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Wegen Nationalerbeliste: Abbas warnt vor dritter Intifada

HEBRON (inn) - Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hält die Einbeziehung des Grabmals der biblischen Erzväter in Hebron und des Grabes der Erzmutter Rachel bei Bethlehem in Israels Nationalerbeliste für den Auftakt zu einer weiteren sogenannten Intifada, einem Aufstand der Palästinenser. Hamas-Chef Ismail Hanije im Gazastreifen rief gar zu einem Religionskrieg auf.

In einer Rede im europäischen Parlament in Brüssel behauptete Abbas, dass Israel „das palästinensische Kulturerbe stiehlt, in der Absicht, religiöse muslimische Stätten zu übernehmen“.

Hanije sagte in Gaza: „Israel begeht neue Verbrechen, um seine alten Verbrechen zu verdecken. Jerusalem gehört uns, das Land gehört uns und Gott steht auf unserer Seite.“

Der israelische Minister Silvan Schalom (Likud) warf den Palästinensern vor, die jüdische Geschichte zu klittern und zu versuchen, jegliche Verbindung zwischen dem Volk Israel und dem Land abzuleugnen. Minister Isaak Herzog von der Arbeitspartei bedauerte, dass die Einfügung des Abrahamsgrabes und des Grabes der Rachel zu einem „überflüssigen Stein des Anstoßes“ geführt habe, bei einem (unpolitischen) „Restaurierungsprojekt“. Er rief beide Seiten auf, ihre „politischen Spielchen“ zu unterlassen.

Derweil hat am Mittwoch Staatspräsident Schimon Peres den UNO-Beauftragten für den Nahen Osten, Robert Serry, getroffen und die Kontroverse um das Kulturerbe als einen „künstlichen Konflikt“ bezeichnet. „Wenn Juden eine Stätte als Teil ihres Kulturerbes betrachten, so bedeutet das keineswegs, dass zum Beispiel das Abrahamsgrab in Hebron ebenso den Moslems heilig ist und zu deren Kulturerbe gehört.“ Peres bat den Gesandten, dieses dem UNO-Generalsekretär zu übermitteln. „Wir erheben da keinen Exklusivanspruch“, fügte der Präsident hinzu.

Israel: „Palästinenser betreiben verlogene Kampagne“

Das Büro des israelischen Premierministers veröffentlichte am Mittwoch eine offizielle Erklärung zu den palästinensischen Aufrufen zu gewaltsamen Protesten gegen den israelischen Regierungsbeschluss. Das sei eine  „verlogene und heuchlerische Kampagne“. Die genannten Gräber seien seit 3.500 Jahren Teil des Erbes des jüdischen Volkes, „und sie verdienen es mit Gewissheit, geschützt und renoviert zu werden“.  Weiter heißt es, dass der für Moslems reservierte Bereich des Abraham-Grabes, auch Ibrahims-Moschee genannt, ohnehin derzeit renoviert werde. Der für Juden vorgesehene Bereich solle in Zukunft ebenso repariert werden.

Das von König Herodes vor zweitausend Jahren neu errichtete Grabmal ist seit dem Massaker des israelischen Terroristen Baruch Goldstein 1994 aufgeteilt worden, um jeden Kontakt zwischen jüdischen und muslimischen Pilgern zu vermeiden.

Die israelische Regierung hatte am vergangenen Sonntag beschlossen, fast 80 Millionen Euro für den Erhalt und die Renovierung von Gebäuden und Orten des jüdischen wie zionistischen „Nationalerbes“ bereitzustellen. Zu diesem Zweck wurde eine lange Liste der dafür vorgesehenen Gebäude und Orte vorbereitet. Zu ihnen gehört zum Beispiel der Saal in Tel Aviv, in dem David Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel ausgerufen hat. Ebenso sind da Ruinen von Synagogen aus der byzantinischen Periode etwa in Tel Dan und ein Stadttor aus der Zeit des Erzvaters Abraham angeführt.

Die meisten angeführten Orte, Massada, Tel Megiddo, Arad und Dutzende andere befinden sich im Territorium Israels und verursachen keine politischen Konflikte. Niemand hat etwas daran auszusetzen, dass die zerfallenden Bücher in der Nationalbibliothek oder die zerbröselnden Filme in den Cinematheken restauriert werden.

Ursprünglich waren ausgerechnet das Juden, Christen wie Moslems heilige Grabmal in Hebron und das von einer hohen Mauer umgebene Grabmal der Rachel auf dem Weg zwischen Jerusalem und Bethlehem im besetzten Gebiet ausgeklammert worden. Fromme Abgeordnete der Schasspartei, die „Groß-Israel-Lobby“ in der Knesset und andere rechtsgerichtete Kreise empörten sich über diese Auslassung. Premierminister Benjamin Netanjahu fügte diese beiden Orte daraufhin in letzter Minute der Liste hinzu.

Die palästinensische Aufregung über den Regierungsbeschluss ist nicht ganz logisch, da die Liste zwecks Bereitstellung von Geldern für die Restaurierung und den Erhalt der historischen Stätten aufgestellt worden ist.

Liste enthält weitere Stätten im Westjordanland

Aus dem Report des Premierministerbüros, der auf Hebräisch im Internet veröffentlicht wurde (www.pmo.gov.il), geht zudem hervor, dass auch viele andere historische Stätten in den besetzten Gebieten aufgelistet wurden: Qumran, wo die Tote-Meer-Rollen gefunden worden sind, der Archäologiepark rund um die Altstadt Jerusalems, das Mosaik von Susija südlich von Hebron, Gamla und andere Stätten. Sie liegen wie Hebron in den von den Palästinensern beanspruchten besetzten Gebieten des Westjordanlandes oder auf den Golanhöhen.

Nach israelischen Angaben habe die Liste keinerlei politische Bedeutung, sondern diene allein dazu, Gelder für die Instandhaltung der historischen Stätten bereitzustellen.

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