Wer entwaffnet die Hisbollah?

BEIRUT / JERUSALEM (inn) – Verwirrung herrscht über die Frage, wer für die Entwaffnung der Hisbollah-Miliz im Südlibanon sorgen soll: sowohl der Libanon als auch die UN sehen sich offenbar nicht in der Pflicht, dies zu tun. Israel hat derweil angekündigt, sich in den kommenden zehn Tagen aus dem Gebiet zurückzuziehen.

Danach könne die internationale UN-Truppe in dem Gebiet die Kontrolle übernehmen, erklärte der israelische Generalstabschef Dan Halutz am Dienstag. Aus Beirut hieß es, ab Donnerstag könnten die ersten der 15.000 libanesischen Soldaten in das Gebiet südlich des Litani Flusses einrücken. Die UN will in den kommenden zehn bis 15 Tagen zunächst etwa 3.000 bis 3.500 Soldaten im südlichen Libanon positionieren.

John Bolton, der amerikanische Botschafter vor den UN, sagte am Dienstag, die Diplomaten „arbeiten hart daran“, die Länder auszuwählen, deren Soldaten die UNIFIL-Mission im Libanon unterstützen könnten. Bisher haben sich Dutzende Länder dazu bereit erklärt, darunter Italien, Malaysia, Indonesien und die Türkei.

Hisbollah-Kämpfer getötet

Am Montag und Dienstag kam es zu kleineren Kämpfen zwischen israelischen Soldaten und Hisbollah-Kämpfern. Die israelische Armee teilte mit, dass dabei mindestens neun Hisbollah-Anhänger getötet wurden. Vier Mörsergranaten wurden zudem am Montag im südlichen Libanon abgefeuert, trafen jedoch keine israelischen Soldaten.

Wer entwaffnet die Hisbollah?

Bislang ist unklar, wie sich die Hisbollah zu der UN-Resolution mit der Forderung nach ihrer Entwaffnung verhält. Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah gab unterschiedliche Signale dazu. Er sei bereit, über diese Frage zu diskutieren, doch andererseits halte er die libanesischen Truppen für unfähig, das Land zu verteidigen, sagte er in einem Fernsehinterview am Montag. Mohamad Chatah, Berater des libanesischen Premierministers Fuad Saniora, sagte laut einem CNN-Bericht, seine Regierung sehe es am liebsten, wenn die Hisbollah eine „normale politische Partei“ werde, „mit denselben Rechten und Pflichten wie andere“.

Saniora und Nasrallah haben nach einem Bericht der „Jerusalem Post“ ein Abkommen erreicht, nach dem die Miliz ihre Waffen behalten kann, diese jedoch nicht in der Öffentlichkeit zeigen darf. Israel protestierte daraufhin, dass dies eine Verletzung der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrates darstelle, die am Wochenende verabschiedet wurde. „Die Resolution macht klar, dass die Hisbollah aus dem Grenzgebiet entfernt und entwaffnet werden muss und zudem ein Embargo über sie verhängt wird“, sagte ein israelischer Vertreter. Man müsse „Druck auf die Hisbollah“ ausüben, „sonst gehen wir in die nächste Runde“.

Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev, sagte: „Unglücklicherweise hat es schon zu viele UN-Resolutionen zum Libanon gegeben, die in den Archiven verstauben und nichts erreicht haben. Die Herausforderung ist jetzt, möglichst schnell für die Umsetzung der Resolution 1701 zu sorgen.“

Die israelische Armee erklärte am Dienstag, auch weiterhin Konvois aus Syrien bombardieren zu wollen, in denen Waffen zur Hisbollah im Libanon gebracht werden sollen. Die Armee hatte solche Angriffe in den vergangenen vier Wochen fast täglich durchgeführt.

Israels Premier Ehud Olmert sagte am Montag in seiner Rede vor der Knesset, wenn die Hisbollah nicht entwaffnet werde, werde Israel mit einem „langen, harten, schwierigen und komplexen Kampf“ fortfahren müssen. Die israelische Armee werde seine Operationen im Libanon wieder aufnehmen müssen, falls die UN-Truppe ihrem Auftrag nicht nachkomme und die Hisbollah entwaffne, hieß es am Dienstag aus dem Büro des Premiers in Jerusalem.

Annan: UN wird Hisbollah nicht entwaffnen

UN-Generalsekretär Kofi Annan sorgte für Empörung in Israel, als er am Dienstag im Zweiten Israelischen Fernsehen sagte, dass es nicht die direkte Aufgabe der UN sei, die Hisbollah zu entwaffnen. Für weiteres Aufsehen sorgte seine Aussage, die Aufstellung der internationalen Truppe im Libanon könne „Wochen oder Monate“ dauern – und nicht Tage.

Ein israelischer Regierungsvertreter warf Annan vor, unparteiisch sein zu wollen, obwohl die Situation völlig asymmetrisch sei: „Wenn die eine Seite Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht und sich bemüht, einen Genozid zu begehen, und die andere Seite sich dagegen verteidigt, dann kann er uns nicht gleich behandeln.“

Annan wies die Vorwürfe zurück: „Ich bin sehr hart mit der Hisbollah umgegangen und habe sie für das, was sie getan hat, verurteilt. Ich habe Israel verurteilt für eine, wie ich finde, übertriebene Anwendung von Gewalt, aber das heißt nicht, dass ich mich auf eine von beiden Seite schlage.“

Die wichtigsten Punkte zur Resolution finden Sie hier.

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