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Wer hat wann die Bibel aufgeschrieben?

TEL AVIV (inn) – Mit neuen Hilfsmitteln gehen Forscher in Israel der Frage nach, wie früh biblische Texte entstehen konnten. Ein Maßstab dazu ist der Bildungsgrad unterer Schichten, über den es nun neue Erkenntnisse gibt.
Aus alten Tonscherben schließen Forscher, dass viele Bewohner Judäas zur Zeit des ersten Tempels lesen konnten
Die Bibel, das hebräische „Alte Testament“, ist eine Sammlung von Texten verschiedener Autoren. Erste Hinweise auf die Zusammensetzung des Kanons der ganzen Bibel lieferte der römische Historiker Josephus Flavius im 1. nachchristlichen Jahrhundert, während komplette Abschriften erst aus jüngerer Zeit erhalten sind. Schon unter den Schreibern der ersten Bücher Mose haben Forscher einen „Schichtkuchen“ unterschiedlicher Stile und Epochen ausgemacht, am auffälligsten unterschieden sich „Jahwisten“ und „Elohisten“. Bislang ist gängige Forschungsmeinung, dass die meisten Bücher der Bibel nach 586 vor Christus im babylonischen Exil teils mithilfe erheblich älterer Vorlagen niedergeschrieben worden seien, also nach der Zerstörung Jerusalems und des ersten Tempels des Salomo.

Eine Frage der Bildung

Ein Team der Tel Aviver Universität unter der Leitung des Archäologen Israel Finkelstein hat nun in Zusammenarbeit mit Mathematikern und Physikern einen originellen Weg eingeschlagen, um Fragen nach den biblischen Autoren zu beantworten. So wollten sie erst einmal erkunden, ob die rund 100.000 Bewohner von Judäa vor dem Jahr 586 überhaupt des Lesens und Schreibens kundig waren, oder ob diese Fähigkeit nur der kleinen Elite vorbehalten war, die Siegel mit der kurzen Inschrift „Für den König“ und Namen der Amtsträger hinterlassen hat. Mit modernster Technik wurden beschriftete Tonscherben aus einer Festung in Arad im Süden des Landes fotografiert und digitalisiert, berichtet die israelische Zeitung „Ha‘aretz“. Sie waren schon bei archäologischen Ausgrabungen in den 1960er Jahren gefunden worden, konnten aber erst jetzt mit moderner Technologie entziffert werden. Auf den Scherben stehen in althebräischer Schrift militärische Befehle zu Truppenbewegungen und Militärversorgung. Die Physiker machten die mit Tinte auf die Tonscherben geschriebenen Texte sichtbar und Mathematiker analysierten anschließend die Schriftweisen. Die Befehle waren um 600 vor Christus nicht nur an den Kommandeur der Festung, einen gewissen Eliaschiv, gerichtet, sondern auch an dessen Stellvertreter und niedere Soldaten. Es stellte sich heraus, dass sich die Handschriften sechs verschiedenen Schreibern zuordnen lassen.

Jahrhundertelage Bildungslücke

Aus diesen Fakten schlossen die Forscher, dass die Menschen in Judäa durchaus keine Analphabeten waren. Die Schreibkunst musste auch in „unteren Schichten“ verbreitet gewesen sein, was auf ein gutes Erziehungssystem deute. Doch da man Texte meistens auf Papyrus geschrieben hat, ist nichts gefunden worden. Deshalb gehen die Experten auch davon aus, dass Teile der Bibel schon vor 586 im Lande Israel, in Judäa, schriftlich festgehalten worden seien und nicht erst im babylonischen Exil. Tatsache ist, dass es in der Zeit zwischen 586 und 200 vor Christus ein großes „Loch“ gibt. Aus dieser Periode wurden bislang keine hebräischen Inschriften gefunden. Erst ab 200 vor Christus häufen sich die erhaltenen hebräischen Texte, darunter auch Kopien von Textfragmenten aus der Bibel auf Pergament oder Papyrus. Die hat man vor allem in der sehr trocknenen Gegend des Toten Meeres entdeckt, wo viel erhalten geblieben ist, was an anderen Orten durch Regenwasser zerstört worden ist. Älteste komplett erhaltene Kopien der Hebräischen Bibel stammen erst aus den letzten 1.000 Jahren. (us)

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