Überleben gewonnen, aber der Staat Israel hat verloren. Ein Staat ist kein Überlebensplan, und deshalb müssen Sie zurücktreten.“ Sie könne auch den Friedensprozess mit den Palästinensern unter Olmerts Führung nicht unterstützen. „Nicht eine Barriere ist entfernt worden, nicht ein einziger Außenposten ist geräumt worden. Ich glaube falschen Propheten nicht, die über einen Friedensprozess sprechen, der von Ihnen vorangetrieben wird.“ Friede dürfe nicht die letzte Zuflucht der „Schurken und Korrupten“ werden.

Selbst in seiner eigenen Partei stieß Olmert auf Widerstand. Der Kadima-Politiker Eitan Cabel, der gegen ihn gestimmt hatte, sagte: „Ich war Minister in der Regierung und habe am Entscheidungsfindungsprozess teilgenommen. Ich habe nicht die Erwartung an Sie, Premierminister, dass Sie aufstehen und gehen. Bedauerlicherweise rechne ich nicht damit, dass Sie ein persönliches Beispiel geben.“

Avoda bleibt in Regierung

Der Avoda-Vorsitzende Barak gab am Montag bekannt, dass seine Partei trotz des Winograd-Berichtes in der Regierung verbleiben werde. Doch sie werde die Angelegenheit zu einem späteren Zeitpunkt erneut diskutieren.

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